Kapitel 45

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„Was soll das heißen, ich darf bei der Aktion nicht dabei sein?!"
Ich stand in Slavios Büro und starrte ihn ungläubig an.

„Es tut mir leid Roy. Aber ich kann nicht zu jedem belanglosen Einsatz meinen besten Mann schicken! Außerdem geht die Sokolow Familie immer sehr strategisch vor! Mir ist das einfach zu riskant! Versteh das doch bitte!", versuchte Slavio mich zu beruhigen und mir zu erklären warum er mir nicht erlaubte die Familie des „Verräters" zu retten.
„Zu jedem belanglosen Einsatz?! Das ist für dich belanglos?! Wow Slavio! Einfach nur Wow!", ich schmiss theatralisch die Arme in die Luft, drehte mich um und verließ ohne auf eine Antwort zu warten das Büro.

Ich hab es dem Mann versprochen! Und ich werde mein Versprechen sicher nicht brechen nur weil Slavio damit nicht einverstanden ist! Dann muss ich eben auf eigene Faust ermitteln!

Ich rannte gedankenverloren durch die Gänge, ohne darauf zu achten wo ich entlanglief.
Irgendwann blieb ich stehen und schaute mich um.
„Warum muss hier auch alles gleich aussehen?!", rief ich frustriert und sah mich um. Ich hatte keine Ahnung wo ich mich befand. Ich wusste nicht mal woher ich kam, da ich so mit meinen Gedanken beschäftigt war.
„Fuck!", fluchte ich und schlug mit der Faust gegen die Wand.
Plötzlich hörte ich eine sehr bekannte Melodie. Ich schloss die Augen und achtete darauf, woher das Geräusch kam.
Kaum hatte ich festgestellt, dass das Geräusch von hinten kam, drehte ich mich ruckartig um und sprintete auf das Geräusch zu. Und tatsächlich. Keine zwei Minuten später stand ich vor dem Klavier Raum. Und mal wieder Schlich ich mich in den Raum, lehnte gegen die Wand und hörte Kaito dabei zu, wie er in seiner gefühlvollen, getragenen Art und Weise „Comptine d'un autre été, l'après-midi" spielte.

Das Lied spiegelte genau meine Hilflosigkeit wieder. Ich fühlte jeden einzelnen Ton. Die Gedanken in meinem Kopf begannen sich zu drehen und plötzlich war nicht mehr Slavio der Böse, sondern ich selbst. Ich selbst war zu unfähig diese Familie zu retten und deshalb lässt mich Slavio nicht am Einsatz teilhaben. Er wollte mich nur vor einer Niederlage beschützen! Und ich habe ihn für alles verantwortlich gemacht... was bin ich nur für ein schlechter Mensch...

Ohne es bemerkt zu haben, spürte ich etwas kaltes, nasses meine Wange herunterlaufen. Schnell wischte ich die Träne weg. Ich wollte nicht das Kaito mich weinen sah...

Inzwischen spielte er „Canon in D" von Johann Pachelbel. Aber als Solo Piano Version. Okay was anderes wäre auch nicht möglich gewesen, da wir kein Orchester hier hatten.
Kaum hatte er das neue Lied angefangen, kippte meine Stimmung. Die Trauer und die Bösen Gedanken waren verschwunden und wurden von Freude und Mut ersetzt.
Vielleicht hatte Slavio seine Wort „meinen besten Mann" tatsächlich ernst gemeint...

Und nun drehten sich diese Gedanken weiter in meinem Kopf.
Was wenn ich zu voreilig war? Slavio meinte es doch nur gut und ich bin so ausgetickt. Ich muss mich bei ihm entschuldigen! Ich habe dem Mann zwar mein Versprechen gegeben, aber ich kann Jetzt auch Slavios Entscheidung irgendwie nachvollziehen.

