S u l l i v a n

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Zu sagen, dass ich mich grauenhaft fühlte, beschrieb meinen Zustand nicht im Entferntesten. Und die Tatsache, dass ich allein dafür verantwortlich war, ließ einen unbändigen Zorn in mir aufbrodeln. Zorn, der sich gegen mich selbst richtete und dafür sorgte, dass ich nichts von den letzten Tagen der Schulwoche mitbekam. Weder am Donnerstag, noch am Freitag konnte man mir eine geistige Fähigkeit zuschreiben. Ich war körperlich da, aber mehr auch nicht.

Ich seufzte und stellte den Motor ab.

Als ich heute Morgen in den Spiegel geschaut hatte, hatte ich mich selbst kaum wiedererkannt. Meine Augenringe hatten bis in die Unendlichkeit gereicht, meine Haare waren so chaotisch gewesen wie noch nie und von den Klamotten vom Vortag wollten wir gar nicht erst anfangen. Gestern Abend war ich einfach in mein Bett gefallen und dort bis heute Morgen liegen geblieben. Geschlafen hatte ich kaum.

Regungslos starrte ich auf das Lenkrad meines Wagens.

Auch wenn die kalte Dusche vorhin Abhilfe geschaffen hatte und mir zumindest ein paar der schlechten Gedanken aus meinem Kopf vertrieben hatte, beschissen sah ich noch immer aus.

Mit Conall hatte ich seit Mittwoch kein Wort mehr gesprochen. Auch wenn er am nächsten Tag wieder in der Schule aufgetaucht war, hatte er mir nur aus der Ferne zugenickt und war dann wieder im Pulk verschwunden. Ohne mir noch weiter Beachtung zu schenken.

Ich wusste, dass ich die Sache irgendwie wieder hinbekommen musste, nur wusste ich noch nicht genau wie.

Entschlossen heute keinen weiteren Gedanken mehr daran zu verschwenden, schüttelte ich meinen Kopf und zog ruckartig den Schlüssel aus dem Zündschlüssel.

Noch immer saß ich in meinem Truck vor Harpers Haus und versuchte den nötigen Mut zu fassen, um aus dem Auto zu steigen. Und das schon viel zu lang. Ich musste wirklich aussteigen.

Ich atmete ein letztes Mal tief durch, bevor ich mir durch meine Haare fuhr, nach meinen Unterlagen auf dem Beifahrersitz griff und meinen Hintern endlich aus dem Auto schaffte. Meine Füße trugen mich die wenigen Meter bis zur Haustür und meine Finger landeten nur wenige Sekunden später auf dem Klingelknopf.

Scheiße, war ich nervös.

Wieder fuhr ich mir durch die Haare, versuchte mein Tshirt und das Hemd zu richten und nicht wie der allerletzte Trottel zu wirken. Bevor ich mir allerdings noch weiter Gedanken machen, hörte ich einen dumpfen Ruf vom Inneren des Hauses, dicht gefolgt von polternden Schritten. Sie kamen näher und verstummten mit einem Mal. Keine Ahnung, ob es tatsächlich so lange dauert, doch für mich schien diese Stille eine halbe Ewigkeit anzuhalten.

Ich versuchte den Kloß in meinem Hals hinunterzuschlucken und meine schwitzigen Hände an der Hose abzuwischen.

Ich musste hierbei dringend geübter werden.

Und endlich öffnete sich die Tür. Mit einem Ruck schwang sie auf und prompt erschien Harper in meinem Blickfeld. Ein wenig verhalten lächelte sie mir entgegen.

»Hey«, begrüßte ich sie und erwiderte ihr Lächeln. Ich war mir ziemlich sicher, dass ich wie der letzte Depp wirken musste.

»Komm rein«, meinte sie und trat zur Seite, damit ich über die Türschwelle treten konnte.

Hatte ich schon erwähnt, dass ich nervös war?

Kaum hatte Harper die Tür geschlossen, schlüpfte ich aus meinen Schuhe und der Jacke und folgte Harper nach oben in ihr Zimmer.

Die Tatsache, dass ich schon mal bei ihr gewesen war, spielte kaum eine Rolle, denn ich fühlte mich genauso unsicher wie beim ersten Mal. Doch das Schlimmste daran? Harper schien das genaue Gegenteil zu sein. Sie war selbstsicher, ihr Lächeln wirkte nicht wie festgetackert und zudem sah sie in dem Pulli echt fantastisch aus.

Greatest PretendersWo Geschichten leben. Entdecke jetzt