Kapitel 41

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Auch wenn man noch so viel Abscheu für sie empfindet, der Hass im Gesicht der eigenen Mutter tut nichtsdestotrotz unglaublich weh.
Als sie mit in die Luft gerecktem Kinn und Funken sprühenden hellen Augen dem kleinen aufgeschlagenem Lager der Feuerfinger entgegen stolzierte, hätte man sie für eine der dunklen Rachegöttinnen halten können.
Die Sonne war ihr im Rücken und ließ das mit wenig Grau durchzogene blonde Haar schimmern, was einen enormen Kontrast zu ihrem düsteren Gesichtsausdruck darstellte.
Mit ihrem Blick hielt sie den meinen fest und wir lieferten uns ein wortloses, aber dennoch emotionsgeladenes Gefecht.
Kiano, der neben mir stand, und Gladion sowie ein Dutzend weitere Feuerfinger, bedrohlich hinter uns aufgereiht, verhielten sich wie unverrückbare Eisklötze.
Ich hätte mir tausend Orte vorstellen können, an denen ich mich jetzt lieber aufgehalten hätte.
Als sie und ihr kleines, offen gesagt lächerliches, Gefolge uns gegenüber stehen blieben, wandte sie sich schließlich an Kiano.
Der Flammenprinz musterte sie und ihre im Gegensatz zu den Feuerfingern winzige Gruppe von Kämpfern unbeeindruckt.
Aus dem Augenwinkel bemerkte ich, wie Gladions hellblaue Augen zwischen meiner Mutter und mir hin und her schnellten.
Ich drehte den Kopf leicht und warf ihm einen bösen Blick zu.
Was machte er überhaupt hier?
Hatte er nichts Besseres zu tun, als meine von ihm verursachte Schmach zu verfolgen?
Gefiel es ihm, dass ich meiner hasserfüllten Mutter wie ein Preisgeld zugeschachtert wurde?
Gerne hätte ich dem hellblonden Feuerfinger die Hände um den Hals gelegt und ihn erwürgt, doch im Moment würde ich keine zwei Schritte weit kommen, bevor die beiden groben Feuerfinger hinter mir mich zu einem Häufchen Asche verbrennen würden.
Die angespannte Stille, die zwischen den beiden Gruppen hing, wurde von meiner Mutter unterbrochen.
"Wie ich sehe, hältst du dich an unsere Abmachung, Flammenprinz.", merkte sie an und die Ablehnung in ihrem von leichten Falten durchzogenen Gesicht kam fast der gleich, mit der sie mich immer musterte.
"Ich breche mein Wort nicht.", erwiderte Prinz Kiano ruhig und kalkuliert.
Der Mundwinkel meiner Mutter zuckte leicht, ansonsten ließ sie sich nicht anmerken, wie sehr ihr die Zusammenarbeit mit den Feuerfingern gegen den Strich ging.
Doch sie hatte keine Wahl, wenn sie gegen die übermächtigen Schatten ankommen wollte, und ich verspürte ein wenig Schadenfreude über ihren Ärger.
"Wie abgemacht habe ich ein paar meiner loyalsten Leute in die Dienste der Schatten eingeschleust. Sie erstatten mir Bericht über das, was ihnen zu Ohren kommt.", berichtete meine Mutter; "In unseren Lagern haben sich hunderte Menschen eingefunden und die freiwilligen Kämpfer werden auch von Tag zu Tag mehr. Wir sind allzeit bereit für den Krieg. Wann immer ihr ihn auszufechten gedenkt."
Unzufriedenheit über ihre Abhängigkeit von den Feuerfingern stand meiner Mutter ins Gesicht geschrieben.
Sie konnte es überhaupt nicht leiden, dass alle wichtigen Entscheidungen von Kiano und seinen Vertrauten getroffen wurden und sie ausgeschlossen war.
"Gabriela Rowinth, dieses Abkommen ist von beidseitigem Vorteil.", rief Kiano ihr mit einem warnenden Unterton ins Gedächtnis; "Als Zeichen unserer Zusammenarbeit bringe ich dir die Verbrecherin Katharina Rowinth, Mörderin, Verräterin an unserem Abkommen mit der Seele eines Schattens."
Ich konnte mir ein zynisches Grinsen nicht verkneifen, das sich auf meinen Lippen ausbreitete, während mein Blick erneut den meiner Mutter traf.
Sie kräuselte die Lippen.
Unwillkürlich tauchte in meinem Kopf eine Szene aus längst vergangenen Zeiten auf.
