46|„Das letzte Mal als es passiert ist wurde ich enttäuscht."

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Tess

„Ich komme nicht mit, Nate.", wiederhole ich und er lehnt seinen Kopf gegen den Türrahmen. Ich verschränke die Arme vor der Brust und werde hier auch noch Stunden stehen und ablehnen, ob es ihm gefällt oder nicht.
„Warum? Die anderen kommen doch auch und du warst auch früher mal bei Spielen dabei.", erinnert er mich und ich nicke, denn das stimmt, aber diese Male hatten ganz andere Beweggründe. „Ich weiß und ich würde ja auch kommen, aber ich habe Aufgaben zu erledigen und außerdem..", beginne ich und Nate zieht eine Braue hoch. „Außerdem? Beende deine Sätze wenigstens.", fordert er mich gereizt auf und ich seufze genervt. „Außerdem will ich nicht.", beende ich, wie er es verlangt und er runzelt die Stirn. „Kann ich denn nicht von meiner Freundin erwarten, dass sie mich bei meinen Spielen unterstützt?", hinterfragt er und ich reibe mir übers Gesicht, denn wie es aussieht wird das den ganzen Abend so gehen. Nate ist sturer als ich angenommen hatte. „Ich kann dich mit der Liveübertragung, die ich mir ansehen werde, unterstützen und außerdem komme ich doch an anderen Spielen. Kann ich denn nicht ein wenig Verständnis von meinem Freund erwarten?", kontere ich und er presst die Lippen zusammen.
Das Problem hier ist nicht, dass er will, dass ich zu seinem Spiel komme. Es ist, warum er das will. Nate will mich nicht als Unterstützung dort haben, wie er behauptet, sondern, damit er weiß wo ich bin und mit wem. Die letzten Tage waren die reinste Katastrophe und ich bin kurz davor in die Luft zu gehen, weil er sich so.. anders benimmt. Ich will nicht ständig von ihm von A nach B kutschiert werden, angerufen und gefragt werden wo ich bin und mit wem und die Frage, ob es mir gut geht ist pures Gift für mich geworden. Ich schätze es, dass er sich um mich sorgt, aber ich bin kein verdammtes Baby, welches einen Aufpasser und Beschützer braucht. Ich wusste, dass es nicht gut enden wird als Nate mich am Mittwoch nach meinem Stundenplan gefragt hat. Er bedrängt mich! Ich liebe ihn und ich verstehe, dass er mich nur beschützen will, aber ich will auch atmen können ohne von Nate kontrolliert zu haben, wer zuvor diese Luft um sich hatte. Er benimmt sich albern.

„Na gut. Wenn du nicht kommst, dann spiele ich heute nicht.", entscheidet er und will an mir vorbei ins Zimmer, doch ich versperre ihm den Weg und drücke ihn an der Brust zurück. „Das kannst du nicht machen, Nate. Du musst gehen. Du kennst deinen Coach besser als ich und außerdem darfst du nicht einfach nach Lust und Laune bei den Spielen aufkreuzen oder fehlen.", spreche ich das Offensichtliche aus und er seufzt grummelnd. Eishockey ist für Nate nichts weiter als ein Hobby, das weiß ich. Er will es nicht Professionell angehen wie Dean, aber trotzdem darf er nicht fehlen.
„Es gibt auch andere Jungs auf meiner Position, die schaffen das schon.", behauptet er, doch das kann er nicht machen! So funktioniert Mannschaftssport nicht! So funktioniert das gesamte Leben nicht!
„Du bist verrückt! Ich gehe nicht, aber du wirst sehr wohl spielen! Viel Glück.", entscheide ich und trete zurück um die Tür zuzudrücken, aber Nate hält sie auf und macht einen Schritt ins Zimmer.
„Du kannst nicht alleine hier bleiben."
Hat er das gerade wirklich gesagt? Die Sicherungen in mir brennen durch und ich schubse ihn mit all meiner Kraft heraus, was einen Schritt zurück bedeutet, und schaue wütend zu ihm hoch.
„Ich darf nicht alleine in meinem eigenen Zimmer bleiben? Spinnst du, Nate? Lass mich alleine!", schreie ich ihn an und er schaut mich überrascht an, doch ich bin so wütend, dass ich die Tür zuknalle und dieses Mal lässt er es auch zu.
Frustriert drehe ich mich von der Tür weg und laufe auf mein Bett zu um mich darauf fallen zu lassen und mein Gesicht in mein Kissen zu drücken und laut zu kreischen.

Nach zehn Minuten in denen ich einfach nur an die Decke gestarrt und immer wieder meine frustrierende Situation durchgegangen bin habe ich mir meinen Laptop geschnappt und wie gesagt die Liveübertragung des Spiels auf ESPN + angeschaltet. Es ist noch eine Stunde bis das Spiel beginnt, deshalb öffne ich eine zweite Seite und beginne erstmal an meinem Englischaufsatz zu schreiben, aber ich bin so aufgewühlt, dass ich mich kaum konzentrieren kann. Meine Frustration kurbelt auf merkwürdige Weise meine Kreativität an, weshalb ich den Ordner von meiner Geschichte öffne und beginne zu schreiben. Die Worte fallen nur so nacheinander und obwohl ich schreibe und weiß, was ich schreibe bin ich in Gedanken wieder bei Nate.
Wieso muss er nur so sein? Ich will wirklich nicht behaupten er lässt mir keinen Freiraum, aber er lässt mir eben keinen Freiraum mehr. Wo ich bin, da ist auch Nate. Unter anderen Umständen hätte es mich gefreut und wenn es nicht in solchen Mengen wäre, aber er ist immer da, wenn ich ihn ehrlich gesagt nicht bei mir will. Ich brauche auch mal Zeit für mich und ich will einen Block laufen können ohne Nate im Nacken sitzen zu haben. Er ist mein Freund nicht mein Bodyguard und ich erwarte nicht von ihm, dass er sein Leben so umstellt, dass er mich rund um die Uhr im Auge behalten kann. Das will ich nicht. Es bedrängt mich und dass er sich dazu verpflichtet fühlt immer zu wissen wo ich bin hilft mir nicht wirklich dabei mich selbstbewusster zu machen. Er vermittelt mir das Gefühl als wäre ich ein schutzloses Ding, welches ihn braucht um etwas auf die Reihe zu kriegen.
Ich bin dankbar, dass Nate an dem Tag hierher gekommen ist und ich bin überglücklich, dass ich ihn überhaupt in meinem Leben habe, aber ich will durchatmen. Nate merkt es gar nicht, dass er mir die Luft raubt.

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