Irgendwann später gab es Mittagessen. Eigentlich. Eigentlich hätte es Mittagessen geben sollen. Aber auch wenn Pauly gekocht hatte und Angelo den Tisch gedeckt hatte, Master Ramin kam nicht.
Master Ramin und ... und Tristan.
Ich ballte die Hände zu Fäusten.
Raphael legte seine Hand auf meine. "Ist doch egal."
Pauly und Angelo nickten. "Ist es."
Wir waren Freunde. Sowas wie Freunde. Wenn man hier Freunde haben konnte. Durfte. Aber wir hingen auch schon seit Jahrzehnten und noch länger zusammen.
Aber verstehen taten sie mich trotzdem nicht. Oder doch, aber sie mochten Tristan ja auch. Er gehörte zu uns. Und ich war der einzige, der Arsch, der Tristan nicht mochte.
Und wäre Tristan hier, dann würde es mich nicht stören. Aber sie waren beide weg. Master Ramin und Tristan. Und ich konnte mir nur allzu deutlich vorstellen, was sie gerade taten.
"Lasst uns einfach essen. Es wird kalt." Ich griff meinen Löffel.
Die anderen sahen mich zweifelnd an.
"Du kennst die Regeln, Jinx." Raphael legte den Kopf schief.
Ich zuckte mit den Schultern. "Ja. Und? Und eine davon ist, dass wir pünktlich um zwölf Uhr Mittagessen. Und es ist schon halb eins." Ich begann einfach zu essen. Hausgemachte Suppe und frisch gebackenes Brot.
Die anderen zögerten noch immer. Und sie hatten immer noch nicht angefangen, als ich fertig war.
Ich wollte gerade aufstehen und gehen, als Master Ramin hereinkam. Den Arm um Tristans Schultern gelegt. Tristan strahlte wie sonst was.
Am liebsten hätte ich ihm das Lächeln aus dem Gesicht geprügelt.
"Wie ich sehe, habt ihr gewartet." Master Ramin grinste und setzte sich. "Naja." Das Grinsen wich einem genervten Ausdruck. "Fast alle."
Ich senkte den Blick. Biss die Zähne zusammen. Versuchte meine Fäuste zu entspannen. Versuchte nicht die Beherrschung zu verlieren. Versuchte -
Die Ohrfeige kam so schnell und überraschend, dass ich einige Sekunden brauchte, um es zu realisieren. Sie war so stark gewesen, dass mein Gesicht taub wurde.
"Weißt du, Jinx." Seine Hand schoss vor und packte meinen Hals. "Du nervst." Er drückte fester zu.
Ich versuchte nicht zu keuchen oder mich zu wehren. Er war sowieso sauer.
Ich auch.
Aber ich wollte nicht noch mehr verprügelt werden.
"Da du ja so gerne isst, auf geht's." Master Ramin deutete auf den Tisch. "Alles für dich. Und wehe es bleibt auch nur ein Tropfen Suppe übrig." Er tätschelte grob meine Wange. "Und wir anderen gehen aus."
Ich wollte protestieren, aber die zweite Ohrfeige war noch heftiger als die erste.
"Auf geht's, Jinx." Seine Stimme war ein bedrohliches Knurren. "Jetzt."
Ich nahm den Löffel in die Hand und zog die große Schüssel näher.
"Wird's bald.", drängte Master Ramin und schlug mich erneut. Gegen den Hinterkopf.
Ich biss mir auf die Unterlippe. Und dann begann ich zu essen.
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Master Ramin
Novela JuvenilMaster Ramin lebt mit seinen vier Jungs in Unsterblichkeit. Seit Jahrhunderten wohnen sie nun schon im Schloss in den Bergen. Bis eines Tages ein vierjähriger Junge vor der Tür sitzt. Einsam und verlassen. Sie nehmen ihn auf. Er wird größer und ä...