19|die Zustimmung und mehr Liebhaberinnen

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Tess

Blumen. Sie liebt es, wenn er ihr immer wieder Blumen schenkt. Egal ob Rosen, Tulpen, Gänseblümchen oder ein bunter Mix aus allem. Ihr gefällt der Gedanke, dass er auch bei ihrer Abwesenheit an sie denkt und Blumen sind doch auch etwas schönes. In ihrem Schlafzimmer stehen an jedem freien Platz Vasen mit den unterschiedlichsten Blumen und wenn einige verwelken füllt sich die Lücke mit dem neuen Strauß, den er ihr mitbringt. Manchmal ist es nur eine einzige Rose, manchmal ein riesiger Strauß und manchmal auch gar nichts. Und wenn letzteres passiert weiß sie, dass etwas nicht stimmt, denn diese Blumen haben die Normalität und den Frieden ihrer Beziehung symbolisiert. Und wenn es keinen gibt, dann läuft etwas nicht. „Es tut mir leid.", flüstert sie und versucht seine Hand beim Gehen zu greifen, doch Nate|

Sofort halte ich inne und starre auf den Namen, den ich gerade geschrieben habe. Was zur Hölle? Mein Protagonist heißt nicht Nate! Ohne zu zögern klicke ich vier Mal auf die Löschtaste und mein Geschriebenes endet auf dem Wort ›doch‹. Und auch ich höre auf wie wild auf meine Tastatur zu tippen. Gestern saß ich noch eine Stunde oben in der Wohnung und habe über Nate und seine Worte nachgedacht. Von allem, was er gesagt hat ist mir im Kopf geblieben, dass ich im Gegensatz zu ihm nie versucht habe ihn kennenzulernen und auch, wenn es das ist, was ich verfolge hat es noch Stunden nachgehallt. Es stimmt ja schon, aber trotzdem habe ich mich miserabel gefühlt. Nate ist so lieb, geduldig, ehrlich und höflich und ich behandle ihn überhaupt nicht so.
„Du bist es wert, dass ich es versuche, meine Hübsche."
Verdammt! Diese Worte verschwinden gar nicht aus meinem Kopf. Wieso kann ich nicht einfach ein Mädchen wie Meghan sein? Sie weiß was sie will und hat keine Komplexe oder dergleichen. Aber wärst du Meghan würde Nate dich nicht wollen. Aber wieso zur Hölle will er ausgerechnet mich? Ich weiß, dass ich nicht grottenhässlich bin, aber auch nicht das nächste Supermodel und mein bisheriges Verhalten ist auch nichts wünschenswertes. Ich muss mein Leben endlich in den Griff kriegen. Erstens, ich muss weiterhin brav zum Selbstverteidigungskurs gehen, zweitens, muss ich regelmäßiger beim Campusradio vorbeischauen und drittens, sollte ich Dinge ausprobieren, die meiner Psyche gut tun und fünftens, meine Routine wiederfinden. Früher habe ich den lieben langen Tag gelesen, wenn ich keine Kurse hatte und geschrieben, wenn mich die Inspiration gepackt hat. Der Unialltag ermöglicht mir ersteres nicht und bei zweitem hindert mich der ständige Gedanke an Nate dran.
Aber wieso muss ich Nate nur vergessen um mich wieder zu ordnen? Wieso muss ich überhaupt mein altes Leben genauso fortführen? Kann ich denn keine neue Routine finden, die Nate beinhaltet? Denn wenn ich ehrlich mit mir bin möchte ich ihn auch seit dem ersten Tag als ich ihm auf dem Campus begegnet bin. Nur war ich zu dem Zeitpunkt noch mit Brian zusammen und diese Anziehung, die ich zu Nate gespürt hatte fand ich schrecklich und habe es so gut es ging unterdrückt. Jetzt bin ich aber nicht mehr mit Brian zusammen und Nate hat mehr als nur einmal klargemacht, dass er es versuchen will. Versuchen bedeutet nicht, dass es halten wird. Vielleicht haben wir zwei Dates und er hat genug von mir, weil ihm auffällt, dass ich nicht das bin, was er wohl angenommen hatte. Aber dann stehe ich schon wieder mit gebrochenem Herzen da.

Unschlüssig seufze ich und speichere meinen hinzugefügten Abschnitt unverändert bevor ich mein Laptop zuklappe und es zurück in meine Tasche stopfe, dass ich mich dem Essen auf dem Tisch widmen kann. Sollte ich mein Buch vielleicht auf einer Self-Publish Seite veröffentlichen, wenn es fertig ist? Manchmal verspüre ich das Bedürfnis den Leuten von den Gedanken in meinem Kopf zu erzählen, doch es ist wie vom Sprungbrett zu springen. Man hat den Mut hochzusteigen, steht an der Kante, aber dieses letzte bisschen um tatsächlich zu springen fehlt dann doch. Ich bin doch völlig daneben. Jetzt stelle ich schon wirre Metaphern an.
Es ist erst acht Uhr und ich sitze ganz alleine an einem der runden Tische in der Kantine, weil meine zwei engsten Freunde lieber mit ihren Freunden unterwegs sind statt mir beim Frühstücken Gesellschaft zu leisten. Lustlos schiebe ich die Schüssel Cornflakes vor mich und nehme einen großen Löffel in den Mund als ich den Blick hebe und bei der Truppe aus Mädchen mit riesigen Sporttaschen lande.
„Tess!", ruft Avery und winkt mir lächelnd zu. Ich zwinge mir mit vollem Mund ein Lächeln auf und sie dreht sich zu den anderen drei Mädchen neben ihr hin, dass auch ich zu ihnen sehe und einen tödlichen Hustanfall bekomme. Beinahe hätte ich die Milch durch meine Nase über den ganzen Tisch verteilt als mir die Rothaarige auffällt. Zwei stehen neben ihr, doch die mit dem schmaleren Gesicht erkenne ich sofort. Bitte komm nicht her, flehe ich innerlich, denn ich brauche nun wirklich nicht an einem Tisch mit derjenigen zu sitzen, die hysterisch lacht, wenn Nate etwas sagt. Abwartend starre ich die Gruppe aus Cheerleadern an, die sich langsam in Richtung des Buffets bewegen und ich erleichtert ausatme.
Doch ich habe mich zu früh gefreut.

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