LOVING YOU - 49

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Richard Connor sah uns verwundert an: „Ich habe zwei Söhne. Welchen von beiden meint Ihr?"

„Eigentlich kennen wir beide.", warf Mel ein.

„Ja, aber im Moment geht es uns eher um Ihren Sohn Matt.", ich war immer noch sehr nervös und traute mich kaum, Matt's Vater in die Augen zu sehen.

Er schlug erschrocken die Hände vor sein Gesicht: „Oh mein Gott! Ist was mit Matt? Was ist passiert?"

„Nein! Nein! Es ist nichts passiert. Matt geht es gut.", versuchte ich ihn zu beruhigen und hoffte, dass es tatsächlich so war. Ich hatte ihn ja selbst eine ganze Weile weder gesehen noch gesprochen. Ich hatte eigentlich selbst keine Ahnung, wie es ihm gerade ging. Doch Mel's aufmunterndes Lächeln beruhigte sogar mich ein wenig.

„Ach bitte, kommt doch rein!", Mr. Connor hielt uns die Türe auf.

„Danke, sehr freundlich.", nervös wollte ich gerade eine Haarsträhne hinter mein Ohr klemmen, als ich völlig perplex feststellen musste, dass ich ja bereits seit längerem kurze Haare hatte. Ich stand offensichtlich komplett neben der Spur. Wenn ich Mel nicht dabei gehabt hätte, wäre ich wahrscheinlich gar nicht so weit gekommen.

„Oh, hallo. Wir haben Gäste?", eine sehr schlanke, große Frau kam auf uns zu. Sie hatte dunkle Haut und ihre afrikanische Anmut war einfach nur umwerfend. Ich wusste sofort, dass es Cole's Mutter war. Er sah ihr wie aus dem Gesicht geschnitten ähnlich.

„Paige, das sind Mel und...äähhmm...bitte entschuldige...wie war Dein Name nochmal?"

„Katharina, aber Freunde sagen Kat zu mir.", ich lächelte verlegen.

„Stell Dir vor, Mel und Kat scheinen Matt gut zu kennen."

„Aja?", Paige kam neugierig auf uns zu und schüttelte unsere Hände, „Es freut mich sehr, Freunde von Richard's Sohn kennen zu lernen. Wo kommt Ihr denn her?"

„Charleston!", „New Jersey!", antworteten Mel und ich gleichzeitig.

Richard kicherte: „Ihr müsst Euch endlich mal entscheiden. Charleston oder New Jersey?" Ich warf Mel einen strafenden Blick zu. Sie verstand und schwieg.

„Das ist eine lange Geschichte. Ich kenne übrigens auch Ihren Sohn.", sagte ich an Paige gewandt.

„Oh!", rief sie überrascht aus, „Das könnte tatsächlich eine längere Geschichte werden. Kommt! Setzt Euch! Kaffee?"

Wir nahmen die Einladung dankbar an. Richard Connor und Paige Stanford waren ein sehr attraktives Paar. Ich begann zu verstehen, weshalb er Maggy verlassen und sich Hals über Kopf in Cole's Mutter verliebt hatte. Die beiden schienen sehr glücklich miteinander zu sein. Ich war ziemlich aufgeregt, denn ich musste den beiden nun gleich mitteilen, dass ihre Entscheidung und ihr gemeinsames Glück leider viel Schmerz und Unglück für den Rest ihrer Familien bedeutete. Mel und ich schilderten die Ereignisse der letzten Wochen, in denen ich in Charleston bei Matt gelebt hatte. Richard und Paige waren sichtlich schockiert, als sie erfuhren, wie sehr Matt für den Erhalt der Familie kämpfte und welche Qualen Jessie in der psychiatrischen Einrichtung ertragen musste. Richard erzählte, dass Maggy bereits lange vor seiner Rückkehr aus dem Krieg drogenabhängig geworden war. Er hatte versucht, sie in einer Therapie unterzubringen, doch sie hatte sich geweigert. Als ich ihm erzählte, dass sie nach seinem Weggang einer kriminellen Zuhälter Bande in die Hände gefallen war, reagierte er dermaßen erschüttert, dass wir das Gespräch für ein paar Minuten unterbrechen mussten. Unter Tränen erklärte Richard, dass er immer an die große Liebe zu Maggy geglaubt hatte, sie aber nach seiner Rückkehr nicht wieder erkannt hatte. Sie war ein völlig anderer Mensch geworden.

„Tja, und da sagt man immer, dass der Krieg einen verändert. Bei uns war es wohl Maggy, die in einen Krieg mit sich selbst gezogen ist und offensichtlich verloren hat.", Richard senkte traurig den Kopf.

