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Am nächsten Tag ging ich nach meiner Schicht im Café noch eine Runde joggen. Es war ein herrlich sonniger Tag und die Stadt zeigte sich von ihrer schönsten Seite. Ich genoss es, durch die alten engen Straßen von Charleston zu laufen. Obwohl ich mich immer noch nicht so richtig zu Hause fühlte, liebte ich doch die Schönheit dieser Stadt.
Irgendwann bemerkte ich, dass es immer heißer wurde. Die Sonne brannte auf mich herunter und ich bekam Durst. Ich schlug daher, früher als geplant, den Weg zurück zum Haus ein. Dort holte ich mir zuerst einmal ein großes Glas Wasser aus der Küche und setzte mich völlig außer Atem auf die Treppenstufen vor dem Haus. Gott sei Dank war es hier schön schattig. Ich wollte mich nur noch ein bisschen ausruhen, bevor es mit den Renovierungsarbeiten weiter ging. Leider konnte mir Cole an diesem Tag nicht helfen, da seine Mutter Geburtstag hatte.
Eigentlich war ich viel zu müde und hatte überhaupt keine Lust, die Wände zu streichen. Doch ich wollte das Haus so schnell wie möglich wieder auf Vordermann bringen. Das war ich meiner Großmutter irgendwie schuldig. Ich seufzte bei dem Gedanken an ihr gütiges Lächeln. Ich vermisste meine Oma.
Für einen kurzen Moment schloss ich die Augen und versuchte mich an ihren Duft zu erinnern. Es war der vertraute Duft ihrer Rosenseife, der sie stets umhüllt hatte. Ich atmete tief durch, um meine Tränen zurück zu halten.
Gerade als ich einen weiteren Schluck Wasser nahm, hörte ich eine Stimme, die mir bekannt vorkam.
„Missy! Missy! Komm hierher! Missy!"
„Ach, sieh an!", dachte ich, „Wenn das mal nicht Baseballmützen-Matt ist!", ich verdrehte die Augen. Ich hatte offensichtlich keine Chance, diesem Typen zu entkommen. Warum musste er auch ausgerechnet in meiner Nachbarschaft wohnen?
Ich schaute bewusst in die entgegengesetzte Richtung und tat so, als hätte ich ihn nicht bemerkt. Doch eigentlich war das lächerlich, denn er war ja nicht zu überhören. Immer wieder rief er den Namen seines ungezogenen Köters.
Ich kicherte leise. Das Hündchen war wohl abgehauen. Naja, ich an der Stelle des Hundes hätte mich auch lieber aus dem Staub gemacht, bei dem Herrchen.
„Missy! Komm schon! Hierher!", rief Matt.
Genervt schaute ich weiterhin bewusst in die andere Richtung.
„Vielleicht sollte ich besser rein gehen, bevor er mich noch anspricht.", dachte ich. Mir steckte die Blamage des vorherigen Abends noch ziemlich in den Knochen. Ich ärgerte mich darüber, dass ich so dumm vor Matt und seinen Jungs dagestanden hatte. Aber irgendetwas war da, das mich total nervös machte, immer wenn ich in seiner Nähe war. So wie in diesem Moment, denn gerade als ich aufstand, um nach drinnen zu gehen, fiel mir beinahe mein Glas Wasser aus der Hand. Gott sei Dank bekam ich es gerade noch zu fassen.
„Ähhhmmm, Entschuldigung! Hey, Du!", aus den Augenwinkeln sah ich, wie Matt über den Gartenzaun lehnte, „Du, sag mal, Prinzessin!"
„Er wagt es mich so zu nennen! Was soll das?", ich spürte wie ich schon wieder kochte vor Wut. Dieser Kerl provozierte mich doch mit Absicht, dessen war ich mir sicher, „Nur nicht hinsehen, Katharina, der Typ ist es nicht wert! Beachte ihn nicht!", befahl ich mir selbst.
