LOVING YOU - 26

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Matt's Augen hatten auf ein Mal diesen schmerzerfüllten Ausdruck, den ich vorher noch nie bei ihm gesehen hatte. Er schüttelte den Kopf und vergrub das Gesicht in seinen Händen:

„Meine Mom ist in großen Schwierigkeiten, Kat.", schluchzte er.

Es brach mir das Herz als ich ihn ansah und dicke Tränen über seine Wangen flossen.

„Erzähl mir alles.", ich strich mit meinen Händen durch seine Haare und küsste seine Stirn. In diesem Moment wünschte ich mir nichts sehnlicher, als dass ich seine Sorgen einfach wegküssen konnte. Doch so einfach schien es leider nicht zu sein.

Sein verzweifelter Blick traf mich mitten ins Herz. Er hielt kurz inne, dann wischte er sich die Tränen aus dem Gesicht und atmete tief durch. Seine Stimme brach immer wieder ab, als er anfing zu erzählen.

„Nachdem mein Dad in Afghanistan hinterrücks ermordet worden war, fühlte sich meine Mom von ihm im Stich gelassen. Damals war schon klar, dass Jessie Hilfe brauchte. Wir hatten zwar die Diagnose Schizophrenie noch nicht, aber wir vermuteten eine ganze Weile vorher schon so etwas. Jessie wurde immer schwieriger und machte regelmäßig Ärger."

„Wie hat sich das denn geäußert?", ich zog Missy zu uns auf die Couch. Sie hatte gespürt, dass es Matt gerade nicht gut ging und kratze mit ihrer Pfote so lange an meinem Bein, bis ich schließlich nachgab. Kaum war sie oben, drückte sie ihren kleinen Körper an Matt, als wollte sie ihn trösten.

Matt rang nach Luft. Mit mir darüber zu sprechen schien ihn enorm anzustrengen. Er war von seinen Gefühlen sichtlich überwältigt.

„Jessie bildete sich ständig irgendwelches Zeug ein. Er haute öfter von zu Hause ab und stellte irgendetwas an. Mal beging er Ladendiebstahl, dann sprach er dauernd Leute auf der Straße an und warnte sie vor einer herannahenden Apokalypse. Sehr oft saß er betrunken hinter dem Steuer und hätte beinahe die kleine Tochter unserer Nachbarn überfahren."

„Oh mein Gott!", ich schlug entsetzt die Hand vor meinen Mund.

„Mom war damit komplett überfordert. Sie nahm immer mehr Drogen. Ich habe versucht, sie davon abzubringen, doch sie hörte nicht auf mich. Ich wollte mich um beide kümmern, doch...doch...ich habe versagt, Kat. Ich habe es einfach nicht geschafft!", er schluchzte herzzerreißend. Ein eiskalter Schauer lief mir über den Rücken. Es war einfach nur schrecklich zu erfahren, was Matt alles durchgemacht hatte. Mein Magen zog sich zusammen, als ich meine Tränen nun ebenfalls nicht mehr zurückhalten konnte.

Matt legte seine Arme um meinen Oberkörper und schmiegte seinen Kopf an meinen Bauch. Ich strich ihm zärtlich durch die Haare.

„Es tut mir unendlich leid, Matt. Was kann ich nur für Dich tun?"

„Alex und Jonathan helfen mir dabei, sie zu finden."

„Du meinst Deine Mom?"

Matt nickte: „Nachdem Sie einfach von zu Hause verschwunden war, machte ich mich auf die Suche nach ihr und ich hatte sie sehr bald gefunden. Sie ist in die Hände einer kriminell organisierten Bande geraten, die sie mit noch mehr Drogen geködert und sie schließlich zur Prostitution gezwungen haben."

Mir stockte der Atem. Ich konnte nicht glauben, was ich da gerade gehört hatte.

„So etwas gibt es? Ich dachte, das fällt nur irgendwelchen Drehbuchautoren für schlecht gemachte Krimis ein."

„Du ahnst ja gar nicht wie oft ich mir schon gewünscht habe, dass alles nur ein schlechter Film sei. Doch es ist die verfickte Wahrheit, Kat. Die haben sie mit Drogen vollgepumpt und auf den Straßenstrich geschickt. Das ist nicht wie in der Agentur. Der Straßenstrich ist ein schmutziges Gewerbe. Dort sind Vergewaltigungen an der Tagesordnung. Im Escort Service erledigt man seinen Job meistens in einer angenehmen Umgebung. Auf der Straße werden diese Frauen einfach hinter die nächste Mülltonne gezerrt und glaube bloß nicht, dass die dort Kondome verteilen. Jeder dahergelaufene Schweinehund steckt seinen dreckigen Schwanz in meine Mutter. Im besten Fall merkt sie es noch nicht einmal, weil sie so zugedröhnt ist."

