51|Was Nate nicht weiß

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Tess

Nate reagiert sofort und dreht meinen Vater auf den Rücken und beginnt mit beiden Händen auf seine Brust zu drücken. Wie in Trance bleibe ich stehen und starre ihn beim Reanimieren an.
„Ruft einen Krankenwagen!", fordert er uns auf und hört auf um sein Ohr an das Gesicht meines Vaters zu lehnen und mit den Fingern den Puls zu fühlen. Nate flucht und zeitgleich sinke ich auf die Knie.
Nate zieht sich seine Jacke schnell aus und beginnt wieder mit der Herz-Druck-Massage und zählt leise dabei. Meine Mutter ist panisch am Telefon und ruft einen Krankenwagen als ich an die andere Seite meines Vaters krabble und seine Hand in meine nehme. Nate lehnt sich vor, hält die Nase von ihm zu und beginnt die Mund-zu-Mund-Beatmung. Sofort lehnt er sich wieder vor und zählt wieder von neu während er auf seine Brust drückt. Ich weine und halte Hand meines Vaters an meine Lippen. „Es tut mir leid. Es tut mir so leid.", wiederhole ich schluchzend und küsse seine Hand,„Es tut mir so leid, Dad. Bitte öffne deine Augen."
Nate zieht seinen Mund wieder auf und flucht anschließend bevor er mit der Herz-Druck-Massage weitermacht. „A-Atmet er nicht mehr?", frage ich Nate weinerlich, doch er antwortet mir nicht und zählt wieder bis dreißig bis er sich vorlehnt und wieder die Beatmung durchführt.
Ich kneife die Augen zu und bete dafür, dass mein Vater überleben wird und ich werde mir nie im Leben verzeihen, dass ich ihn in diese Lage gebracht habe.

Schweigend beobachte ich meinen Vater, viel eher seine Brust, die sich langsam hebt und senkt und fokussiere mich auf das Piepen, von dem Überwachungsmonitor, welches seine Herzschläge notiert. Ich weiß gar nicht mehr wie lange wir hier sind und wie lange ich hier sitze und ihn ansehe.
Flüchtig höre ich meiner Mutter und dem Arzt zu, die über Medikamente sprechen, die meinem Vater verschrieben werden.
In meinen Ohren klingen immer noch unsere Schreie, die Sirenen des Krankenwagens und die Fragen der Notfallsanitäter nach während ich wie gebunden auf seine Brust sehe um mich zu vergewissern, dass er immer noch atmet. Es fühlt sich so an als würde er aufhören sobald ich wegsehe und ich muss mich vergewissern, dass sein Herz schlägt.
Eine Hand legt sich an meine Schulter und Nate streicht mir zärtlich über die Haut. „Du musst dich ausruhen, meine Hübsche. Es ist schon viertel nach zehn", flüstert er, doch ich schüttle den Kopf und sehe nicht von meinem Vater ab. „Ich gehe nicht bis er seine Augen öffnet."
„Schöne, er braucht jetzt Ruhe und wir haben morgen Kurse. Du musst schlafen.", redet er auf mich ein, doch ich schüttle wieder den Kopf.
„Woher kannst du die erste Hilfe so gut?", frage ich und sehe die Atemmaske am Mund meines Vaters an, die von seinem Atem beschlagen wird.
„Die lernen wir immer wieder in Sportmedizin und jede Saison müssen wir einmal einen Kurs besuchen um unser Wissen aufzufrischen.", antwortet er mir und ich lege die Hand auf seine um ihn zu mir ziehen zu können. Nate kniet sich neben den Stuhl auf dem ich sitze und ich lege die Arme um seinen Hals. „Danke." Er legt seine Hand an meinen Hinterkopf und streicht über meine Haare. „Du hast meinem Dad das Leben gerettet." Ich löse mich und er tätschelt mir den Kopf als er sich wieder aufstellt. „Das war selbstverständlich.", behauptet er und behält seine Hand wieder an meiner Schulter,„Und jetzt habe ich deinen Dad bestimmt von mir überzeugt und er wird mich akzeptieren."
Meine Mundwinkel zucken. „Er hat dich doch gar nicht gehasst." Nate krault meine Schulter. „Na ja, jetzt hat er auch einen Grund um es niemals zu tun."

Meine Mom schließt die Tür des Krankenzimmers und kommt auf das Bett zu um drei Packungen Medikamente auf dem Nachttisch abzulegen und dann Nate zu umarmen. „Danke dir." Sie hält ihn fest in ihren Armen gefangen und Nate streicht ihr beruhigend über den Rücken. „Ihr braucht euch nicht bedanken." Sie schüttelt den Kopf. „Oh, doch. Du hast ihm das Leben gerettet."
Meine Mutter sieht mich an und ich bin drauf und dran wegzusehen, weil ich mich für das Geschehene schäme und verantwortlich fühle, doch sie umfasst meine Wange, dass ich ihr in die Augen sehe. „Wir reden nochmal in Ruhe, okay?", beschließt sie und ich nicke schnell. Sie küsst mich auf die Stirn. „Hab dich lieb, Tess." Mir kommen gleich wieder die Tränen, das spüre ich.
Sie lehnt sich wieder zurück und sieht zu Nate, der sie gehorsam ansieht. „Fährst du Tess bitte wieder zum College? Momentan gibt es nichts, weshalb ihr hier sein braucht. Ruht euch aus, bereitet euch auf den morgigen Tag vor und wenn etwas ist, dann melde ich mich.", fordert sie ihn auf und er nickt als ich protestieren will, aber sie beide bedenken mich mit einem strengen Blick, weshalb ich den Mund halte und mich zu meinem Vater lehne um ihn auf die Wange zu küssen und mich erneut bei ihm zu entschuldigen. Ich drücke meine Mutter nochmal ehe Nate mich aus dem Krankenhaus zieht und in sein Auto befördert. Die Heimfahrt ist genauso still wie die Fahrt hierher und keiner von uns beiden denkt daran diese Stille zu brechen. Meine Gedanken gehen mit mir durch und ich sehe vor meinen Augen immer wieder wie mein Vater auf den Boden fällt bis wir zurück in Detroit sind.
„Soll ich mit rauf kommen?", fragt Nate und ich sehe mich im Außenspiegel an.

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