Zuhause, in Fost, in unserem sicheren Haus, als meiner schlimmsten Sorgen die Schule und meinen strengen Vater betrafen.
Lucas war ein kleiner, pummeliger Fünfjähriger gewesen und ich, ein Jahr älter, war mit ihm in unserer Badewanne gesessen.
Mutter hatte uns gewaschen und während sie Lucas sanft übers sandblonde Haupt fuhr und fürsorglich die Seife aus seinen Strähnen wusch, befahl sie mir, den Kopf unter Wasser zu halten, um die Seife zu entfernen.
Ich spürte ihre langen Finger, die sich unnachgiebig in mein Fleisch drückten und meine Schultern unter Wasser zwangen.
Das Wasser umgab mich und ich prustete, bekam jedoch keine Luft, da Mutter mich unter Wasser festhielt.
Panisch strampelte ich, japste, wollte an die Luft, doch ich kam nicht hoch.
Erst nach weiteren Sekunden des Strampelns löste Mutter ihren Griff um meine Schultern und ich kam luftschnappend an die Oberfläche.
Für mein Weinen hatte sie kein Verständnis und als ich völlig geschockt wimmerte, durchbohrte sie mich nur mit ihren harten Augen, bis ich den Mund hielt und brav aus der Badewanne stieg.
Unsanfte, große Hände rissen mich in die Realität zurück.
Ein bulliger Mensch aus dem Gefolge meiner Mutter hatte mich am Oberarm gepackt und zerrte mich heftig von meinem Platz neben Kiano.
Dessen wachsamen, fast schwarzen Augen entgging nichts und er verzogg das lange, unattraktive Gesicht zu einer undurchdringlichen Maske.
Der Grobian, der mich gepackt hielt, schleifte mich quasi zu meiner Mutter.
Ich starrte sie an und malte mir aus, wie ich ihr dieses bösartige, dunkle Blitzen aus ihren Augen kratzte.
"Morgen, mein Schatz.", versprach sie mir ohne jegliche Wärme; "Morgen wird das alles für dich vorbei sein. Du wirst wieder bei deinem Bruder sein."
Mutter hob die Hand und ihre langen Finger fuhren über meine Wange, strichen ohne Zuneigung eine lose Haarsträhne zurück.
Ich zuckte zurück, an ihre Hände auf meinen Schultern erinnert, die mich unter Wasser drückten.
"Du wirst deine Schuld abbezahlen. Für Monster wie dich haben die Götter einen ganz besonderen Platz auf der anderen Seite."
Für Monster wie dich auch, dachte ich mir.
Der Schattenprinz in mir lachte laut und bösartig. Er war ebenso heiß auf Blut wie ich.
Nicht jetzt, doch ich würde dem Drang nach Zerstörung und Schmerz nachgeben.
Der Tag meiner Hinrichtung würde auch gleichzeitig der vieler anderer sein.
Wenn ich starb, dann nicht, ohne einige der Leute, die mich verraten und verletzt hatten, mit in den Tod zu reißen.
"Morgen wird ein ganz besonderer Tag.", bestätigte ich mit einem diabolischen Lächeln.
Ich warf einen kurzen Blick über die Schulter und machte dort, zwischen Kiano, Ace und den anderen, einen ganz bestimmten Feuerfinger aus.
Einen mit blondem Haar, blauen Augen und einer Haut wie Marmor.
Ich stellte mir vor, wie dunkelrotes Blut auf dieser weißen Haut aussehen würde.
Wunderschön.
Es war mir egal, dass solche Gedanken mich genau zu dem Monster machten, als das mich alle seit Gladions Verrat sahen.
Dann war ich eben ein Monster.
Sie hatten mich dazu gemacht.

Ja, normalerweise schreibe ich keine Anmerkungen, aber ich wollte mich einfach herzlich bei allen Lesern bedanken und dafür, dass ihr so fleißig kommentiert!
Ich bin immer offen für eure Meinung und natürlich auch für Kritik, also scheut euch nicht, ehrlich in den Kommentaren zu sein - nur so kann ich mich verbessern.
Außerdem wollte ich euch mitteilen, dass ich die lieben Nachrichten auf meinem Nachrichten-Board gesehen und mit Freude gelesen habe, aber wegen Problemen mit meiner E-Mail leider nicht beantworten kann.
Ich ignoriere euch also nicht, sondern freue mich ehrlich über jeden, der Spaß an meiner Geschichte hat!
Ein riesiges Dankeschön an euch alle❤

Blazing - Feuriges BandWo Geschichten leben. Entdecke jetzt