LOVING YOU - 13

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„Du kommst zu spät! Das dulde ich hier nicht! Mach, dass Du an die Arbeit kommst!", Grace zog an ihrer Zigarette. Ihre Augen blitzten mich durch den Rauch hindurch wütend an.

„Es tut mir leid, Grace. Ich hatte noch zu tun. Es war ein Notfall."

„Erzähl mir nichts, Du nichtsnützige Schnepfe! Gestern hast Du auch den Tresen nicht sauber genug gewischt. Heute morgen habe ich Fettflecken auf dem Glas entdeckt. Das machst Du jetzt einfach nochmal. Hast Du verstanden?"

Ich kochte vor Wut. Sollte ich mir das noch weiter gefallen lassen? Wütend donnerte ich meine Tasche in die Ecke und legte meine Schürze um.

„Wenn Du mit dem Tresen fertig bist, muss der Fußboden geschrubbt werden und zwar blitzblank! Ist das klar?", Grace verschränkte die Arme vor ihrer Brust während die dampfende Zigarette locker in ihrem Mundwinkel hing.

„Das gehört nicht zu meinen Aufgaben!", protestierte ich lautstark, „Dafür hast Du eine Putzfrau eingestellt. Ich arbeite im Service und nicht als Putzhilfe!"

Plötzlich packte mich Grace am Arm und schnaubte mir den stinkenden Zigarettenrauch ins Gesicht: „Du hast hier nicht zu entscheiden, was Du zu tun hast. Ich bin der Boss und Du tust jetzt gefälligst was ich Dir sage!"

„Nein!", ruckartig befreite ich mich aus ihrem Griff, „Das lasse ich mir nicht länger gefallen. Du behandelst mich wie Deinen Sklaven! Damit ist jetzt Schluss!"

Grace sah mich zuerst erstaunt an, dann grinste sie abschätzig: „So? Was willst Du dagegen tun? Kündigen etwa?", sie nahm erneut einen tiefen Zug von ihrer Zigarette.

„Ja, genau das tue ich jetzt! Ich kündige!", ich nahm meine Schürze ab und warf sie Grace vor die Füße. Dann schnappte ich meine Tasche und ging.

„Du wirst schon sehen was Du davon hast, Du kleines Miststück!", rief sie hinter mir her, „Wer wird Dich schon einstellen. Du taugst doch zu gar nichts!"

„Das werden wir ja sehen!", rief ich und während ich ihr bereits den Rücken zugewandt hatte, streckte ich meinen Mittelfinger in die Luft.

„Ich warne Dich, Du Früchtchen. Ich kenne die meisten Geschäftsleute in der Stadt. Ich werde dafür sorgen, dass Du keinen Job mehr bekommst. Dann bist Du am Arsch!"

Ich reagierte nicht mehr auf Grace's Gemeinheiten und schlug die Türe des Ocean hinter mir zu. Auf der Straße atmete ich zuerst ein mal kräftig durch. Es war ein sehr befreiendes Gefühl.

„Das hätte ich schon viel früher tun müssen.", dachte ich.

Mit gemischten Gefühlen stieg ich in meinen Mustang und fuhr die Straße hinunter. Doch je weiter ich mich vom Ocean entfernte, umso lauter wurden die Zweifel in mir. War das gerade eine leere Drohung oder meinte Grace im Ernst, was sie mir da gerade nachgerufen hatte? Was wenn sie tatsächlich so einen großen Einfluss in der Stadt hatte und ich keinen Job bekommen würde? Ich musste doch irgendwie die Kosten für die Renovierung des Hauses aufbringen, ganz zu schweigen davon, was das alltägliche Leben in einer Stadt wie Charleston kostete. Alles war so teuer und ich kratzte Woche für Woche jeden Dollar zusammen, den ich nur kriegen konnte.

Da fielen mir die Worte meines Dad's ein, die er mir am Tag meiner Abreise ans Herz gelegt hatte: „Melde Dich wenn Du in Schwierigkeiten bist oder Geld brauchst. Wir sind immer für Dich da."

Doch eigentlich wollte ich die Hilfe meiner Eltern nicht annehmen. Ich hatte es mir zum Ziel gesetzt, selbst klar zu kommen. Aber in diesem Moment musste ich mit irgendjemanden darüber reden. Also wählte ich die Nummer meiner Eltern. Ich hatte plötzlich schlimmes Heimweh nach New Jersey.

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