Drachen.
Heilige Scheiße, waren diese Dinger eindrucksvoll.
Ich konnte kaum die Augen von den Tieren wenden.
Sie waren ohne den langen Schwanz in etwa so groß wie ein stattliches Pferd, wenn nicht sogar größer.
Ihr gesamter Körper war von grünen, schwarzen, roten oder golden glänzenden Schuppen überzogen, aus denen ledrige Flügel wuchsen.
Die starken Beine endeten in klauenartigen Füßen mit langen Krallen, die so wirkten, als könnten sie mühelos Kehlen durchschneiden.
Die Köpfe der Drachen waren flach und hatten zwei grasgrüne Augen an den Seiten, die fast alles wahrnahmen. Aus den langen Schnauzen qualmte es und ich konnte die scharfen, messerlangen Zähne sehen, hinter denen sich das Feuer im Inneren der Drachen verbarg.
Ich war wie verzaubert.
Die Drachen waren großzügig angekettet und tümmelten sich zu zwanzigst in einer Grube. Und hier, im Grubental, gab es mehr als drei Dutzend solcher Gruben.
Das Grubental war am westlichen Ende der Hauptstadt angelegt, sodass das Gebrüll und der ständig aufsteigende Rauch die Bewohner nicht zu sehr stören konnte.
Dante hatte mich mit Liliane hierhergeschickt, da ich mich als Teil der Armee der Feuerfinger mit Drachen vertraut machen musste, und Gladion sich seit unserem Kampf von mir fernhielt.
Blöderweise war Liliane gerade nicht in Sicht und ich stand mit großen Augen alleine am Rand einer Grube und starrte hinab.
Der größte Drache war ein dunkelroter mit einem hässlichen Kopf und schon aus seinem Mal wachsenden Zähnen.
Er stieß die anderen aus dem Weg und zischte eine Gruppe kleinerer orangegelber Drachen an, die sich gerade über einen blutigen Tierkadaver hermachten und nun beisetestoben.
"Wunderschöne Tiere, nicht wahr?", erklang eine weibliche Stimme hinter mir.
Doch es war nicht Liliane.
Ich fuhr herum und mir stand ein Mädchen, wenig älter als ich und mit lockigem braunen Haar, gegenüber.
Sie hatte kühle, graue Augen und ein langes Gesicht, in dem über der Oberlippe ein blauer Edelstein in ihrer Haut glitzerte.
"Ich bin Madeline.", klärte sie mich auf; "Auch genannt die Drachenflüsterin. Du bist wohl der Mensch. Ich gehöre auch zu Gladions kleiner Spezialeinheit."
Irgendetwas an ihrem Ton gefiel mir nicht. Sie klang überheblich wie die meisten Feuerfinger, doch da war noch etwas anderes. Etwas Spitzes, Abweisendes.
"Drachenflüsterin?", wiederholte ich; "Netter Spitzname. Ich schätze, du könntest mir also mit einem Fingerschnippen all die Tierchen des Grubentals auf den Hals hetzen? Gut zu wissen."
"So ist es.", bestätigte Madeline mit bedrohlich leise Stimme.
Im Gegensatz zu Liliane war sie mir schon jetzt unsympathisch geworden.
Sie kam näher und stellte sich neben mich an die Grube, in die ich zuvor gesehen hatte.
"Fiexos ist mein Liebling.", erzählte die Drachenflüsterin mir; "Der, der so rot ist wie frisches Blut."
Ihr Tonfall war schneidend wie eine Klinge.
Nett, dachte ich mir sarkastisch.
"Allerdings ist Jex das einfachere Reittier. Und Zion speit am meisten Feuer. Allerdings ist er ein ziemlich bockiger Drache.", fügte Madeline hinzu; "Und Jine ist praktisch unreitbar, aber am besten für die Zucht. Ein Viertel der Drachen des Tals sind ihre Kinder."
Musste ich mir das alles merken?
Hoffentlich nicht, denn mir schwirrte der Kopf.
Ohne Vorwarnung ging Madeline in die Hocke und sprang mitten in die Grube. Die Drachen schienen kaum erstaunt.
Ein dunkelgrünes Tier lief direkt zu ihr und zischelte. Madeline streckte sorglos die Hand nach ihm aus und strich über seinen schuppigen Rücken.
