LOVING YOU - 35

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Mel sagte zunächst nichts. Sie hatte kurz zuvor nochmals einen großen Bissen von ihrem Sandwich genommen und starrte mich nun mit vollen Backen an. Erst langsam und allmählich setzte das Kauen wieder ein. Dennoch sagte sie kein Wort. Keiner am Tisch sprach mehr. Es herrschte absolute Stille, die nur von Mel's schmatzenden Kaugeräuschen unterbrochen wurde. Matt saß mit gesenktem Kopf am Tisch und spielte nervös mit der Ketchupflasche. Hin und wieder sahen mich seine braunen Augen verunsichert an, was ich jedes Mal mit einem wütenden Blick quittierte. Dann richtete er seinen Blick wieder auf die Tischplatte.

„Mel, sag doch was! Das muss jetzt sehr überraschend für Dich sein, oder?". Ich versuchte, die erdrückende Stille zu beenden.

Sie schluckte den Bissen hinunter, wischte sich mit einer Serviette den Mund ab und seufzte zuerst einmal ziemlich laut. Ich richtete meinen Blick starr auf ihre Lippen, als hätte ich Angst auch nur eines der Wörter zu verpassen, die gleich aus ihrem Mund kommen würden. Mein Herz pochte wild und meine Handflächen waren feucht, so nervös war ich. Mir war bewusst, dass Mel mir so etwas niemals im Leben zugetraut hätte.

„Bitte entschuldigt mich!", Matt verdrehte genervt die Augen und ging aus der Küche.

Ich war irgendwie erleichtert, dass er mich mit Mel alleine ließ. Ich war wütend und ich hatte Angst, Mel würde mich gleich verraten. Kaum war Matt aus dem Raum gegangen, fing sie an wild mit ihren Händen zu gestikulieren.

„Was soll der Scheiß?", zischte sich mich an, „Du prostituierst Dich?", sie pfefferte ihr Sandwich, das sie die ganze Zeit über gehalten hatte, zurück auf den Teller.

„So würde ich das nicht sagen.", verteidigte ich mich.

„Aber was zur Hölle ist das denn sonst? Du bist eine Nutte!". Ich beobachtete wie Mel's Gesicht knallrot wurde, wie jedes Mal, wenn sie aufgeregt oder wütend war. In diesem Moment war wohl eher letzteres der Fall.

„Mel! Bitte, lass es mich Dir erklären!".

Doch sie schüttelte den Kopf: „Ich weiß nicht ob ich es hören möchte, Katharina. Wenn ich das Deinen Eltern erzähle...Dein Dad wird persönlich vorbeikommen und Dich abholen. Hat er Dich dazu gebracht? Zwingt er Dich dazu?"

„Matt? Nein, nein! Es war meine Idee und diese Agentur ist nicht das, was Du Dir vorstellst. Das ganze ist niveauvoll. Ich stelle mich ja nicht auf die Straße oder so. Die Kunden werden ausgesucht und es gibt Regeln, an die sich jeder halten muss. Wenn ich einen Job nicht machen will, muss ich es nicht tun. Also, alles gut!", ich versuchte zu lächeln, doch es sah wohl eher nach einem Gesichtskrampf aus.

„Aber warum um Gottes Willen tust Du sowas?", Mel fuhr sich mit beiden Händen durch ihre rote Mähne.

„Ich brauche Geld und es macht mir Spaß."

„Es macht Dir Spaß, mit wildfremden Männern ins Bett zu steigen und Gott weiß was mit denen zu machen?", sie war sichtlich fassungslos.

Ich nickte stumm und schämte mich das erste Mal dafür, seit ich den Job bei Grace angenommen hatte.

„Ich muss doch Grandma's Haus wieder aufbauen und Matt, also Matt's Bruder ist krank. Wir brauchen Geld für seine Therapie. Du hast ja keine Ahnung, wie viel Kohle so ein Abend einbringt. Es ist der Wahnsinn, Mel."

„Aber wenn Du Geld brauchst, warum fragst Du nicht Deinen Vater?"

„Ich will Daddy nicht fragen. Bitte erzähle Matt nichts davon, dass ich reiche Eltern habe. Er würde es nicht verstehen."

„Du lügst ihn also schon die ganze Zeit über an? Ich verstehe Dich nicht mehr Katharina. Der arme Kerl wäre vielleicht ganz froh, wenn er das Geld für seinen Bruder bekommen könnte. Dein Dad ließe bestimmt mit sich reden. Ich verstehe Dich wirklich nicht, ein Telefonanruf würde genügen, um...."

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