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Angespannt legte ich ihm eine Hand auf die Schulter. Vor mir saß Daichi und unterhielt sich mit Tanaka.
Der idiotische Glatzkopf hatte sich erdreistet und sich gewaffelt. Aus reiner Dummheit -die eigentlich durch Hinata passiert war- war der Außenangreifer die Treppe heruntergeflogen.
Seine Verletzungen waren zwar nicht gravierend, doch tat ihm eben der Rücken etwas weh, was auch kaum zu verdenken war.

Als es zum Abendessen in die Kantine ging, musste Hinata natürlich wieder rasen und vollkommen bescheuert die Treppe hochsprinten.
Dabei ist der Zwerg tatsächlich mal gestolpert. Zu seinem Unglück ist er hinterrücks am Fallen gewesen, wurde jedoch von Tanaka hektisch nach oben geworfen, worauf der Retter aber auch das Gleichgewicht verloren hatten und dann anstatt des Winzlings zu fallen begann.
Tanaka hatte niemand mehr auffangen können, weshalb er qualvoll fünf Stufen weiter unten gelandet war.
Zum Glück hatte er sich nichts gebrochen oder gar irgendetwas aufgerissen. Zwar hatte er Kopfschmerzen, aber auch keine Gehirnerschütterung. Sein Rücken war wirklich etwas zerstört und er hatte sich während dem Fall die Unterlippe aufgebissen.
Das waren alles nur kleinere Verletzungen, weshalb er höchstwahrscheinlich morgen auch wieder spielen könnte – falls dann doch nicht, würde Ennoshita einfach einspringen, damit er auch mal wieder etwas warm wurde.

„Mir geht es gut, wirklich, Daichi!“, haspelnd versuchte der Glatzkopf gerade seinen Kapitän zu beruhigen. Beschwichtigend übte ich leichten Druck auf die Schulter der Nummer eins aus, bis er sich seufzend zurückfallen ließ und seinen Kopf an mich lehnte.
Gestresst schloss er die Augen und fing an zu reden: „Du wirst morgen nicht mitspielen. Du wirst so lange aussetzen, bis ich der Meinung bin, dass dir nichts mehr wehtut – wirklich nichts mehr.“
Mit gemischten Gefühlen sah ich zwischen den beiden Krähen hin und her. Auf der einen Seite verstand ich Daichi, doch auf der Anderen wollte ich nicht, dass Tanaka aussetzen musste.

„A-aber Daichi! Mir geht es wirklich gut! Meinem Rücken ist nichts passiert! Morgen wird es mir wieder besser gehen, also brauch ich nicht auszusetzen!“ Flehend sah der Glatzkopf auf den Drittklässler.
„Du wirst morgen nicht spielen. Es ist keine Meisterschaft, also ist es nicht allzu schlimm, wenn du einen Tag aussetzen musst. Sei froh, dass du dich morgen ausruhen kannst“, grummelnd stieß der Kapitän seinen Körper von mir und öffnete sauer die Augen, bevor er Tanaka entschlossen ansah: „Nutze die Zeit, um die letzten Lücken in unseren Angriffen und in unserer Verteidigung zu finden. Du kannst uns sicher noch besser analysieren als die Außenstehenden, die unsere Fähigkeiten immer nur vom Rand aus betrachten.“

Überrascht sah ich auf den Hinterkopf des Braunhaarigen. Irgendwie hatte er Recht. Selbst der Coach konnte nur mit dem arbeiten, was er sah. Er konnte die Auren der Spieler auf dem Feld niemals gänzlich zuordnen. Er hatte keine Chance zu wissen, wie die Spieler wirklich alles aus sich raus holen können. Er konnte Ratschläge erteilen, die helfen konnten, doch würde er niemals wirklich den kompletten Überblick haben.

