Tess
Der Ausflug ist bereits drei Tage her und der bläuliche Fleck an meiner Hüfte ist ein wenig grünlicher geworden. Meine Haut ist ziemlich sensibel, was bei meiner vergangenen Geschichte definitiv kein Pluspunkt war. Doch ich will nicht wieder in diesen Erinnerungen schwelgen und versuche mich auf die Worte von Professor Dubios zu konzentrieren, der angeregt über eine PowerPoint eines Kommilitonen spricht.
Doch meine Ohren werden blockiert von den anderen Gedanken, die in meinem Kopf herumkreisen und mir ausdrücklich verbieten aufzupassen. Drei Tage sind jetzt vergangen und mir ist bewusst, dass ich nicht gerade eine Befürworterin war, aber ehrlich gesagt hätte ich schon ein Lebenszeichen erwartet. Seit wir alle wieder in unserer Universitätsstadt sind hat Nate sich kein Mal bei mir gemeldet. Du kannst dich auch melden. Und was sagen? ›Hey, wir haben uns geküsst und ich kann nicht aufhören darüber nachzudenken?‹
Neben mir kichert jemand leise, dass ich den Kopf herumdrehe und Grace betrachte die den Kopf gesenkt hat und auf ihr Smartphone sieht, welches sie unterm Tisch hervorgeholt hat. Neugierig ziehe ich eine Braue hoch und erhasche einen Blick auf den Bildschirm, welches einen offenen Nachrichtenverlauf mit Dean zeigt. Bevor ich perverse Nachrichten lesen kann wende ich den Blick wieder ab und stupse sie dafür sanft in den Arm. Sofort schießt ihr Kopf ertappt in die Höhe.
„Aufpassen. Das sieht dir ja gar nicht ähnlich mitten im Kurs mit deinem Loverboy herumzualbern.", flüstere ich und sie steckt ihr Smartphone zurück in die Tasche. „Du hast recht. Ich wollte aufpassen." Ja, ich auch, füge ich gedanklich hinzu, doch spreche es nicht laut aus.Wir beide blicken nach vorne und es braucht nur eine halbe Minute bis Grace ihr Kinn in ihre Hand stützt und leise seufzt. „Ich bin so verliebt in ihn, Tess.", murmelt sie ganz leise und ich sehe sie aus dem Augenwinkel an. „Das glaube ich dir sofort. Du hast mich sofort links liegen lassen für deine große Liebe.", erinnere ich sie und sofort wirbelt ihr Kopf zu mir herum. „Oh man! Das tut mir wirklich leid, Tess.", betont sie leise und rückt auf der Bank näher,„Ich hätte Dean rausgeschmissen, wenn du mich angerufen hättest. Ich habe gar keine Ahnung mehr wann ich überhaupt eingeschlafen bin." Ich schüttle mit erhobenen Mundwinkeln den Kopf und tätschle ihr die Hand. „Ich wollte dich doch nur aufziehen. Ist verständlich, dass du mit ihm alleine sein willst. Wäre ich in ein anderes Zimmer gegangen hättet ihr ja ohnehin zusammen ein Bett geteilt.", gebe ich zurück mit dem Blick nach vorne, dennoch spüre ich wie Grace mich aus zusammengekniffenen Augen betrachtet. „Du bist auch in ein anderes Zimmer gegangen.", flüstert sie hauchdünn und ich versteife mich unmerklich,„Ich habe zwar zu Meggie und Avery gesagt sie sollen dich in Ruhe lassen, aber was läuft denn jetzt zwischen dir und Nate?" Ich seufze.
Woher soll ich das wissen? Meine wichtigsten Gehirnzellen sind bei dem unvergesslichen Kuss am Samstagabend wohl abgestorben, meine Konzentration ist völlig woanders und somit herrscht ein ziemliches Chaos hinter meiner Stirn. Es hat Nate nicht einmal ein Monat gekostet bis er alles durcheinander gebracht und meine neuen Ziele und Pläne in der Luft zerfetzt hat. Dennoch hat er sich nicht mehr bei mir gemeldet seitdem wir zurück sind und ehrlich? Seit Montag versuche ich krampfhaft ein Gefühl der Enttäuschung tief in mir zu begraben.
„Weiß nicht.", murmle ich und greife nach meinem Kugelschreiber um mich irgendwie zu beschäftigen.Die nächste halbe Stunde schweigen wir und ich notiere mir alles was aus dem Mund meines Professors kommt um später zu lernen, denn gerade kann ich das nicht. Als wir einpacken sprintet Grace los ehe ich meinen Ordner aufheben konnte, da sie sich mit Dean trifft und jede Sekunde mit ihm nutzen muss bevor der Unialltag sie wieder verschlingt. Da ich keinen Freund habe, den ich dringend sehen muss schlendere ich gelassen heraus und spüre ein kurzes Vibrieren in meiner Jackentasche. Mein verräterisches Herz macht einen Sprung und ich bleibe augenblicklich stehen. Ist das von Nate? Schau doch einfach nach. In Sekundenschnelle ziehe ich mein Smartphone aus der Tasche meiner Jacke, doch schließe die Augen um das Augenrollen für diese Aufregung zu unterdrücken. Bleib ruhig. Hör auf so aufgeregt zu sein. Mit gespielter Gelassenheit schalte ich den Bildschirm ein um einen völlig anderen Namen zu sehen. Nicht wahr. Es ist Brian, der wieder darum bittet, dass ich mit ihm rede. Auf keinen Fall! Vor allem nicht nach seinem Besuch bei meinen Eltern! Er spinnt doch! Genervt stecke ich es unbeantwortet zurück und mache schnelle Schritte um die verschwendete Zeit, die ich für diese Nachricht genutzt hatte wieder aufzuholen.
Und ich Idiotin dachte wirklich Nate hätte mir geschrieben. Ich lag ja mal vollkommen daneben. Gedanklich gehe ich meinen Tagesablauf durch und bemerke, dass ich mich nach meinem letzten Kurs beeilen muss um rechtzeitig zum Selbstverteidigungskurs zu kommen. Freude kribbelt in meinem Bauch und die Wut auf Brian rückt in den Hintergrund. Das ist es was ich will. Mich selbst schützen und auf mich alleine gestellt sein können. Ich brauche keinen Mann. Weder den schlimmsten noch den besten auf Mutternaturs grüner Erde.
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FROZEN PROMISE
Teen FictionTess hat es endlich aus einer schrecklichen Beziehung geschafft und schwört sich eine lebenslange Pause von Männern zu nehmen. Oder auch nur bis sie mit dem College fertig ist, doch diese Rechnung hat sie ohne das Leben gemacht, welches sie geradewe...