Kapitel 5

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Liliane drückte mir ein langes Messer in die Hand, das im Sonnenschein funkelte.
Sie nickte mir zudem aufmunternd zu.
"Halt durch. Hier kriegt man nur durch Können und Härte Respekt entgegen gebracht.", riet sie mir.
Ich drehte das Messer einmal in der Hand und erwiderte ihr Nicken dankbar.
Mir gegenüber zog Gladion gerade sein Shirt aus, sodass jeder seinen weißen, muskelbepackten Oberkörper vor Augen hatte, auf den das Licht schien, was ihn wie eine schön gehauene Marmorstatue wirken ließ.
Dante trat einen Schritt zurück und lächelte erheitert. Liliane gesellte sich zu ihm und die beiden wechselten ein paar Worte. Sie wirkten vertraut, wie Freunde oder ... mehr.
Ich verlagerte meine Konzentration auf den aufgebrachten machtvollen Feuerfinger mir gegenüber.
Von ihm hatte ich keine Rücksicht zu erwarten, nur weil ich ein Mensch war. Gladion verabscheute Menschen und deren Schwäche, sowie nach unserem Streit sicherlich mich insbesondere.
Allmählich versammelten sich mehr Zuschauer um uns herum; alle waren erpicht darauf, zu sehen, was das Menschenmädchen drauf hatte.
Ich warf noch einen letzten Blick auf Liliane, deren dunkle Hand sich auf Dantes Schulter gelegt hatte.
In der Nähe vermeinte ich, Aces roten Haarschopf wahrzunehmen, doch ich schaute nicht genauer hin.
Wie Liliane gesagt hatte, das hier war wichtig.
Vermutlich war Gladion zehnmal stärker und trainierter als ich, doch ich war fest entschlossen, mich nicht zu blamieren.
Meine Finger klammerten sich um das Messer und ich fixierte Gladions Körper.
Er setzte seine Hände in lichterlohe Flammen, deren Hitze ich auch in der Entfernung auf meinem Gesicht spüren konnte.
Hell tanzte das Feuer und ließ sich von Gladion, als wäre es Knete, zu einem kopfgroßen Ball formen.
Die strahlend blauen Augen des Feuerfingers glänzten unheilverkündend und er schleuderte den Flammenball auf mich.
Beinahe hätte er mir dabei mein langes Haar und die linke Gesichtshälfte abgebrannt, doch ich tauchte nach rechts ab, wobei sich meine Verletzungen von meinem vorangegangenen Kampf mit dem Henker wieder meldeten.
Verdammt.
Mit zusammengepressten Kiefern rollte ich mich nach vorne in Gladions Richtung, weil ich ja irgendwie an ihn herankommen musste, und hatte meine Mühe dabei, einem Feuerstrahl auszuweichen, der aus Gladions Handfläche direkt auf mich zuraste.
Schwer atmend kam ich wieder auf die Beine - unberührt von den goldroten Flammen.
Nur, um mich direkt wieder wie ein verschrecktes Kaninchen unter einer diesmal schussartigen Feuersalve zu ducken.
Als ich in Gladions Gesicht blickte, entdeckte ich dort nicht das kleinste Anzeichen von Anstrengung.
Spielte dieses elendige Arschloch etwa nur mit mir?
Mit einem wütenden Fauchen stürzte ich mich auf ihn, natürlich nicht, ohne den brenndenden Schild zu durchqueren, den er um sich aufgebaut hatte.
Keine Ahnung, was mich in diesem Augenblick dazu geritten hatte, doch ich durchbrach die Feuerwand und warf mich auf Gladion, womit ich ihn zu Boden brachte.
Die Flammen leckten an mir und quälten mich, aber ich holte zum Schlag aus und traf Gladion beinahe im Gesicht.
Doch er drehte sich weg und umfasste meinen Unterarm mit seiner in Flammen stehenden Hand.
Ich kreischte auf vor Schmerzen.
Die Hitze zerstörte mich und das Feuer war überall, fraß meinen Körper auf.
"Du verfluchter Bastard!", schrie ich.
