23|Risiko, Chance und Mut

7.3K 330 63
                                    

Tess

„Erklär es mir.", verlangt er mit ruhiger Stimme und ich seufze, was ihn dazu bringt weiterzusprechen,„Ich stehe total auf dem Schlauch bei dem was zwischen euch ist, aber es hat Nate echt verletzt was du gestern gesagt hast." Beschämt wende ich den Blick ab und betrachte meine lackierten Nägel, dessen rosa langsam absplittert. „Ich weiß."
Dann sagt keiner von uns etwas und ein Licht blinkt, dass die fünf Minuten für den Anrufer vorbei ist und ich Mona und Cooper ein Zeichen gebe, dass sie das Gespräch beenden, damit ich den nächsten Anrufer durchleiten kann. Während ich Das tue bleibt Dean in dem Schatten des Raumes und sieht sich um. Mona und Cooper auf der anderen Seite scheinen ihn noch gar nicht bemerkt zu haben, denn sonst wären Monas Augen so groß wie aufgeblasene Ballons und Cooper würde von seinem Stuhl fallen. Als ich fertig bin lasse ich mich zögerlich zurücksinken und schaue zu Dean, der seine grauen Augen auf mich gerichtet hat.
Seufzend lege ich den Kopf zurück und starre an die dunkle Decke als er beginnt mit den Fingern auf die Seiten des Tisches zu trommeln, an den er sich gelehnt hat.

„Sei bitte ehrlich, Tess.", fordert Dean ein und ich nicke kaum merkbar während ich die Umrisse der Deckenlampe ausmache,„Willst du wirklich, dass Nate dich in Ruhe lässt? Stört er dich?" Ob Nate mich stört? Es stört mich, dass ich mich so schlecht fühle, weil ich ihm unrecht getan habe.
Nate hat mir noch nie etwas schlechtes getan. Völlig verkehrtherum sogar. Er hat erst gestern die umwerfenden Blumen und Bäume im Gewächshaus gezeigt, er hat mir einen atemberaubenden Kuss während des Skitrips gegeben, er schmeichelt mir bei jeder Gelegenheit, er ist geduldig mit mir, er hat mir sogar göttliche Lasagne zubereitet und er will verdammt nochmal nichts Böses. Zumindest zeigt er das nicht.
Aber da ist doch der ganze Punkt. Wieso ist er gutherzig und geduldig mit mir? Was habe ich getan um seine Gutmütigkeit zu verdienen und wieso sollte ich ihm das abkaufen? Er ist ohne eine Mutter aufgewachsen, seine Stiefmutter hat ihn nicht wie einen Sohn behandelt und seinen Vater mit einem Baby alleine gelassen. Nate hat sicherlich keine einfache Kindheit gehabt und dennoch behandelt er Frauen nicht so, wie sie seinen Vater behandelt haben. Und mal ganz ehrlich, welcher Mensch ist hundertprozentig gut? Wieso sollte es Nate sein? Durch jede Person läuft, wenn auch nur ein wenig, böses Blut und es wird bei den einen öfter gezeigt als bei den anderen.
„Ich weiß es nicht.", flüstere ich und hebe den Kopf an um auf mein Schoß zu sehen, bloß nicht zu Dean. „Das ist nicht ehrlich, Tess.", behauptet er und seufzt,„Ich glaube ich weiß genau wieso du das tust." Natürlich weiß er es. Er und Grace haben mich an dem Abend, als ich befürchtete von Brians tosender Wut unterdrückt zu werden, gerettet. Es war schrecklich. Das Lacrosseteam hatte ein Spiel in ihrer derzeitigen Glückssträhne sieben zu eins verloren und ich war auf seinem Verbindungszimmer, wartend und ohne einen blassen Schimmer wie wütend ihn die Niederlage gemacht hatte. Er hat um sich geschlagen und als ich versuchte ihn zu beruhigen hat er es auf mich abgesehen gehabt. Brian hat mich beschimpft, an meinen Haaren gezogen und gegen seine Kommode gedrückt, die sich in meinen Rücken, genau auf meine Wirbelsäule, gebohrt hatte. Das war ein höllischer Schmerz und Panik brach in mir aus als er die Sachen auf der Kommode hinter mir auf den Boden warf. Keiner seiner Verbindungsbrüder hat uns gehört, denn es lief ganz laute Musik von unten und die, die uns wahrscheinlich gehört hatten sind Mistkerle. Wie ein ängstliches Kleintier habe ich mich von ihm befreit und im Badezimmer eingesperrt um Grace angerufen und ihr Date mit Dean zu sprengen. Sie haben mich rausgeholt und Dean war kurz davor Brian zu verprügeln, was ich auf keinen Fall heraufbeschwören wollte. Als Dean uns zurück in unser Wohnheim gefahren hat musste ich ihnen gestehen was Brian mir seit Monaten antat.

„Es ist wegen Brian, stimmt's?", fragt er und ich hasse es, dass Brian noch so viel Besitz von meinem Leben nimmt. Beschämt presse ich die Lippen zusammen und falte die Hände in meinem Schoß.
Erneut durchfährt ihn ein Seufzen bevor er mir sanft die Hand auf die Schulter legt und somit dazu bringt ihn wieder anzusehen.
„Hey, ich kann verstehen wieso du versuchst dich selbst zu schützen. Das ist normal und niemand verurteilt dich dafür.", redet er auf mich ein und schaut mich eindringlich an, dass seine Worte auch wirklich bei mir ankommen,„Aber ich kann dir versichern, dass Nate definitiv kein Typ wie er ist. Ich wohne mit ihm und kenne Nate mittlerweile viel besser als mir sogar lieb ist." Das entlockt mir ein kurzes Lachen, doch so schnell es gekommen ist verschwindet es auch wieder und ich sehe flüchtig zu Mona und Cooper, die über etwas lachen, was gesagt wird.
„Ich will nicht wieder enttäuscht werden. Als ich Brian kennengelernt habe hat er.. er.." Meine Augen beginnen zu brennen und ich wende den Blick wieder ab, was Dean auch zulässt und seine Hand schlaff herunterfällt. „Er war so gut zu mir wie Nate es ist. Ich dachte.. er würde für immer bleiben, weißt du? Er kennt meine Eltern und sie waren so fasziniert von ihm. Sie lieben ihn wie ihren Sohn und ich.. er hat mir wirklich das Gefühl vermittelt als würde er mich lieben. Es waren nur Minuten seiner Ausbrüche und anfangs so selten und.. und.." Hastig wische ich mir über meinen Augenwinkel um nicht anzufangen zu weinen und stelle es vollständig ein zu reden, denn ich traue meiner zittrigen Stimme nicht mehr über den Weg.
Dean stellt sich auf und lehnt sich ein wenig vor als er mir tröstend über den Arm streicht. „Das ist absolut normal und okay.", versichert er mir und ich unterdrücke ein Schluchzen.

FROZEN PROMISEWo Geschichten leben. Entdecke jetzt