„Sag mal, hast Du meinen Hund gesehen? Missy ist mir abgehauen und irgendwie fühlt sie sich zu Deinem Haus hingezogen. Da dachte ich, dass sie vielleicht hier vorbei gekommen ist."
Ich blickte weiterhin stur in die andere Richtung.
„Hey, ich rede mit Dir. Hallo! Prinzessin!"
Ich spürte wie ich vor Wut rot anlief. Fest presste ich meine Lippen aufeinander, aber dann brach es doch aus mir heraus:
„Was soll das?", schrie ich ihn an, „Wer hat Dir erlaubt, mich so zu nennen? Das ist unverschämt!"
Matt wich ein Stück vom Zaun zurück und zog verlegen am Schirm seiner Basecap. Seine großen, dunklen Augen blickten mich verstört an. Diese mysteriösen Augen, die so unergründlich schienen und in die ich mich gerade verlor.
„Oh nein! Nein!", dachte ich und schüttelte angewidert den Kopf, „Das darf doch nicht wahr sein!", ich musste es mir selbst eingestehen, dass mein Herz schneller schlug, wenn mich diese Augen anblickten.
„Bitte...bitte entschuldige, ich wollte Dich nicht, Prinzessin. Also, ich kenne Deinen Namen gar nicht und Du siehst aus wie eine Prinzessin, deshalb dachte ich...aber wenn Dir das nicht recht ist...ich meine..also.."
Verdutzt sah ich ihn an. Warum schien er auf ein Mal so nervös zu sein? Sogar fast eingeschüchtert wirkte er in diesem Moment. Das war nicht der Matt, der mich gestern nach unserer kurzen Unterhaltung schlichtweg ignoriert hatte.
„Katharina!"
„Was?", er nahm die Mütze vom Kopf und fuhr mit einer Hand durch sein gewelltes Haar.
„Ich heiße Katharina Madden."
Er lächelte. Da war sie wieder, die kleine Lücke zwischen seinen Schneidezähnen. Ich starrte auf den Boden, denn er sollte nicht bemerken, dass ich bei seinem Anblick weiche Knie bekam.
„Freut mich, Kat. Mein Name ist Matt Connor. Ich wohne hier ganz in der Nähe. Du bist noch nicht so lange in der Stadt, stimmt's?"
Ich nickte wortlos und beschloss, für den Moment darauf zu verzichten, ihm klar zu machen, dass ich Abkürzungen meines Vornamens nicht leiden konnte.
„Hast Du zufällig Missy gesehen? Ich mache mir große Sorgen um sie. Sie ist noch ein Baby und da hinten kommt ein Unwetter.", er deutete zum Himmel.
Jetzt bemerkte ich erst die dunklen, dicken Wolken, die sich zusammenbrauten und den auffrischenden Wind.
„Sie hat furchtbare Angst bei Gewitter. Ich muss sie so schnell wie möglich wieder finden."
„Ich...ich habe Missy nicht gesehen, tut mir leid.", mein Tonfall klang immer noch sehr abweisend. Ich versuchte meine Nervosität mit aller Gewalt zu überspielen.
Matt schien zu verstehen, dass es besser wäre, mich in Ruhe zu lassen:
„Oh, okay, Danke Kat. Ich werde dann mal nach ihr suchen. Tut mir leid, dass ich Dich gestört habe.", er sah mich mit einem Ausdruck in seinen Augen an, der mich stutzig machte. Da war plötzlich etwas Verletzliches in seinem Blick.
Er war bereits im Begriff zu gehen, als ich ihm nach rief:
„Warte! Ich komme mit!"
- Fortsetzung folgt-Vielen lieben Dank für Eure Votes und Kommentare, über die ich mich immer sehr freue! Eure Yvi

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Loving You
Romance**************Abgeschlossen*************************************************************** Nachdem sie das Haus ihrer verstorbenen Großmutter geerbet hat, zieht Katharina Madden von New Jersey nach Charleston, South Carolina. Nach einer zerbrochenen...