„Ist gut, Daichi“, mit gesenktem Kopf stand Tanaka auf und verbeugte sich vor dem Drittklässler: „Ich werde morgen aussetzen und das Spiel von außen betrachten. Aber lass mich danach bitte wieder mitspielen.“
Angespannt sah der Kapitän ihn an und nickte geschlagen: „Wenn es sein muss, aber wirklich nur, wenn du keinerlei Schmerzen mehr hast.“
Dankbar sah der Glatzkopf auf und ging lächelnd in Richtung Tür: „Darauf kannst du dich verlassen. Ich werde schon morgen keine Schmerzen mehr haben.“

Schmunzelnd sah ich ihm hinterher, bis die Tür ins Schloss gezogen wurde und urplötzlich etwas schweres gegen mich fiel. Überrascht sah ich nach vorne und sah Daichi mit verzogenem Gesicht und geschlossenen Augen an mir lehnen.
Das klang jetzt vielleicht etwas gemein, doch war er eben noch wesentlich leichter gewesen. Scheinbar hatte er seelisch nun wirklich keine Kraft mehr.
Sanft legte ich meine Hände auf seine Schultern und ließ ihn an mir liegen.

„Es… war richtig, oder?“, murmelnd atmete der Kapitän aus und legte seine Hände auf meine.
Verlegen sah ich auf seine geschlossenen Augen und musterte ihn einen Moment: „Ich denke schon. Allerdings solltest du nicht immer versuchen alles ins Gute zu verschieben. Solche aus den Fingern gezogenen Notlügen stehen dir ganz und gar nicht.“
Prustend öffnete er ein Augen und sah mich an: „Man muss Tanaka aber irgendwie für einen solchen Ausschluss begeistern können. Es geht schließlich um seine Gesundheit. Selbst das wichtigste Spiel wäre nicht halb so wichtig, wie seine Gesundheit. Er kapiert das bloß noch nicht.“
Grinsend ließ ich meine Arme nach unten rutschen und schmiegte meinen Kopf an seine Schulter: „Da hast du Recht. Er kann froh sein, dass wir dich als Kapitän haben. Du passt auf alle auf und verstehst sie. Du bist ein guter Kapitän und kannst stolz auf dich sein.“

Groß sah er mich von der Seite aus an und schien kurz zu zögern, ehe er unruhig zu sprechen begann: „Du… Wieso machst du das? Wieso sagst und tust du sowas? Ich dachte du hast… nun ja… an niemandem Interesse?“
Verblüfft wollte ich schon zurückweichen, doch fing ich plötzlich an zu strahlen. Lachend drückte ich mich fester an ihn: „Sieh es als Dank. Jeder braucht mal eine Umarmung und du jetzt sicher auch. Außerdem kümmerst du dich immer so sehr um mich und alle anderen, dass ich mich kaum jemals richtig dafür bedanken kann.“
Verdattert ließ er sich von mir zerdrücken.
„Und es ist die Aufgabe einer guten Managerin, ihr Team in allen Lagen zu unterstützen. Ich muss euch motivieren und euch unterstützen, wenn ihr mal irgendwo hängt.“
Lächelnd nickte er und drückte sich leicht an mich: „Wenn das so ist, kann ich kaum etwas dagegen sagen. Danke, Hanako.“

*

„Hat Daichi dir nicht verboten, zu trainieren?“, stirnrunzelnd stieß ich der Krähe in die Seite. Ertappt wirbelte diese herum und starrte mich verunsichert an.
„Ha-hanako? Das ist ja ein Zufall…“, während sich der Täter getroffen am Arm kratzte, stierte ich ihn böse grummelnd an.
„Daichi hat es dir verboten, weil du sonst deine Gesundheit auf's Spiel setzt, also halt dich auch dran!“
Hibbelig sah er zu Boden. Was auch immer diesen dämlichen Glatzkopf dazu getrieben hatte, ich würde ihm das nicht durchgehen lassen. Tanaka würde weder heute, noch morgen trainieren – auch nicht allein im Geheimen!

„Geh dich wieder umziehen. Danach kannst du beruhigt zu uns in die Halle kommen. Wenn du das machst, werde ich es Daichi nicht erzählen.“
Vorsichtig legte ich meine Hand auf seine Schulter, ehe ich lächelnd an ihm vorbeiging. Während ich verschwand sagte ich ihm noch etwas: „Ich kann dich verstehen, aber mach dich nicht unglücklich, sondern höre auf die Befehle von deinem Kapitän. Daichi sorgt sich um dich; das tun wir alle, also tu uns den Gefallen und hör auf uns.“

Haikyuu!! - Blumen im Haar #Wattys2019Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt