38. Die Schönheit der Natur

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Es waren drei Wochen vergangen, seit ich zu meiner Großmutter gezogen und meinem alten Leben entflohen war und ich konnte es noch immer nicht glauben wie umwerfend mein Leben hier war.

Jeden Morgen, wenn ich in meinem Bett aufwachte, musste ich aufs Neue erst einmal begreifen wo ich war. Nicht, weil ich mich nicht wie Zuhause fühlte, nein, ganz im Gegenteil. Ich konnte einfach nicht begreifen, dass dieses Zimmer ein Teil meines Zuhauses war. Noch immer verschlug es mir die Sprache.

Liv hatte mir geholfen mich im Restaurant einzuarbeiten und seither war kein Tag vergangen an dem ich nicht dort war und gearbeitet oder gelernt habe. Eigentlich war es wirklich einfach und ich hatte alles innerhalb der ersten zwei Tage das Wichtigste gelernt und im Kopf behalten, doch Liv’s Vater legte sehr viel Wert darauf, dass all seine Angestellten wie eine Familie waren, also musste ich einmal alle Bereiche durchlaufen und mich mit den Kollegen ’anfreunden’, ehe ich endgültig in meinem Bereich hinter dem Tresen landete.

Ziemlich schnell musste ich feststellen, dass ich mich geirrt hatte. Die Gäste waren ganz normal. Nichts übermäßig Reiches schien unter ihnen zu sein. Auch die Speisekarte und deren Preise befanden sich alle im Normalbereich. So viel dann zu meiner hier geht kein Ottonormalverbraucher essen Theorie.

Mit diesem Job hatte ich wirklich Glück gehabt. Es hätte mich tausendmal schlimmer treffen können. Für jede Schicht stand dem Mitarbeiter ein Essen zu was mich also vorm Verhungern rettete, da ich für gewöhnlich zu vergesslich war um mir für die Arbeit oder Schule etwas mitzunehmen.

In den drei Wochen hätte ich mehr als genug Zeit gehabt um das meiste auf der Speisekarte zu kosten, doch ich blieb mir und den Nudelgerichten treu.

Jeder durfte seine Trinkgelder sofort einstecken und behalten doch die meisten von uns steckten einen Teil davon in eine kleine Dose damit auch die Köche und alle, die keine Trinkgelder bekamen, auch etwas davon haben würden.

Genau genommen machten wir es alle bis auf eine Ausnahme.

Cynthia weigerte sich strikt, den anderen etwas von ihren Trinkgeldern abzugeben. Sie schwamm generell immer gegen den Strom. Und sie war es gewohnt, damit auch noch zu gewinnen.

Liv hatte mir erzählt, dass Cynthia sich immer geweigert hatte die Schürzen beim Kellnern zu tragen, weil diese den Schnitt ihrer Kleidung versauen würden. Das hatte sie so lange getan, bis sie extra anders geformte Schürzen bekam. Dies passte Cynthia natürlich dennoch nicht, doch nun konnte sie nichts mehr dagegen sagen ohne es sich selbst mit dem Chef zu verbauen.

Und dann erfuhr ich es. Cynthia war Livs Schwester und somit ebenfalls die Tochter vom Chef. Das war einfach unglaublich. Sie und Liv konnten unterschiedlicher nicht sein. Und doch ergab es alles einen Sinn. Kein Angestellter auf dieser Welt würde sich so viel erlauben ohne Angst zu haben eine Kündigung zu erhalten. Durch die Verwandtschaft mit dem Chef änderten sich natürlich auch die Arbeitsbedingungen.

Als ich an diesem Morgen erwachte war alles anders.

Kein Wecker der klingelte und förmlich schrie ich solle den Hintern aus dem Bett schwingen und zur Arbeit fahren, keine Hektik im Bad und keine schwarz/weißen Kleidungsstücke die ich wegen meines Jobs anziehen musste.

Nichts dergleichen erwartete mich, denn ich hatte frei.

Nach drei Wochen erwarteten mich zwei Tage ohne Arbeit.

Jetzt, da meine Einarbeitungszeit vorbei war und ich den Job fest in der Hand hatte, würde ich immer zwei Tage die Woche frei haben. Wenn mein Studium dann beginnen würde, würden meine Arbeitszeiten meinem Unterrichtsplan angepasst werden. Nun mal ehrlich, nicht jeder hatte so viel Glück wie ich. Wenn das kein gelungener Start in ein neues Leben war, dann würde es auch keinen geben.

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