„Seit wann bist du denn hier?", abrupt würde ich aus meinen Gedanken gerissen. Kaito hatte sich auf seinem Stuhl umgedreht und sah mich grinsend an.
„Keine Ahnung, aber schon eine Weile.", meinte ich und zuckte mit den Schultern.
„Was ist los?", fragte er gefühlvoll und sah mich besorgt an.
„Ich hab dir ja von der Sache mit dem Mann erzählt.", begann ich. Kaito nickte und ich fuhr fort: „Naja, dein Vater hat mir verboten zu dem Einsatz mitzugehen, weil ich sein „bester Mann" sei und nicht bei jedem „belanglosen Einsatz" dabei sein sollte."
Kaito nickte wieder, doch diesmal langsamer, als würde er nach den richtigen Worten suchen.
„Und was hast du Jetzt vor?", fragte er dann.
Ich zuckte mit den Schultern und sah zu Boden. Ich hatte keine Ahnung.
„Soll ich mit meinem Vater reden?", bot er mir an, doch ich schüttelte den Kopf.
„Ich muss das schon selbst klären, aber danke. Und Danke für die Musik. Das hat mir echt beim denken geholfen.", meinte ich dann, winkte ihm kurz zu und verschwand dann aus dem Raum. Ich wollte immer noch mit Slavio reden!

Slavio hat recht. Ich hab auch wichtigeres zu tun. Ich sollte mich lieber auf die Naji Sache konzentrieren und meine Zeit nicht mit dieser Kleinigkeit verschwenden. Slavio hat bestimmt noch andere Leute die der Familie helfen können.

Da stand ich also wieder. Vor Slavios Büro. Und mal wieder starrte ich auf die Tür. Aber auf was wartete ich eigentlich? Ich wusste es nicht.
Ich atmete kurz durch, hob die Hand und klopfte.
„Ja?", kam wie immer von drinnen Slavios Stimme.
Noch einmal tief durchatmen und rein!
Ich trat also ins Zimmer. Slavio blickte von seinem Rechner auf und sah mich verwundert an.

„Ich wollte mich für vorhin entschuldigen.", begann ich, „Ich hab mich verhalten wir der letzte Arsch, dabei war das ganze ja nur lieb gemeint von Dir. Ich hab jetzt auch verstanden warum du mich nicht immer überall einsetzt. Es ist auch in Ordnung für mich. Ich sollte mich sowieso auf etwas anderes konzentrieren."
Ich ratterte alles runter was mir in den Kopf kam, ohne zu überlegen. Als ich fertig war sah ich zu Slavio. Dieser saß einfach nur da und schaute mich an. Dann nickte er.
War das jetzt ein gutes Zeichen? man sah meinem Blick wohl an, dass ich ziemlich verwirrt war. Diese Geste verstand ich einfach nicht. Gut das ich es, was zwischenmenschliche Kommunikation an ging, nicht so drauf hatte war nichts neues, aber musste man dann gleich solche verwirrenden Sachen machen?

Slavio grinste. Mein verwirrter Blick war also offensichtlich auch noch amüsant. Na super.

„Ich finde es sehr stark von Dir, dass du den Mut hast hier her zu kommen und dich zu entschuldigen. Das machen nicht viele.", erklärte er dann.
Jetzt war ich derjenige der nickte.
„Ist sonst noch etwas?", fragte Slavio dann.
Ich schüttelte den Kopf. Mir hatte es offensichtlich die Sprache verschlagen.
Und Jetzt nickte Slavio wieder und wandte sich seinem Rechner zu.
Ich hingegen blieb einfach an meinem Fleck stehen und starrte Slavio an.
„Muss ich erst sagen „du kannst jetzt gehen" bevor du deinen Arsch hier raus schiebst oder wartest du auf besser Wetter?", gab Slavio mir sarkastisch zu verstehen, dass ich in diesem Raum nun nicht mehr erwünscht war.

Ich rieb mir verwirrt mit den Händen durchs Gesicht und verließ den Raum.
Was ist nur los mit mir? So verwirrt war ich schon lange nicht mehr! Das letzte mal war ich so verwirrt als Sam weg gegangen war. Aber da habe ich nicht viel mit anderen Menschen zu tun gehabt, weshalb es nicht so stark zum vorscheinen gekommen ist. Aber warum genau Jetzt? Was is nur los mit mir?

Meine Gedanken hatten sich schon wieder in einem nicht enden wollenden Strudel gefangen. Erst als ich in Kaitos Zimmer kam und L plötzlich auf einem Sessel saß, würde ich in die Realität zurück gezogen. Wenn L früher als geplant zurück war, konnte das nichts Gutes bedeuten!

Dangerous Love | BoyxBoyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt