21|Gefühlschaos

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Nate

Sie zeigt mit dem Daumen hinter sich.
„Ich bin Logan vor der Tür begegnet als ich hier vorbeigekommen bin und er hat mir gesagt, dass du hier bist.", erklärt sie und als ich den Mund öffne um zu fragen wie sie denn in das Labor gekommen ist spricht sie weiter,„Mit meinem Studentenausweis bin ich bis in den Hauptflur gekommen. In diesen wissenschaftlichen Trakt hat mich ein Mädchen mit ihrem Ausweis gebracht. Ich glaube sie hat gesagt sie studiert Chemie oder so." Ich schmunzle und strecke den Arm aus um ihre lose Haarsträhne hinter ihr Ohr zu klemmen. Tess ist so durchschaubar. Wenn ich sie berühre, dann stockt ihr Atem, ihre Augen werden groß und sie sieht mich mit ihnen an als könne sie nicht glauben, dass ich sie berühren kann.
„Es gefällt mir, dass du hier bist, aber warum?", frage ich weiter und ziehe die Hand wieder zurück, was zur Folge hat, dass auch die Wirkung verschwindet und sie mit zusammengekniffenen Augen die Arme vor der Brust verschränkt. „Was denn? Willst du mich jetzt loswerden?", meckert sie und ich schüttle sofort den Kopf. „Niemals. So meine ich das gar nicht, Tess.", kläre ich schnell auf und mache einen Schritt auf sie zu,„Aber es wundert mich nur, dass du hier aufkreuzt. Nur um mich zu sehen?" Meine Mundwinkel steigen wieder an und ich funkle sie wissend an, was sie dazu bringt zum Reden anzusetzen, doch ihr Mund schließt sich wieder nur, dass sie es wieder öffnet und dann wieder schließt.

„D-Das... Ich bin nur zufällig vorbeigekommen.", beschwichtigt sie und ich muss über ihre Verlegenheit lachen, was mich ziemlich sicher werden lässt,„Logan hat mir quasi aufgedrängt mal vorbeizusehen und ich habe gerade Zeit, deswegen. Also ich bin nicht extra gekommen um dich zu sehen oder so. Bild dir nichts drauf ein, Nate." Amüsiert schaue ich zu ihr herunter und bin nun derjenige, der die Arme verschränkt, dass unsere Unterarme sich berühren. Sofort zuckt ihr Blick dorthin und sie schaut ganz langsam wieder in meine Augen.
„Keine Sorge. Ich bilde mir schon nichts bei deinem Überraschungsbesuch ein. Aber morgen bei unserem Date werde ich das sehr wohl tun.", stelle ich klar und sie holt tief Luft.
„Morgen..", flüstert sie und obwohl sie mich ansieht habe ich das Gefühl, dass Tess gar nicht mehr anwesend ist. Ihr Blick ist verschleiert und sie sagt nichts mehr, als würde sie an etwas denken und die Gegenwart ausblenden.
Verwirrt lege ich den Kopf schräg und löse die verschränkten Arme. „Tess?" Ich wedle mit der Hand vor ihrem Gesicht und sie zuckt zusammen bevor sie meinen Blick wieder sucht.
„Alles in Ordnung?", frage ich argwöhnisch und sie nickt langsam. Tess schaut auf ihre Stiefel hinunter und mein Blick fällt hinter mich zu meiner Untersuchung. Völlig unvorbereitet trifft mich eine Idee und ich beginne schnell aufzuräumen während Tess sich weiter umsieht und versucht ist die Mikroskope anzufassen, doch sie zieht die Hand wieder zurück und schaut wartend zu mir.
„Du brauchst nicht aufzuhören. Ich wollte nur kurz Hallo sagen.", merkt sie an, doch ich habe schon alles weggeräumt und bleibe genau vor ihr stehen.
„Lust auf einen kleinen Spaziergang?"

Tess Augen werden riesig und sie staunt bei jeder Pflanze, die sie neu entdeckt und dreht den Kopf herum, wenn sie ein Zwitschern oder Ziepen hört. Ich könnte ihr den ganzen Tag dabei zusehen, wie sie nach den Blüten der Blumen greift, sanft streicht und sofort weitergeht um eine schönere Pflanze zu entdecken als hätte sie noch nie welche gesehen.
„Sie sind alle so wunderschön. Dieses ganze Gewächshaus ist wunderschön!", stellt sie klar und dreht sich mit breitem Grinsen zu mir um,„Ich kann absolut verstehen wieso du das hier studierst." Ich muss grinsen und sie betrachtet mich einen Moment bevor sie herumwirbelt und schnell weitergeht.
„Was heißt denn das hier?", frage ich und sie streicht über die großen Blätter der Funkien, zeichnet den helleren Rand nach.
„Botanik? Ich weiß es gar nicht so richtig. Was genau studierst du?", fragt sie abgelenkt und ich sehe ihr Seitenprofil an. Ihre Lippen sind voneinander getrennt, die Wimpern gesenkt, dass sie auf die Blätter sieht und eine Röte liegt um ihre Nase, weil es hier drinnen ein wenig kühler ist als im Gebäude. Langsam trete ich zu ihr und ihre Schulter streift meinen Kittel, dass sie flüchtig zu mir sieht, sich jedoch wieder auf die Sträucher konzentriert als würden sie etwas besonderes tun. „Noch habe ich kein Schwerpunkt. Ich bin in so ziemlich jedem Kurs der Naturwissenschaft. Aber die meisten liegen in der Botanik, ja.", antworte ich ihr und hebe die Hand hinter ihr, doch bevor ich sie berühren kann dreht Tess mir wieder den Rücken zu und geht weiter. Sofort lasse ich die Hand sinken und seufze.
Jedes Mal, wenn ich denke ich könnte sie erreichen ist sie doch wieder weg.

FROZEN PROMISEWo Geschichten leben. Entdecke jetzt