Ich wandte mich von ihm ab und widmete mich stattdessen unserem Toaster. Aus der Tüte daneben griff ich zwei Scheiben heraus und steckte sie kurzerhand in den Röster. Noch den Hebel hinunter gedrückt und schon begann der kleine Apparat zu brummen. Ich hatte Dad schon um die tausend Mal gesagt, dass wir dringend einen neuen benötigten, doch dieser weigerte sich strikt dagegen. Allerdings konnte man es ihm nicht verübeln. Der Toaster war einer der ersten Gegenstände, den er und Mom sich damals angeschafft hatten für ihre erste eigene Wohnung.
Sie hatten sich bereits damals in der Highschool kennengelernt. Als Mom ihren Spind nicht aufbekommen hatte, hatte Dad ihr geholfen und irgendwie waren zwischen den beiden die Funken geflogen. Dad erzählte mir diese Geschichte jedes Jahr an ihrem Hochzeitstag und ließ dabei keines der noch so kleinen Details aus. Er erzählte von dem Funkeln in Moms Augen, von dem schüchternen Lächeln und den großen nussbraunen Augen, denen er auch in meinem Gesicht begegnete. Selbst nach all den Jahren war er noch immer so verliebt wie am ersten Tag. Umso tragischer war es, dass Mom vor mehr als zehn Jahren an einer Lungenentzündung verstorben war. Sie hatte schon immer ein schwaches Immunsystem gehabt und war stetig krank geworden. Selbst eine schlichte Erkältung hatte meistens dazu geführt, dass sie für zwei Wochen nicht arbeiten konnte und nur im Bett lag. Die Lungenentzündung war dann zu viel für ihren Körper gewesen.
Als sie verstarb war ich gerade einmal fünf Jahre alt gewesen. Demnach hatte ich kaum Erinnerungen an meine Mom, doch die Wenigen, die ich besaß, waren ausschließlich gut.
Nach alldem war es also verständlich, dass Dad mit dem Toaster Erinnerungen verband und ihn deswegen nicht hergeben wollte. Dennoch würde er sich über kurz oder lang mit der Idee eines neuen Toasters anfreunden müssen. Andernfalls würde wir irgendwann keinen mehr haben.
Wenn man vom Teufel sprach. Der Toaster meldete sich wieder zu Wort und beförderte die Brotscheiben zurück an die Oberfläche. Versucht mich nicht an dem Toaster zu verbrennen, fischte ich die Scheiben heraus und schmiss sie auf den Teller vor mir. Frustriert starrte ich auf die schwarzen Flecken. Noch ein Grund den Toaster auszutauschen: er hatte eine unverhältnismäßige Vorstellung von Stufe eins.
Doch welche Argumente ich auch vorbringen würde, sie würden das gleiche bewirken wie wenn ich gegen eine Steinmauer laufen würde. Und zwar nichts – außer unnötig aufgewandte Energie.
Also bestrich ich stattdessen die Toastbrotscheiben dick mit Butter und Marmelade, damit die verkohlten Stellen verschwanden, und verzog mich damit nach oben in mein Zimmer. Ich pflanzte mich auf meinen Schreibtischstuhl, platzierte einen Fuß auf der Sitzfläche und klappte meinen Laptop auf. Und prompt ploppte eine Nachricht in der oberen rechten Ecke auf und teilte mir mit, dass ich eine neue E-mail hatte – von Lavinia Jones. Genervt entfuhr mir ein Stöhnen. Sie war die Schulsprecherin, hatte überall ihre Nase drin und liebte es Spendenaktionen zu organisieren. Dummerweise war sie auf unergründliche Weise an meine E-Mail Adresse gekommen und hatte mich damit in ihre Mailing–Liste aufgenommen. Stark zum Leidtragen meinerseits, denn seitdem bekam ich mindestens einmal die Woche eine Nachricht von ihr zugeschickt, in der sie uns mitteilte, welche Veranstaltung als nächstes anstatt. Nach der zweiten E-Mail hatte ich aufgehört sie zu lesen. Demzufolge las ich sie mir diesmal auch nicht durch und verbannte sie stattdessen in den Papierkorb.
Die E-Mail war schon beinahe aus meinem Kopf verschwunden, als ich meine Musikbibliothek öffnete und auf »zufällige Wiedergabe« klickte. Und als hätte das Schicksal es gewusst, spielte der Laptop kurz darauf eines meiner absoluten Lieblingslieder. Mit einem breiten Grinsen auf dem Gesicht erhob ich mich und löste das Handtuch von meinem Kopf. Leise summte ich die Melodie des Liedes mit, während ich nach der Bürste griff und mit dieser durch meine Haare fuhr.
Als mein Blick jedoch hinüber zu meinem Wecker wanderte, riss ich erschrocken die Augen auf und ließ die Haarbürste zu ihrem alten Platz zurückkehren. Ich eilte ins Bad und föhnte mir dort in rasender Geschwindigkeit die Haare. Danach rannte ich zurück ins Zimmer, stülpte mir eine Mütze über den Kopf und sprintete bereits kurz darauf die Treppe nach unten, ehe ich meine Füße in die Boots verfrachtete und mir meine gefütterte Jeansjacke über die Schultern warf.
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Greatest Pretenders
Ficção Adolescente* E I S H O C K E Y - R E I H E | B A N D 1 * »Weißt du eigentlich, dass ich dermaßen auf dich stehe, Harper? So dermaßen.« Während Harper Dewey ihrem Golden Retriever Rüden all ihre Geheimnisse verrät und aus Comicbüchern vorliest, ist Sullivan...