S u l l i v a n

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Seufzend zog ich den Schlüssel aus dem Zündschloss, schnappte mir meine Tasche und schwang mich aus dem Wagen. Der Tag heute war besser verlaufen als ich es mir in meinen kühnsten Träumen hätte vorstellen können. Ich hatte gleich zwei Umarmung von Harry kassiert und das machte mich wohl mit Abstand zum glücklichsten Menschen auf diesem Planeten.

Mit einem Lächeln steckte ich meinen Haustürschlüssel ins Schloss und trat ein. Augenblicklich empfing mich eine kuschelige Wärme.

»Bin Zuhause!«, rief ich und kickte mir die Schuhe von den Füßen, während meine Jacke ihren Weg an den Kleiderhaken fand. Ich wollte gerade nach oben verschwinden, als Eddie im Küchentürrahmen erschien.

»Hey, wo warst du?«, fragte sie mich und trocknete sich ihre Hände an einem Geschirrtuch ab.

»Ich hab Harper noch nach Hause gefahren«, erwiderte ich ohne zu zögern und wünschte mir bereits im nächsten Moment es nicht getan zu haben. Denn statt einfach darüber hinwegzugehen, sah mich Eddie musternd an.

»Was?«

»Bring diese Harper doch mal mit«, meinte Eddie und jagte mir damit sofort einen kalten Schauer über den Rücken. Ich hätte ahnen müssen, dass es hierzu kommen würde.

»Wieso?« Meine Stimme überschlug sich beinah und mein Herz stolperte. Wenn Harry hierherkam, wird sie alles erfahren. Sie wird herausfinden, dass ich nicht bei meinen Eltern wohnte und die Wahrheit wissen wollen.

»Weil ich deine Freundin kennenlernen will«, lachte Eddie und kehrte wieder zurück in die Küche. Sie dachte wohl, dass diese Unterhaltung abgehakt war, doch für mich war sie das noch lange nicht. Ich musste verhindern, dass Harper jemals dieses Haus betrat. Und ja, ich wusste wie absurd das klang. Aber für den Moment wollte ich die Illusion aufrecht erhalten, dass alles gut war. Ich wollte nicht mit der Realität konfrontiert werden.

»Sie ist nicht meine Freundin.« Ich folgte ihr und blieb im Türrahmen stehen.

»Sully.« Sie drehte sich für einen Moment zu mir und sah mich mit einem eindringlichen Blick an, bevor sie sich wieder dem Topf vor sich widmete. »Erst übernachtest du bei ihr und jetzt fährst du sie nach Hause. Was–«

»Sie ist nicht meine Freundin.« Noch nicht. Ich kniff meine Augen zusammen und hätte meine Stirn für diesen Gedanken am liebsten auf die Tischplatte geknallt.

»Okay, aber ich möchte sie trotzdem kennenlernen«, hielt Eddie wacker dagegen. Ein genervtes Stöhnen konnte ich mir nicht mehr verkneifen.

»Muss das sein?«

Kaum hatte ich diese Worte ausgesprochen, fuhr Eddie herum. »Jetzt hörmal!« Sie machte einen Schritt auf mich zu und fuchtelte mit ihrem Kochlöffel wie wild vor meiner Nase herum. »Stell dich doch nicht so an.«

Ich legte meinen Kopf seufzend in den Nacken und schloss für einen Moment meine Augen. »Eddie, jetzt wirklich–«

»Du lädst sie Samstag zum Essen ein, basta«, fiel sie mir mitten ins Wort. Sie kehrte mir wieder ihren Rücken zu und ließ mich mit offenem Mund zurück.

Fuck.

Murrend machte ich auf dem Absatz kehrte und stampfte die Treppe nach oben.

Ich wusste schon jetzt, dass diesen Abendessen kein gutes Ende nehmen wird. Eigentlich wollte ich ja, dass Eddie und Thomas Harper kennenlernte. Sie werden sie lieben, das stand außer Frage. Aber ich hatte unbändigen Schiss davor, was Harry sagen wird. Vielleicht wird sie es mich nicht vor Eddie und Thomas fragen, aber sie wird definitiv wissen wollen, wer die beiden waren. Denn dass sie nicht meine Eltern waren, erkannte man schnell.

Greatest PretendersWo Geschichten leben. Entdecke jetzt