Kapitel 26

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Noch nie in meinem Leben hatte ich so wirklich Alkohol getrunken. Mein Vater war streng gewesen und ehrlich gesagt hatte ich auch nie das Bedürfnis gehabt, es auszuprobieren.
Ich kannte die Auswirkungen von den Jungs, die in Fost in meiner Straße gewohnt hatten - Es machte sie zu lauten, dummen Trampeln.
Später, nach der Invasion der Schatten, war das Thema erst recht für mich vom Tisch gewesen.
Bei der Jagd auf diese übernatürlichen Wesen konnte ich mir keinen Funken Schwäche mehr erlauben, als ich aufgrund meiner Menschlichkeit ohnehin schon besaß.
Doch hier, im Trainingslager mit hunderten von feuerbändigenden Soldaten, floss der Alkohol an manchen Abenden in Strömen.
Und einen solchen Abend erlebte ich drei Tage nach Lilianes Beisetzung.
Früher hatte ich mich von den Feuerfingern ferngehalten, da ich nicht zu ihnen gehörte und sie mit gerümpften Nasen auf mich herabsahen, doch ich lernte, dass es nach ein paar Gläsern Bier keine Rolle mehr spielte, dass ich ein Mensch war.
Die besoffenen Soldaten versuchten alles aufzureißen, was Beine hatte, und ich bildete da keine Ausnahme.
Der Anteil an Frauen war in dem stickigen Saal, in der die Feier stattfand, etwa nur ein Viertel des Anteils der Männer und die meisten Soldatinnen wiesen die Betrunkenen rüde ab.
Ich drängte mich zwischen den verschwitzten Körpern durch den heißen Saal und versuchte, einem äußerst anhänglichen Feuerfinger zu entkommen.
Die alkoholische Flüssigkeit in dem Glas in meiner Hand schwappte über und machte meine Finger nass, aber das war mir egal.
Ich hatte mich genug vollgekippt, dass mein Kopf brummte und alles um mich herum nicht mehr ganz so scharf wirkte.
Auch mein durch den Schweiß an der Haut klebendes Oberteil störte mich nicht mehr und ich stieß breit grinsend zu einer kleinen Gruppe Feuerfinger hinzu, die ich nicht kannte, aber das machte mir nichts aus.
Zwei breit gebaute Kerle waren gerade dabei, je ein ganzes kleines Fass Bier zu trinken, was anscheinend ein Wettbewerb war, so, wie sie von den anderen angefeuert wurden.
Hinten in einer dunklen Ecke sah ich eine Frau und einen schon vierzigjährigen Feuerfinger, wie sie sich am Schlangengift, der unter den Feuerfingern beliebtesten Droge gütig taten.
Sollte ein Kommandoführer die zwei erwischen, blühten ihnen mehrere Wochen in den Zellen - oder Schlimmeres.
Ich lenkte meine Gedanken in eine andere Richtung und befahl mir, einfach Spaß zu haben und alle rationalen Sorgen zu vergessen.
Und so fand ich mich an einen riesigen, fast zwei Meter groß gewachsenen Feuerfinger gelehnt wieder, der mit seinen steinharten Armen meine Taille umfasste.
Der Kerl stank nach Bier und er nannte mich Püppchen, weshalb ich mich bald wieder von ihm losmachte und mich zwischen zwei Frauen postierte, die gerade den strahlenden Gewinner des Trinkwettkampfes bejubelten - einen attraktiven jungen Soldaten mit dunklen Bartstoppeln und hellen Augen.
Er sah ein wenig so aus, wie ich mir Drake ohne seine Narben vorstellen würde und als unsere Blicke sich in dem Getümmel und Gedränge zufällig trafen, grinste ich ihm arglos entgegen.
Unser kurzer Blickkontakt wurde dann aber jäh wieder unterbrochen, als sich die Feuerbändigerin rechts von mir, eine Frau in ihren Dreißigern, übergab und ich hastig beiseite hüpfte, um nicht getroffen zu werden.
Mir war schon so schwindelig und als mir dann auch noch der Geruch nach Erbrochenem in die Nase stieg, wandte ich das Gesicht ab.
Bei den Göttern, ich vertrug ja wirklich gar nichts.
In diesem Augenblick fühlte ich auch wieder den Schatten in mir, der mich mit seiner Abscheu und seinem Hass infizierte, sodass ich angewidert von mir selbst war.
Ich wollte auf irgendetwas draufschlagen, etwas kaputt machen, alles, nur mich nicht mit dem Schatten und all den anderen schrecklichen Dingen in meinem Leben auseinandersetzen.
Also rempelte ich mich kurzerhand zu den noch immer gefeierten Wetttrinkern durch, um die sich eine grölende, kopflose Traube versammelt hatte.
Entschlossen reckte ich das Kinn in die Höhe und ging - taumelnd, zugegeben - auf den Sieger, diesen anderen, ungezeichneten Drake zu.
"Ich bin die Nächste", forderte ich den Feuerfinger heraus.
Verdammt, warum war meine Zunge so schwer? Jedes Kleinkind konnte besser sprechen als ich gerade!