Dann ging das Fluchen in einem lauten Schmerzensbrüllen unter und ich wand mich in den Flammen.
Dann, urplötzlich, war das leuchtende Feuer weg.
Ich stöhnte vor Schmerzen und hatte schwarze Flecken in meinem Sichtfeld.
Dennoch bekam ich mit, wie dieser Mistkerl, Gladion, mich vom Boden in seine Arme zog.
Auch Dante war bei mir.
"Du solltest sie testen, nicht abfackeln, du Idiot!", rief der Prinz und klang dabei zornentbrannt.
Gladion blickte von mir zu Dante hin und her. Ich bemerkte Lilianes erschrockenes Gesicht neben dem wütenden des Prinzen.
Die Schmerzen durchzuckten mich und ich stieß einen seltsamen Laut aus, nicht in der Lage, mich verständlich zu artikulieren.
"Ich habe mein Feuer sie nicht verletzen lassen!", verteidigte Gladion sich; "Ich hatte es vollkommen unter Kontrolle und es hat sie kaum angerührt!"
Das Seltsame war doch eher, dass ich in Gladions Armen lag, schoss es mir durch den Kopf, bevor all meine Gedanken wieder vom Schmerz eingenommen wurden.
"Und was ist dann mit ihr los?", wollte Dante wissen.
Das nächste was ich mitbekam, war, dass Gladion mein Shirt hochzog und einen derben Fluch ausstieß.
"Was ist?", fragte der Flammenprinz.
Gladion schluckte, dann sagte er: "Sie brennt innerlich."
Ich stöhnte auf.
Mein Bewusstsein kehrte zurück, als sich das Feuer in mir gelegt hatte.
Zu meiner Überraschung war Liliane an meiner Seite und saß neben dem Bett in "meinem" Zimmer.
"Liliane?", murmelte ich und öffnete langsam die Augen.
Sie sah auf mich herab und lächelte matt.
"Ihr habt es gelöscht? Den Brand in mir?", fragte ich mit rauer Stimme.
Sie nickte.
"Wie ist das passiert?", fragte ich weiter.
Liliane zögerte kurz, dann stieß sie einen tiefen Seufzer aus und zupfte an den weißen Laken herum, die mich bedeckten.
"Wir sind nicht sicher.", gab sie schließlich zu.
"Ist sowas schonmal geschehen?", hakte ich nach.
Sie zuckte die Achseln.
Na, das waren ja viele Informationen.
Ich ließ mich frustriert in mein Kissen zurücksinken.
Einige Sekunden lang herrschte Stille.
"Du warst nicht schlecht.", sagte die dunkelhäutige Frau dann.
Ich lachte mit kratzigem Hals.
"Was? Wir hatten alle gedacht, dass du beim ersten Feuerball aus dem Spiel wärst.", meinte Liliane.
Das zum Thema Hochnäsigkeit der Feuerfinger.
"Ist Dante sauer auf Gladion?", erkundigte ich mich.
Liliane nickte.
"Gut so."
Das hatte dieser Vollidiot auch verdient; immerhin hatte er mich angezündet und fast von innen heraus abgefackelt.
Lilianes Lippen zeigten ein kleines Lächeln.
"Du bist nicht die einzige Person, die das sagen würde.", informierte Liliane mich.
Ich hob eine Augenbraue. Der mächtigste Feuerfinger hatte als auch Feinde? Was für eine Überraschung.
"Diese anderen Personen würde ich gerne kennenlernen.", lachte ich.
"Das wirst du noch früh genug.", prophezeihte Liliane.
Wir wechselten einen bedeutsamen Blick und ich hoffte für eine klitzekleine Sekunde aus tiefstem Herzen, dass diese Frau und ich eines Tages Freunde sein konnten.
Dann fiel mir wieder ein, dass sie ein Flammenfinger und ich ein Mensch war und was ich bisher von Freundschaft gehabt hatte.
Freunde und Verwandte verrieten einen bloß.


Blazing - Feuriges BandWo Geschichten leben. Entdecke jetzt