Tess
Mona und Cooper beginnen zu streiten und sofort betätige ich den Knopf am Schaltpult um sie auf lautlos zu stellen. Leider kann ich keine Rollläden über das Fenster zum Aufnahmestudio runterziehen, um ihren Streit nicht zu sehen, also muss ich mich mit der Aussicht auf die dauernd streitenden Moderatoren des Campusradios begnügen.
Müde lehne ich mich im Stuhl zurück und schweife mit den Gedanken ab während ich die Augen schließe.
Nate sah heute echt gut aus.
Augenblicklich reiße ich die Augen wieder auf. Woher kam das denn? Ertappt blicke ich mich um, doch niemand ist bei der Redaktion, bei der ich seit letztem Semester mitmache, bis auf Mona und Cooper, die sich noch weiter die Seele aus dem Körper schreien.
Niemand kann in meinen Kopf schauen. Also kann ich doch wohl kurz über ihn nachdenken, oder?
Somit lehne ich mich wieder zurück und lege den Kopf in den Nacken um an die Decke zu sehen.Nate Anderson. Hach. Ich kenne ihn nicht wirklich, aber was man über den herzensguten Eishockeyspieler hört lässt jedes Mädchen Hoffnung in die guten Jungs haben. Er ist einer der Mitbewohner und besten Freunde von Grace' Freund Dean und mittlerweile auch ein Freund von ihr, dass ich ihm einige Male begegnet bin.
Das einzige Mal, als wir geredet haben war vor den Weihnachtsferien in der Bibliothek. Was rede ich da? Er hat mit Grace geredet und als ich gegangen bin mir ein freundliches „Tschüss" gegeben. Was eine Konversation.
Dennoch ist da eine gewisse Anziehung zwischen uns und das ist mir sehr bewusst. Wenn er da ist, dann werde ich nervös, meide Augenkontakt und suche immer das Weite, denn bis vor Kurzem war ich noch an Brian vergeben. Jetzt nicht, doch ich habe genug von Kerlen.
Auch von welchen, die weich-aussehende hellbraune Haare, eine schöne gerade Nase, volle Lippen, scharfe Konturen und definierte Muskeln haben. Dazu ist er riesig. Das sind alle Sportler der WEU, doch Nate ist der Größte von allen. Ich bin mit meinen ein Meter fünfundsechzig klein. Ich muss den Kopf in den Nacken legen um ihn anzusehen und das ist nur ein Grund mehr es nicht zu tun, denn das wäre auf Dauer zu anstrengend und gruselig, wenn er ständig ein Mädchen um sich hätte, dass ihn anstarrt.
Und auch, wenn jeder ihn für seine problemlose und freundliche Art liebt vertraue ich ihm nicht. Kein Mensch ist grundlos nett, selbst Nate nicht. Und außerdem ist meine Trennung noch viel zu frisch als dass ich mich mit anderen Typen treffen will.Gut. Da ich mir jetzt wieder eingeredet habe wieso ich mich von Nate fernhalten sollte lehne ich mich vor und sehe Mona weinen, Cooper entschuldigen und sie läuft an ihm vorbei, durch die Tür und ihr Schluchzen dringt mir in die Ohren. „Hey Mona!", rufe ich, doch sie greift nach ihrer Tasche und läuft weg. Cooper kommt ebenfalls heraus. Mona und Cooper sind in ihrem letzten Semester und seit ich hier bin sind die beiden immer am streiten. Mal amüsiert es uns, mal nervt es tierisch und manchmal tut mir einer der Beiden ziemlich leid. Sowie jetzt. „Das war nicht so gemeint! Mona warte!", ruft er und läuft selbst los. Ich bin mir ziemlich sicher, dass die beiden was am Laufen hatten, doch das haben sie nie gesagt, dass wir uns sicher sein können.
Kopfschüttelnd packe ich meine Sachen zusammen und beginne aufzuräumen um selbst zu gehen. Die Talkshow mit den Beiden ist ohnehin vorbei und ich lasse eine Playlist noch für zwanzig Minuten laufen bis ich auch das abstelle und die Redaktion verlasse.
Die Redaktion ist recht weit hinten im Hauptgebäude, welches um diese Uhrzeit menschenleer ist und das Hauptgebäude liegt auf der Nordseite des Campus während die Wohnheime ostwestlich liegen. Für üblich begleitet Cooper mich um diese Uhrzeit zum Wohnheim Fylls, in dem ich wohne, denn es ist stockdunkel draußen, doch jetzt ist er weggelaufen und ich muss mich alleine durch den kalten und dunklen zwanzig Minuten Weg machen.Vielleicht könnte ich jemanden anrufen. Ellie, meine Mitbewohnerin und beste Freundin müsste noch wach sein. Ja, ich könnte sie anrufen.
Während ich mein Smartphone aus der Tasche fische verlasse ich das Hauptgebäude und ziehe sofort die Schultern bei dem starken Wind hoch.
„Tess!" Unverzüglich erstarre ich bei der bekannten Stimme und starre vor mich in die Dunkelheit. Mein Herz rutscht mir in die Hose, besser gesagt in meine Strumpfhose, denn ich trage ein Kleid, dennoch ändert es nichts daran, dass ich wie versteinert bin. Meine motorischen Fähigkeiten funktionieren nicht mehr und wie eine Statue bleibe ich mitten auf dem Weg stehen, traue mich nicht einmal mich umzudrehen. Das brauche ich auch gar nicht mehr, denn durch das spärliche Licht der Straßenlaterne sehe ich sein Schatten über mir aufragen, dass ich erschaudere. Seine Präsenz hinter mir ist mir nur zu bewusst und ich presse die Lippen fest zusammen, doch schaffe es nicht meine Beine dazu zu bringen weiterzugehen.
„Sieh mich an, Tess.", fordert Brian mich auf, doch ich bleibe stocksteif stehen. Dadurch, dass ich mich nicht rühre legt Brian seine Hand an meine Hüfte und ich kneife die Augen zusammen, doch gebe kein Ton von mir. Wieso bin ich nur so schwach und kraftlos, wenn mir bewusst ist, dass wir alleine sind? Weil du weißt, dass er dir wehtun kann. Verdammt, wieso kann ich nicht wie andere Mädchen sein? Wie Meghan und Avery oder Grace oder Ellie? Keiner dieser Mädchen würde sich unterkriegen lassen. Doch ich? Ich werde zu einem schutzlosen Welpen am Straßenrand, wenn ich weiß, dass ich keine Hilfe bekommen kann. Dieser Gedankenzug macht mich wütend. Wieso bin ich auf die Hilfe anderer angewiesen? Wieso kann ich mich nicht selbst schützen und verteidigen?
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FROZEN PROMISE
Teen FictionTess hat es endlich aus einer schrecklichen Beziehung geschafft und schwört sich eine lebenslange Pause von Männern zu nehmen. Oder auch nur bis sie mit dem College fertig ist, doch diese Rechnung hat sie ohne das Leben gemacht, welches sie geradewe...