Ein kleiner schwarzer Drache kam ebenfalls zu ihr gehüpft und drückte seinen hässlichen Kopf an ihren Oberschenkel. Sie lächelte und flüsterte etwas, das ich nicht verstand.
Dann hob sie den Kopf und sah mir in die Augen. Ihr Blick war mir ganz und gar nicht geheuer.
Sie kann mich nicht leiden.
"Du wurdest von deiner Art fast hingerichtet, nicht wahr?", sprach Madeline rücksichtslos meine Vergangenheit an; "Aber lass es dir gesagt sein: Ein Drache richtet dich nicht hin. Zumindest nicht, wenn du ihn behandelst, wie er es verdient."
Während sie meinen Blick festhielt, streichelte sie betont langsam über das Maul des grünen Drachens an ihrer Seite.
Sie wollte glasklar ihre Macht demonstrieren.
Ein großer, dünner Drache mit gelblichen Schuppenkleid pustete ihr seinen Atem ins Gesicht, wodurch ihr lockiges Haar wehte und ihre grauen Augen leuchteten.
"Eingeschüchtert, kleiner Mensch?", forderte sie mich mit einem schneideneden Lächeln heraus.
Ich schüttelte den Kopf.
Madeline machte eine auffordernde Handbewegung.
Dann komm.
Niemals würde ich vor ihr Schwäche zeigen.
Also sprang ich ihr kurzerhand hinterher.
Mit hämmerndem Herzen landete ich inmitten von zischenden und qualmenden Drachen.
Ihre grünen Augen ruhten auf mir, die Zähne in ihren Mäulern strahlten im Sonnenlicht.
Worauf hatte ich mich hier eingelassen?
Der große, rote Drache - Fiexos - näherte sich mir.
Er riss sein Maul wie zu einem Gähnen - oder einem Luftholen vor dem Feuerspeien - und entblößte seine gewaltigen Reißzähne.
Meine Hände begannen zu zittern.
Oh scheiße.
Aber der Drache wandte sichnach ein paar Schritten von mir ab und zischte stattdessen einen seiner klein gewachsenen, schwarzen Artgenossen an.
Erleichtert stieß ich die Luft aus.
Dann entwich mir im nächsten Moment ein gepresstes Quieken, als mich ein Drache mit der Schnauze von der Seite anstieß.
Es war ein hellrotes Exemplar, dessen Schuppen in der Sonne funkelten wie Rubine.
Seine Augen stierten von oben auf mich herab, erschienen mir jedoch nicht bösartig. Also legte ich vorsichtig eine Hand an seine Schuppen.
Zu meiner Überraschung fühlten diese sich stahlhart wie eine Rüstung an.
Etwas beklommen strich ich über das rote Schuppenkleid und versuchte, zu verdauen, dass ich gerade einen Drachen streichelte.
"KATE!"
Ruckartig wirbelte ich herum und schaute nach oben, von wo der Schrei gekommen war.
Und wirklich, am Rande der Klippe stand Liliane und beäugte mich und den hellroten Drachen erschrocken.
Ich blinzelte perplex, doch dann war schon Madeline an meiner Seite und rief Liliane zu: "Krieg dich ein, ich habe alles im Griff. Kein Drache wird unser kostbares Menschlein zerbrechen."
Liliane schüttelte wortlos den Kopf und bückte sich dann, um mir die Hand zu reichen, mit der sie mich wieder aus der Grube zu ziehen.
Madeline folgte mir ohne fremde Hilfe.
Liliane warf ihr einen missbilligenden Blick zu.
"Gladion wird das nicht gefallen.", warnte sie die Drachenflüsterin.
Diese wirkte unbekümmert.
"Der Mensch war keine Sekunde lang in Gefahr.", konterte sie.
Liliane ignorierte Madelines genervte Rechtfertigung.
Hinter uns stieß Fiexos eine kleine Feuerböe aus und zischte laut wie eine Echse.
"Genug Drachen für heute", entschied Liliane für mich; "Wir gehen lieber trainieren."
Madeline verdrehte die Augen, ließ uns jedoch ohne einen weiteren glassplitterscharfen Kommentar abziehen.
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Blazing - Feuriges Band
FantasyFeuer. Liebe. Schicksal. In einer Welt von Feuerbändigern, Schatten, Drachen und Geheimnissen versucht eine bis in die Seele gezeichnete Kämpferin, ihren Weg ins Licht zu finden. ~ Meine Lippen waren rissig, das Haar fettig und die Augen rot. Und w...