Ich legte meine Hand auf seine: „Kurz bevor ich von Charleston weg ging, haben Freunde von Matt Ihre Frau gefunden. Sie ist jetzt bei Matt, aber es geht ihr schlecht."

„Oh mein Gott!", Richard schüttelte ungläubig den Kopf, „Der arme Junge! Ich habe ihn im Stich gelassen. Und Du sagst, dass Jessie und Maggy ihn in dem Glauben gelassen haben, ich sei tot?"

Ich nickte und schämte mich fast ein bisschen dafür. Richard vergrub das Gesicht in seinen Händen: „Wenn ich das gewusst hätte. Ich wäre sofort nach Charleston gekommen und hätte meinen Jungen zu mir geholt. Stattdessen muss er sich schon seit Jahren völlig alleine durchschlagen. Hat er noch seinen Job im Restaurant? Mit dem was er dort verdient, kann er niemals alle Kosten bestreiten."

„Naja, er hat schon lange einen anderen Job.", sagte ich verhalten und bekam gleich darauf einen Hieb von Mel in die Seite. Als ich sie ansah, schüttelte sie den Kopf und sah mich eindringlich an.

„Was? Was ist? Spuckt es aus!", forderte Richard uns auf.

„Ich sag ihm jetzt alles.", sanft drückte ich Mel von mir weg, die mir schon beinahe den Mund zuhalten wollte. Aber ich war der festen Überzeugung, dass es fatal gewesen wäre, Richard in diesem Moment im Unklaren zu lassen, „Also Matt...Ihr Sohn...also Matt...er...äähhmm...also er hat mittlerweile einen sehr lukrativen Job."

„Oh ja? Wirklich?", Richard sah mich erwartungsvoll an.

„Ja, er arbeitet im Escort Gewerbe."

Plötzlich verfinsterte sich Richard's Miene. Er machte einen Gesichtsausdruck als hätte er gerade in eine Zitrone gebissen.

„Escort? Aber, aber das bedeutet...der Junge verkauft seinen Körper für Geld? Sag, dass das nicht wahr ist!"

"Moment mal!", meldete sich Paige zu Wort, "Escort bedeutet nicht gleich Sex. Es ist auch oft nur ein Begleitservice."

„Ich befürchte doch.", gab ich kleinlaut zu, „Aber Mr. Connor, es ist nicht so wie sie sich das womöglich vorstellen. Die Agentur arbeitet sehr professionell."

In Richard's Gesicht konnte ich erkennen, dass meine Ausführungen alles andere als zu seiner Beruhigung beitrugen. Mit einem gewaltigen Ruck erhob er sich vom Tisch.

„Das kann doch alles nicht wahr sein!", rief er verzweifelt, während Paige ihn liebevoll in ihre Arme schloss.

„Ich bin mir sicher, dass es nicht ganz so ist, wie Kat es gerade geschildert hat. Bitte reg Dich nicht auf, Liebling!"

Ich war von Richard's Reaktion zuerst völlig überrascht. Für mich hatte dieser Job immer noch nichts Abstoßendes oder Verwerfliches. Doch als mich Mel's vorwurfsvoller Blick traf, wurde mir klar, dass ich dabei offensichtlich eine große Ausnahme war. Erst jetzt verstand ich, dass ich diese Information wohl doch besser für mich behalten hätte.

Für eine Weile herrschte betroffenes Schweigen. Erst als sich Richard wieder beruhigt hatte, lud er uns ein, die Nacht bei ihm und Paige zu verbringen. Mel und ich akzeptierten dankbar, denn es war schon spät, und wir hatten tatsächlich keine Ahnung, wo wir die Nacht über unterkommen sollten.

„Gleich morgen früh kümmern wir uns um einen Flug nach Charleston." Ich freute mich, dass Richard bereit war, mit uns zu kommen. Mel und ich hatten unser Ziel erreicht.

Am nächsten Morgen herrschte im ganzen Haus hektische Betriebsamkeit. Richard telefonierte mit der Airline, während Paige gleichzeitig ihren Boss am Telefon hatte. Sie wollte uns unbedingt nach Charleston begleiten, um vor allem Cole wieder zu sehen. 

„Okay, ich habe Flugtickets.", verkündete Richard erleichtert, „Jetzt müssen wir nur noch unsere Koffer packen."

„Einen Mietwagen haben wir ja, mit dem wir zum Flughafen kommen.", stellte ich fest.

„Klasse! Hört zu Ihr beiden.", Richard nahm unsere Hände in seine, „Ich bin sehr froh, dass Ihr....", da klingelte es plötzlich an der Türe.

„Noch mehr Besuch?", fragte Paige überrascht und öffnete.

Wir erstarrten alle vor Schreck, als wir kurz danach ihren Aufschrei hörten:

„Matt?"

- Fortsetzung folgt-

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