Ich starrte Matt wortlos und mit offen stehendem Mund einfach nur an. Ich brachte kein Wort mehr heraus. So etwas hatte ich noch nie zuvor gehört. Matt sah mir in die Augen. Ich wollte ihm irgendetwas tröstendes sagen, doch es fiel mir einfach nichts sein.

Er senkte den Kopf als er fortfuhr: „Ich habe diese Dreckskerle aufgespürt und versucht, meine Mom da rauszuholen. Sie wollte nicht mit mir mitkommen. Kannst Du Dir das vorstellen, Kat? Sie war so stoned, dass sie mich noch nicht mal erkannt hat.", dann schüttelte er wieder verzweifelt den Kopf. Missy winselte leise, als sie ihn schluchzen hörte. Es war einfach nur furchtbar, ihn so zu sehen. Ich fühlte mich hilflos und schuldig zugleich, weil ich die ganze Zeit über keine Ahnung gehabt hatte. Angestrengt überlegte ich, wie ich ihm helfen konnte.

„Die Kerle haben es geschnallt und verfolgen mich seither. Mittlerweile weiß ich zu viel über ihr dreckiges Geschäft. Deshalb schicken sie immer wieder ihre Schlägertrupps los, um mir Angst einzujagen."

„Moment mal! Waren die das, die Dich vor ein paar Tagen verprügelt haben?", Matt nickte wortlos, „Aber denen muss man doch das Handwerk legen!", ich spürte die aufkommende Wut in mir, „Du kannst Dir das doch nicht gefallen lassen. Zeig sie an, diese Schweine! Die würde ich hochgehen lassen!"

Matt schloss für einen kurzen Moment die Augen: „Die haben gesagt, dass sie sie umbringen werden, wenn ich zur Polizei gehe.", ich bemerkte, wie sein Körper begann zu zittern. Ich drückte ihn fester an mich, in der Hoffnung ihm damit etwas Beruhigung zu verschaffen.

„Oh mein Gott! Oh mein Gott!", ich hatte Mühe, das alles zu verarbeiten.

„Mittlerweile ist Mom auch nicht mehr in der Stadt. Sie haben sie irgendwohin gebracht. Alex und Jonathan helfen mir, sie zu finden. Doch seit Monaten gibt es weit und breit keine Spur von ihr. Wir haben jede Stadt, jeden Ort nach ihr abgesucht und geraten dabei immer tiefer ins Kreuzfeuer dieser Bande. Mittlerweile habe ich nicht nur Angst um das Leben meiner Mom, sondern auch um unser eigenes Leben. Ich weiß noch nicht mal, ob sie noch lebt. Aber ich werde nicht aufgeben, bevor ich Gewissheit habe."

„Wie geht es Jessie dabei?", ich bewunderte Matt, dass er nicht schon komplett durchgedreht war bei dem ganzen Druck und der Angst, mit denen er leben musste.

„Jessie weiß genau was abgeht. Er hat es alles mitbekommen. Gott! Ich habe so sehr versucht, mich um ihn zu kümmern. Doch es war nicht zu schaffen. Er war eine Gefahr für sich und für andere. Ich musste ihn in diese Einrichtung geben, Kat. Das musste ich!", weitere Tränen flossen aus seinen dunklen Augen.

„Oh nein! Du musst Dich doch nicht rechtfertigen, Matt. Du hast getan, was Du konntest. Er ist sicher besser dort aufgehoben, als hier.", ich nahm sein Gesicht in meine Hände und küsste ihn zärtlich, „Du hast das Richtige getan."

Matt schloss die Augen. Ich konnte sehen wie sehr er darunter litt, seinen Bruder weggegeben zu haben.

„Was ist heute Abend passiert, Matt? Ich habe gehört, dass Jessie abgehauen ist."

„Ja, er hat natürlich mitbekommen, dass die Jungs und ich nach Mom suchen. Er will sie auch finden. Es ist seltsam, er wird von den Bahngleisen, unten am Maine River magisch angezogen. Er ist davon überzeugt, dass sie eines Tages mit dem Zug zurück kommen wird. Seit die Ärzte die Beruhigungsmittel reduziert haben, haut er ständig ab."

Das alles machte mit sehr traurig und ich hatte keine Ahnung, wie ich Matt helfen konnte, doch eine Sache wusste ich genau:

„Matt, ich möchte Jessie gerne kennenlernen!"

- Fortsetzung folgt- Klickt auf den Stern! Danke!!! Eure Yvi

Loving YouWo Geschichten leben. Entdecke jetzt