Tess
Irgendwo muss es sein.
Ich habe gesehen, dass man es bestellen kann, doch ich will es lieber gleich kaufen. In den Bibliotheken des Colleges gibt es keine Ratgeber fürs richtige Verhalten bei Gewalteinsätzen. Doch im Buchladen, einige Straßen weiter vom Campus muss es das geben. Zumindest gibt es das auf ihrer Internetseite.
Suchend gehe ich an den Regalen vorbei und überlege, ob ich es bei R für Ratgeber oder unter einer anderen Kategorie suchen muss. Am einfachsten wäre es nachzufragen, aber die einzige Angestellte hier hilft gerade einem jüngeren Mädchen am Computer.
Seufzend nehme ich die Hand von den nagelneuen Büchern im Regal und drehe mich in den Laden hinein. Morgen gehe ich mit den Mädels zum Selbstverteidigungskurs und ich dachte mir, dass ich mir ein Buch anschaffen könnte, welches ich dann zwischendurch lese, wenn ich nichts zutun habe.Wartend betrachte ich die Angestellte und überkreuze die Arme vor der Brust. Im Laden ist nicht viel los, was bestimmt an der späten Uhrzeit liegt, denn es ist siebzehn Uhr und die meisten kommen zu einer früheren Tageszeit hierher. Fünf Uhr Nachmittags wirkt im Winter wie kurz vor Nachtanbruch. Ich bin nur so spät hier, weil ich den ganzen Tag zutun hatte. Ich seufze erneut und wende den Blick ab, lande bei dem hochgewachsenen Mann, der Kartons auf den Armen trägt. Verwundert betrachte ich ihn von oben bis unten. Er hat breite Schultern, einen schlanken Körper und lange Beine. Somit eher hochgewachsen statt in die Breite. Seine hellbraunen Haare stehen wirr in alle Richtungen und er trägt ein graues Button-down-Hemd, welches kurz über dem knackigen Hintern in der schwarzen Chinohose aufhört.
Wie von selbst mache ich einige Schritte in seine Richtung und beobachte ihn dabei, wie er mit den Kartons durch die Tür, hinter der Kasse, verschwindet. Als er wieder herauskommt kann ich nur perplex starren und mir wird klar, wieso ich ihn bemerkt und mit den Augen verfolgt habe. Das ist Nate. Der Ich-mach-dich-an-der-Bar-an-und-stolziere-dann-sexy-davon-Nate.Seine Augen haften für einen Bruchteil einer Sekunde auf mir und er will weiter, doch bleibt sofort stehen und schaut mich wieder an. Seine Mundwinkel steigen und seine Augen grinsen mit. Sein gesamtes Gesicht zeigt die Überraschung, doch Freude. Mein Herz macht einen Sprung, dass ich sofort den Blick abwende und mich in eine andere Richtung drehe. Hör auf so stark zu klopfen, wenn er lächelt! Doch mein Herz klopft nur immer mehr als ich ihn aus dem Augenwinkel zu mir kommen sehe.
„Hey!", ruft er und ich wage einen kurzen Blick zu ihm auf. Mir ist gar nicht klar welche Augenfarbe er hat. „Hi.", murmle ich ohne ihn anzusehen und blättere durch die Bücher, die auf dem Tisch vor mir liegen.
„Darf ich auch dein hübsches Gesicht sehen oder willst du so tun als wärst du interessiert an Kinderbüchern?", neckt er mich mit einem Kompliment und ich winde mich innerlich vor diesem Kompliment. Bei jedem Kerl würde ich es als schleimig abtun, aber Nates untergejubelte Schmeicheleien drängen meinen Körper dazu zu reagieren. Aber ich will verdammt nochmal nicht! Ich habe eine Trennung hinter mir, will und brauche Zeit für mich allein und außerdem traue ich der gute-Junge-Nummer nicht.
„Woher willst du wissen, ob ich interessiert daran bin oder nicht?", stelle ich als Gegenfrage und betrachte das gemalte Cover. Er lehnt sich mehr zu mir, was ich sofort registriere. „Ich weiß zumindest woran ich interessiert bin und würde es gerne auch sehen.", kontert er leise und ich presse die Lippen fest zusammen. Kann man gefoltert werden, aber es lieben? Gott, ich bin wirklich eine Masochistin.„Wieso hast du diese Kartons getragen?", frage ich und gehe einen riesigen Schritt zurück, wage es bei dem Abstand aufzusehen. Seine Augen sind dunkel, braun vielleicht? Aber sie sehen auch grünlich aus. Er lächelt immer noch, schaut mir direkt in die Augen, dass es mir für einen Moment die Sprache verschlägt. Wieso muss Nate nur jetzt aufkreuzen? Kann ich ihm nicht in einigen Jahren erst begegnen? „Ich arbeite hier als Aushilfe.", erzählt er und ich konzentriere mich wieder auf seine Worte, nicht auf das anziehende Äußere. „Oh. Cool." Er lacht. „Ja es ist immer ein tolles Erlebnis zwischen den Kartons im Lager. Du musst mal hören, was für Witze die sich erzählen. Echt coole Typen.", scherzt er und ich muss selbst lachen, halte mir aber sofort die Hand vor den Mund um es zu ersticken. Geh aus dem Laden, Tess.
„Wieso bist du hier? Wolltest du was kaufen?", fragt er und ich will erst nicken, doch schüttle gleichzeitig den Kopf, dass es eine merkwürdige Kreisung wird. „Was jetzt?", fragt er belustigt und ich kratze mich verlegen hinterm Ohr.
„Äh, ich habe mich nur nach einem Buch für meinen Kurs umgesehen, aber das gibt es hier nicht.", lüge ich und er deutet mit dem Daumen hinter sich. „Ich kann ja mal im Lager schauen.", bietet er an und dieses Mal schüttle ich erkenntlich den Kopf. „Nein. Es ist ausverkauft. Der Verlag muss es erst noch drucken.", schwindle ich weiter und er nickt. „Na gut. Für welchen Kurs denn? Was willst du denn überhaupt für einen Schwerpunkt wählen?", fragt er und ich merke genau, dass wir uns in einem Gespräch verfangen und uns kennenlernen, aber ich kann es nicht stoppen. Das richtige wäre einfach umzudrehen und gehen, aber er hat diesen sorglosen, schönen Ausdruck in den braun-grünlichen Augen und ein schönes Lächeln, welches gerade, weiße Zähne zum Vorschein bringt. Oh je, ich schwärme jede Sekunde von ihm.
„Literaturwissenschaften.", spreche ich trotz dem ständigen Gedanken nun einfach zu gehen,„Du bist im naturwissenschaftlichen Bereich, oder?" Er ist verblüfft, doch nickt. „Jupp.", stimmt er zu und ich ziehe amüsiert die Brauen hoch. Da steht ein attraktiver, schlauer und höflicher Eishockeyspieler vor mir und antwortet ganz ernst mit Jupp. Ich glaube ich sollte wirklich zurück und eine Runde schlafen, denn auch gestern konnte ich mich nicht erholen.
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FROZEN PROMISE
Teen FictionTess hat es endlich aus einer schrecklichen Beziehung geschafft und schwört sich eine lebenslange Pause von Männern zu nehmen. Oder auch nur bis sie mit dem College fertig ist, doch diese Rechnung hat sie ohne das Leben gemacht, welches sie geradewe...