H a r p e r

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Mit offenen Augen und wachem Blick starrte ich an die Decke meines Zimmer. An genau die Stelle, an die einst die leuchtenden Klebesterne befestigt waren. Doch nun fehlten sie und mit ihnen die Geborgenheit, die sie mir immer geboten hatten. Ich fühlte mich allein und verloren. Überfordert mit dem beklemmenden Gefühl in meiner Brust und den kreisenden Gedanken in meinem Kopf.

Wieder hatte ich einen gehabt.

Es war schon der zweite die Woche gewesen und die Angst, dass sie nun wieder häufiger auftreten würden, stieg in mir. Ich wollte keine Albträume haben. Ich wollte diesen grausamen Tag nicht immer und immer wieder erleben müssen. Ich wollte nicht die Szenarien durchleben, vor denen ich mich damals so sehr gefürchtet hatte.

Ich atmete tief aus und nahm das Handy, das auf meiner Brust lag, wieder in die Hand. Ein Drücken auf den Sperrknopf und schon leuchtete mir die Uhrzeit entgegen.

03:29

Es war mitten in der Nacht. Ich war hundemüde und traute mich doch nicht meine Augen erneut zu schließen. Die Furcht in mir, dass all die grausamen Bilder zurückkehrten, war zu groß.

Ich nutzte all meine Kraft, um meine Augen offen zu halten, und zuckte jedes Mal erschrocken zusammen, wenn sie sich langsam schlossen. Die Anspannung in mir erschöpfte mich, machte mich immer müder und müder und so war es nur eine Frage der Zeit bis ich den Kampf verlieren würde.

Denk an irgendwas anderes. Denk an was Schönes. Denk an...

Sully.

Sofort bogen sich meine Mundwinkel nach oben. Es war zugleich ein erschreckender sowie schöner Gedanke, dass ausgerechnet er mir in den Sinn kam. Doch die Zeit mit ihm gestern war zu gut gewesen, als dass ich mir nicht eingestand, dass ich seine Anwesenheit genoss.

Ihn und sein Grinsen, das sich über sein ganzes Gesicht zu erstrecken schien. Seine Art, die fast immer vor Lebensfreude und Glückseligkeit strahlte. Seine Stimme, so warm und verständnisvoll.

Das Lächeln auf meinem Gesicht wurde unmerklich größer.

Und ehe ich mich versah, wurden meine Augenlider immer schwerer und schwerer bis meine Augen vollends geschlossen waren. Ich fiel geradezu in den Schlaf. Doch statt an Sully dabei zu denken, suchten mich nur wieder die Albträume heim. Sie überfielen mich, quälten mich und sorgten die ganze Nacht bei mir für ein ständiges Aufwachen und wieder Einschlafen. Es war die reinste Tortur.

Und leider zog sich die Schlaflosigkeit durchs ganze Wochenende und ließ mich am Montag mit endloser Müdigkeit zurück. Ich hatte das Gefühl im Stehen einschlafen zu können.

Doch schlimmer als das war eigentlich die Angst davor in die Schule zu gehen. Was wenn mich auch dort die Bilder der Erinnerungen einfach so überfielen? Wenn ich eine Attacke bekommen würde und völlig hilflos wäre? Zurzeit war es unmöglich die Attacken vorherzusagen. Sie kamen einfach und zwar wie sie wollten.

»Wieder schlecht geschlafen?«, fragte mich Dad, als ich gefolgt von Buttons die Küche betrat. Während er sich sofort unter den Tisch verkrümelte und weiterdöste, schüttete ich mir einen Tee auf. Hunger hatte ich eigentlich keinen.

Auf Dads Frage nickte ich nur. Er wusste genau, wie es mir ging, wovon ich geträumt hatte und dass ich nicht zur Schule gehen wollte. Und das akzeptierte er, schließlich wusste er genauso gut wie ich, wie böse es ausgehen konnte. Er hatte mich schon mal von der Schule abholen müssen, weil ich mich wegen einer Attacke auf der Toilette eingeschlossen hatte.

Während ich darauf wartete, dass das Wasser heiß wurde, lehnte ich mich mit dem Rücken gegen die Theke und beobachtete Dad dabei, wie er an seiner Tasse schlürfte. Ich holte mein Handy aus der Tasche meines Pullovers, entsperrte es und öffnete den Chat mit Sully.

Greatest PretendersWo Geschichten leben. Entdecke jetzt