Keck begegnete der andere Drake meinem Blick und zuckte dann mit den Schultern.
"Ein hübsches kleines Ding wie dich fülle ich immer gern ab!", lachte er und erntete dafür grölende Zustimmung von den betrunkenen Soldaten um uns herum.
"Los Püppchen, zeig, was du kannst!", rief der Idiot von eben, der mir seine Arme um die Taille gelegt hatte.
Ich warf ihm eine sarkastische Kusshand zu, bevor ich mir mein langes, durchgeschwitztes Oberteil über den Kopf zog und es, nur noch in einem dünnen, ärmellosen Hemdchen dastehend, beiseite warf.
Keine Ahnung, was mich in dieser Sekunde geritten hatte, doch ich achtete nicht auf das Pfeifen der Typen um mich herum, sodern setzte mich auf den hölzernen Boden dem jungen Feuerfinger gegenüber.
Eine zierliche, blasse Küchenhilfe brachte uns die Fässer und ich musste bemerken, dass sie von nahem doch recht groß waren.
Egal, dachte ich mir in meinem betrunkenen Eifer und suchte den Blick meines Kontrahenten, der viel größer und kräftiger war als ich.
Er zwinkerte mir zu und ich erwiderte die Geste gedankenlos, bevor ich mit meinen nackten Armen nach dem Bierfässchen vor mir griff.
Die Feiernden um uns herum brüllten dämliche Sachen, doch ich grinste nur in die Runde.
Ein bärtiger Soldat mit rotem Haar schrie über den Lärm hinweg:
"Bereit! Drei! Zwei! Eins! LOS!"
Zum Glück war das Fass schon offen, denn in meinem Zustand wäre das die schwerste Herausforderung an dem Wettbewerb gewesen.
Doch auch so war die Aufgabe schier unmachbar.
Zwar trank ich wie wild und war mit vollem Eifer dabei, doch war ich den Alkohol nicht gewohnt und musste zwischendrin husten oder eine kurze Pause machen.
Und obwohl der andere Drake mit dem glatten Gesicht extra langsam trank, um mir eine Chance zu lassen, gewann er glasklar, was er mit einem Rülpser besiegelte.
Ich hingegen hatte ein brennendes Gefühl im Magen und fühlte mich schwummrig, hatte aber höchstens das halbe Fass geleert.
Ich musste meine Niederlage eingestehen.
Wenigstens sprang der unversehrte Drake nach seinem Erfolg auf und riss mich einfach so von den Füßen, um mich in seinen kräftigen Armen hochzuheben.
Das brachte das Lachen zurück in meinen Mund und ich hielt mich an den Schultern des Feuerfingers fest, während er mich wie eine Trophäe herumwirbelte.
In diesem Moment hatte ich tatsächlich nach schmerzlich langer Zeit wieder richtig Spaß - was sicherlich dem Alkohol zu verdanken war- und ich ließ es mir nicht nehmen, dem anderen Drake einen betrunkenen Kuss auf den Mund zu drücken.
Wir lachten nur darüber und nach einiger Zeit ließ der Soldat mich dann auch wieder auf den Boden, wo ich erst einmal etwas wackelig auf den Beinen stand.
Gerade wollte ich ihm mitteilen, dass seine Lippen gut schmeckten, als mich eine Hand am Arm packte und von dem anderen Drake wegzog.
"Hey!", beschwerte ich mich und versuchte mich loszumachen, aber da ich momentan noch nicht einmal sicher stehen konnte, war es kein Wunder, dass ich kläglich versagte.
Die feste Hand schüttelte mich kräftig durch und erst jetzt sah ich die dazugehörige Person an.
"Gah- Gladion", lallte ich.
Der muskulöse Feuerfinger hatte einen genervten Ausdruck im Gesicht, doch ich musste zugeben, dass er mit den weißblonden Haarsträhnen, die ihm ins Gesicht fielen und dem stählernen blauen Blick unheimlich attraktiv war und ich ihn auf der Stelle hätte küssen können.
"Wir müssen reden.", meinte Gladion trocken.
Ich stöhnte auf.
"Immer bist du so ernst.", schmollte ich; "Oder gemein. Du bist so oft gemein zu mir."
Der hellblonde Feuerfinger verdrehte die Augen und sein Griff um meinen Arm verstärkte sich.
"So, das reicht jetzt.", knurrte er; "Deine spaßige Zeit hier ist vorbei. Es gibt Wichtiges zu besprechen!"
"Oh", machte ich und kaute nachdenklich auf meiner Lippe herum; "Reden wir jetzt endlich darüber, dass du in meinem Bett warst?"
Gladion überging diese betrunkene Bemerkung, für die ich mich später noch schämen würde.
"Katharina" Eindringlich schaute er mir in die Augen, aber ich konnte seinem Blick nur kichernd begegnen; "Es geht um die Menschen. Sie wollen im Geheimen mit den Feuerbändigern verhandeln."

Blazing - Feuriges BandWo Geschichten leben. Entdecke jetzt