27|wilde Tiger

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Nate

„Blau.", murmelt Wren und sucht sich durch die Buntstifte, die er auf dem Couchtisch ausgebreitet hat. Als er seinen blauen Stift gefunden hat beginnt er kräftig weiterzumalen, doch hört abrupt auf. „Verdammt, das ist hellblau!", flucht er leise und sofort hebe ich den Kopf. Hat er gerade geflucht? Mit vier? Ich schüttle den Kopf und hole ein Glas heraus um es auf das Tablett mit seinem Sandwich zu legen. „Orangen- oder Apfelsaft?", frage ich ihn und er dreht seinen runden Kopf herum, steht sogar auf und klettert über die Couch -statt darum zu gehen- und analysiert den Inhalt unseres Kühlschrankes.
„Äh.." Er tippt sich auf die Nase und ich stemme die Hände in die Hüften während ich zu ihm heruntersehe, wie er prüfend alles anschaut.
Seufzend lehne ich mich gegen die Arbeitsplatte.
„Wasser.", entscheidet er sich und ich schaue entrüstet zu ihm herunter. Welches Kind wählt Wasser über Fruchtsäfte? Wohl dieses Kind.
Er grinst breit, mit zusammengekniffenen Augen, und seine kleinen Zähne kommen zum Vorschein. „Und dich habe ich mir für das Wochenende vorgenommen?", frage ich und er stolziert wieder zurück -klettert über die Couch- und setzt sich zu seinem Malbuch.
Ich folge ihm mit seinem Snack und schiebe einige der dutzend Stifte an die Seite um das Tablett abzulegen. „Lecker.", trällert er und drückt kräftig mit dem Buntstift,„Ich mache den Ritter blau und nicht silber." Besagten Ritter sehe ich mir an und Wren hat sogar das Gesicht des Kerls blau angemalt. Anerkennend nicke ich. „Sieht klasse aus."

„Ich muss kurz aufs Klo. Bleib du hier sitzen, okay?", gebe ich ihm Bescheid und er nickt abwesend, dass ich aufstehe und über die andere Couch springe.
In Rekordzeit erledige ich alles und als ich dabei bin meine Hände abzutrocknen ertönt ein tiefes Geschrei. „Da ist ein Kind!", ruft Logan aus und ich verdrehe die Augen bei seinen weiteren Worten,„Von mir ist es nicht! Ich schwöre, ich habe immer geschützten Sex!" Sofort verlasse ich das Badezimmer und sehe meinen Mitbewohner in Boxershorts vor der Couch stehen und Wren starrt ihn mit großen Augen an. Er ist wie erstarrt und ich kenne diesen Ausdruck in seinem Gesicht. Er hat Angst bekommen.
„Das ist Wren, du.. Vogel.", erkläre ich und ziehe Logan am Arm näher, dass ich flüstern kann,„Und sprich wie eine verdammte Prinzessin in seiner Nähe." Die Falten in seiner Stirn glätten sich und er schaut nochmal zu meinem Bruder.
„Wren?", hakt er nach und ein wissender Ausdruck schleicht sich auf sein Gesicht,„Ach, Wren! Was suchst du denn hier, Bad Boy?" Er geht um die Couch herum und setzt sich während Wren seine Tattoos betrachtet. Er sagt noch immer kein Ton, doch mittlerweile schaut er nicht mehr verängstigt.
„Hey, erkennst du mich nicht? Ich bin's! Logan, Mann. Wir haben doch geskypt und letzten Sommer hast du noch auf meinen Schultern gesessen als wir im Park waren.", zählt er auf und noch immer schaut Wren ihn nur an. Gekränkt fasst er sich an seine Brust. „Das verletzt mich, Kumpel. Wie kannst du mich vergessen?" Ich verschränke die Arme vor der Brust. „Du hast ihn doch gerade auch vergessen, Mann."
Logan schaut über seine Schulter zu mir und lehnt sich zurück.
„Wieso ist er hier, Nate?", fragt er und legt den Arm auf die Sofalehne. „Ich passe das Wochenende auf ihn auf.", erkläre ich und Logan runzelt wieder die Stirn. „Und das weißt du seit...?" „Einer Woche oder so." Seine Brauen berühren fast seinen Haaransatz. „Und in dieser Woche hattest du keine Zeit uns darüber zu informieren, dass sich ein Zwerg hier aufhalten wird? Ich habe mein Gras nicht versteckt oder so, nur, dass du Bescheid weißt.", merkt er an und ich schnaube. Mein Ziel für dieses Wochenende ist es Wren von Logans Schlafzimmer fernzuhalten, denn alles was nicht jugendfrei ist findet man dort drinnen auf.
„Hauptsache alles was sich hinter dieser Tür" Ich strecke den Arm aus und zeige auf seine Zimmertür. „befindet, kommt nicht heraus. Wren ist noch zu klein um traumatisiert zu werden."

Besagtes Kind tapst zu uns herum und zieht an meinem Hosenbein, dass wir zu ihm heruntersehen. Mit großen braunen Augen funkelt er uns an.
„Mir ist langweilig, Nate.", spricht er und betont ein I in meinem Namen,„Ich will raus." Skeptisch schaue ich aus dem Fenster. Es ist noch überraschend hell draußen für diese Uhrzeit, doch in einer Stunde müsste die Sonne untergehen und ich hatte vor an den Aufgaben meiner Kurse weiterzuarbeiten.
„Tut mir leid, Knirps, aber ich habe noch Hausaufgaben zu erledigen und wollte jetzt gleich erst Essen kochen.", enttäusche ich ihn und seine kleinen Schultern sacken hinunter. „Scheibenkleister.", murmelt er und ich runzle die Stirn während Logan neben mir in sich hineinkichert. „Ein Kind nach meinem Geschmack." Ich schüttle den Kopf. „Spricht Dad so?", frage ich und Wren schaut mich ahnungslos an. „Wie?" Es würde nichts nützen, wenn ich ihm jetzt diktiere welche Worte er nicht sagen kann, wenn man Vater drüben in Wisconsin wie ein Seemann neben seinem vierjährigen Sohn spricht. „Wir können in zwei Stunden einen kurzen Spaziergang machen, wenn du willst.", biete ich an und sofort verschränkt er trotzig die Arme.
„Nö. Ich will jetzt raus." Oh Gott, seit wann ist Wren so zickig geworden?
„Hey, ich kann mit ihm raus, wenn du lernen willst.", bietet Logan plötzlich an und ich bin überrascht. Nicht, weil Logan wie jemand wirkt, der Kinder verabscheut, ganz im Gegenteil, Logan liebt Kinder, aber er ist genauso verantwortungslos. Wren und Logan losziehen zu lassen wäre das selbe wie als wenn ich meinen Bruder alleine in einen dunklen Wald schicken würde. „Nein, danke. Wir bleiben hier und-..", lehne ich ab, doch blitzschnell bückt er sich, schnappt sich Wren und läuft in Richtung seines Zimmers. „Wir werden Abenteuer erleben, ob es dir passt oder nicht!", ruft er und Wren reißt seine Faust hoch. „Ja! Abenteuer!"
Erschöpft schüttle ich den Kopf.
Ich habe keine Kraft mehr um gegen Logan anzukämpfen. In seinen Adern fließt endlose Kraft.
„Versteck dein Zeug!", rufe ich noch und räume die Buntstifte ein.
Tja, Ziel nicht erreicht würde ich behaupten.

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