24|ein gelungener Abend, vielleicht.

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Tess

Mit gesenktem Kopf verlasse ich den Hörsaal und versuche ein wenig Ordnung in meiner Tasche zu schaffen, weil ich den zweiten Gurt kaum über meine Schulter bekomme, weil sie so voll und durcheinander ist. Wer hat sich denn gedacht wir sollten einen dicken Ordner plus drei Mappen besitzen? Ich stelle meine Wasserflasche und mein Etui auf, dass es ein wenig mehr Platz gibt und versuche noch anderweitig meine Tasche platter zu bekommen.
Mir entfährt ein Seufzen und ich ertappe mich dabei wie ich mit den Gedanken völlig abdrifte und wieder bei gestern Abend lande. Und schon wieder seufze ich.
Es ist absolut nichts passiert.
Nachdem Nate mir zugeflüstert hat, dass ich keine Ahnung habe was er mit mir anstellen will -was nun auch der Fall ist- ist die Zimmertür aufgeflogen und Logan hat mich angestarrt als wäre mir ein zweiter Kopf gewachsen. Und obwohl er im ersten Moment geschockt war hat er den Blick auf Nate gerichtet und gesagt, dass er seinen eigenen Rekord geknackt hat. Und das Nate eine Niete in Videospielen ist. Wegen dieser Nachricht ist er ohne anzuklopfen hineingekommen und hat mich dazu gebracht zu verschwinden.
Ein drittes Mal seufze ich nun.
Aber vielleicht war es auch besser so, denn auch, wenn ich Nate mag und gesagt habe, dass wir ausgehen sollten muss ich nicht gleich in der ersten Sekunde mit ihm schlafen. Das kann noch ein wenig auf sich warten lassen.

Gerade als ich meinen Ordner festhalte um die anderen Dinge richtig aufstellen zu können knalle ich gegen etwas warmes, hart und doch weich zugleich. Erschrocken hebe ich den Kopf und es ist Nates Brust, die so warm, hart und gleichzeitig auch weich ist. Er grinst breit, was bei mir ein schnelles Herzschlagen verursacht und ich öffne schon den Mund für eine Begrüßung, doch stoppe sofort als ich die rote Blume in seiner Hand sehe. Was?
„Wieso läufst du mit einer Blume rum?", frage ich stattdessen und schaue sie mir genauer an. Sie ist knallrot, hat große Blätter und je länger ich sie betrachte desto bekannter kommt sie mir vor. Die haben wir gemeinsam im Gewächshaus gesehen! Jetzt erinnere ich mich.
„Dir auch einen wunderschönen Tag, meine Hübsche.", spricht er an mir vorbei und lehnt sich vor, dass er mir einen kurzen Kuss auf die Lippen drückt. Unvorbereitet halte ich den Atem an und stehe stocksteif da während meine Kommilitonen an uns vorbeigehen und ich eine kleine Mädchengruppe sehe, die ihre Köpfe zu uns dreht. Wenn Nate Anderson, Starstürmer unseres erstklassigen Eishockeyteams, mich in der Öffentlichkeit küsst drehen sich Köpfe in meine Richtung? Diese Aufmerksamkeit macht mir Angst, doch ist gleichzeitig aufregend und fremd.
Sprachlos starre ich ihn an als er sich wieder zurückzieht und mir die Blume entgegenstreckt.
„Ich habe gedacht ich bringe dir eine Amaryllis.", erklärt er und ich nehme die Hände von meiner Tasche, was zur Folge hat, dass mein einer Gurt rutscht, doch damit will ich mich nicht mehr befassen. „Du schenkst mir diese Blume?", vergewissere ich mich und Nate nickt. Ich greife nach ihr und unsere Finger berühren sich als ich den Topf umfasse. Seinem Grinsen nach zu urteilen weiß er genau welche Auswirkungen diese flüchtige Berührung bei mir haben.
„Die ist wunderschön.", sage ich und es entspricht der Wahrheit, denn ich habe zuvor nie eine Blume gesehen, die so ein starkes Rot trägt und beinahe majestätisch aussieht,„Aber woher kommt die denn so plötzlich?"

Nate zuckt mit den Achseln und greift um den Gurt meiner Tasche um sie wieder auf meine Schulter zu legen nur dass sie wieder fällt und er die Brauen zusammenzieht. „Du fandest sie schön und es erinnert mich irgendwie an dich. Ich will, dass du sie behältst und dich um sie kümmerst, das ist alles.", erklärt er und greift in meine Tasche um darin herumzufuchteln und den Gurt erneut hochzulegen. Dieses Mal bleibt es oben und ich schaue erstaunt zu meiner Tasche. „Dankeschön. Das hat mich schon die ganze Zeit gestört.", erzähle ich und er lächelt mich jungenhaft an. „Ich bin immer wieder gerne da um deine Probleme in Luft auflösen zu lassen.", scherzt er, doch seine Worte berühren mich tief und ich muss schlucken um keinen enormen Kloß im Hals sitzen zu haben.
„Ah, aber iss sie auf keinen Fall.", platzt es plötzlich aus ihm und ich runzle die Stirn,„Die Blume ist scheiße giftig und ich will dich nicht im Krankenhaus aufsammeln müssen." Meine Augenbrauen berühren fast meinen Haaransatz, weil ich die Stirn so sehr gefurcht habe. Wie bitte?
„Erstens, wieso sollte ich sie essen?", beginne ich und er schaut mich belustigt an,„Zweitens, wieso zur Hölle schenkst du mir überhaupt eine giftige Pflanze?!" Nate lacht.
„Wie gesagt du fandest sie schön.", wiederholt er und ich weiß nicht, ob ich glücklich oder besorgt sein sollte, weil er daran gedacht hat mir eine Blume zu schenken, die aber giftig ist.

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