Harry
*einige Stunden früher*
Mit dem Blick in den Spiegel richtete ich ein letztes Mal meine schlanke, schwarze Fliege. Ohne wirklich etwas zu erreichen, versuchte ich, eine meiner Locken halbwegs ordentlich auf meinem Kopf zurechtzulegen.
Plötzlich wurde die Tür zum Flur aufgeschlagen. »Harry, hier bist du! Ich suche dich schon seit mindestens fünf Minuten!« Niall kam neben mir zum Stehen und betrachte mit mir mein Spiegelbild. Er lächelte und kniff mich leicht in den Oberarm. »Hey, du siehst toll aus. Ein wenig wie ein Kellner vielleicht. Nein, Scherz! Du siehst wirklich gut aus, keine Sorge. Ich wollte dich mit runter nehmen, es müsste gerade angefangen haben. Na los, kommst du mit?«
Ich sah meinen besten Freund vorwurfsvoll an. »Du sollst nicht mich zum Ball abholen, sondern Sophie, du Kavalier. Geh schon und lass deine Prinzessin nicht warten!«
Niall schüttelte den Kopf. »Ich bin zwar Sophies Begleitung, aber es ergab sich so, dass mein bester Freund sein Date verloren hat und – auch wenn er versucht, es nicht zu zeigen – wirklich traurig darüber ist. Deswegen bin ich mehr als bereit, meinen Harry trotzdem lächeln zu sehen.«
»Red keinen Unsinn, Niall. Mir geht es gut! Und ich werde dir garantiert nicht dein Date mit Sophie kaputt machen. Bitte Niall, tu mir den Gefallen und lass sie nicht länger stehen. Sonst denkt sie noch, du versetzt sie. Und dann wäre ich wirklich traurig, wenn du dir dein eigenes Date verbaust. Ich komme allein klar.«
Niall dachte darüber nach, aber ich hatte nicht vor, mich umstimmen zu lassen.
»Geh schon.« Ich stupste ihn leicht an und das schien ihn endlich zu überzeugen. Er nickte dankbar und drückte mir einen Kuss auf die Wange.»Du bist ein Engel, Harry! Danke. Wir sehen uns unten, ja? Bis gleich!«, er rannte wieder raus, streckte dann aber doch nochmal seinen Kopf zur Tür herein. »Und deine Haare sind perfekt, hör auf, sie zu misshandeln.« Damit war er dann verschwunden und ich seufzte tief. Ich fühlte mich ganz und gar nicht bereit für diesen Abend.
Die Gänge waren nur noch von hektischen Spätzüglern gefüllt; Jungen, die an Krawattenknoten scheiterten und Mädchen, denen ihre Flechtfrisuren doch zu kompliziert waren. Ich musste bei dem Bild lächeln, es war genau wie jedes Jahr. Leider ein wenig zu sehr wie jedes Jahr, denn eigentlich hätte es dieses Jahr ganz anders werden sollen. Dieses Jahr hätte ich ein Date haben sollen. Ich hatte so auf meinen Ball der Träume gehofft für dieses Jahr.
Ich strahlte so gut ich konnte Ruhe aus, während ich versuchte, allen zu helfen, soweit ich es vermochte. Die Krawattenknoten waren ein Kinderspiel, Flechten ging auch noch, nur bei den zu großen Absatzschuhen der Mädchen war ich ein wenig ratlos. Aber letztendlich waren doch alle mehr oder weniger bereit und ich setzte meinen Weg nach unten fort.
Auf den letzten Stufen der Treppe stieß ich plötzlich auf einen ziemlich unruhigen Liam.
»Hey, Liam. Ist alles okay?«
Als hätte ihn meine Stimme erschreckt, zuckte er kurz leicht zusammen und drehte sich dann zu mir um. »Harry. Hi. Ich bin nervös.«
Ich lächelte ihm aufmunternd zu. »Liam, du brauchst wirklich nicht nervös zu sein. Hier wird nichts Schlimmes passieren, es ist nur ein Ball. Du bist doch schon länger an dieser Schule, du kennst den Neujahrsball. Und du kannst mir nicht erzählen, dass du sonst noch nie auf einem Ball warst! Es gibt keinen Grund, nervös zu sein.«
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One room • l.s
Roman d'amourLouis' Eltern sind reich. Doch vermag es auch das Geld nicht, ihrem Sohn das schlechte Verhalten und die Kriminalität auszutreiben. So kommt es, dass sie beschließen, ihn auf ein Internat zu schicken. Louis hält nichts von dieser Maßnahme. Und als...