8

59 6 0
                                    

Leyla

Ich betrat das Klassenzimmer und die Aussicht, die man von dort aus hatte, machte meinen schlechten Tag schon etwas besser. Hinter den Glasfenster befand sich die Stadt. Mit ihren Hochhäuser und Wohnblocks wurde sie von der Mittagssonne beleuchtet. Einige Häuser waren höher als unsere Schule. Das Einkaufszentrum mit dessen Park wurde gegenüber unserer Schule plaziert. Oft spazierte ich in der Freistunde durch den Park und dachte nach. Die Blätter der im Park stehenden Bäume, verloren ihre grüne Farbe. Sie färbten sich in ein schönes gelb und rot. Ich war froh, dass sich die Stadt vor dem weißen Winter noch einmal ihre Farbe zeigte. Der Zeichensaal war auf jeden Fall mein Lieblingsraum in der gesamten Schule, auch wenn ich die Bibliothek mit ihrer alten Holzaustattung und den unzähligen Büchern auch gerne mochte.

„Hey.", Anna setzte sich neben mich und ich begrüßte sie ebenfalls. Sie holte ihr Notizbuch, welches voll mit Bildern von Sonnenuntergängen und Sängern beklebt war, aus ihrem schwarzen Rucksack. Unser Kunstlehrer kontrollierte nämlich ab und zu unser Notizbuch.

„Da dieses Jahr euer letztes Schuljahr ist, werdet ihr die meiste Zeit an einem Abschlussprojekt verbringen. Am Ende des Jahres werden einige Professoren kommen und eure Projekte betrachten und bewerten. Derjenige, dessen Projekt am Besten bewertet wird, hat gewonnen."
„Was bekommt man?", unterbrach ihn eine Stimme der letzten Reihe.
„Dazu wollte ich gerade kommen.", Herr Grüner faltete seine Hände zusammen und fuhr fort, „Der oder die zwei Gewinner-Zwei, weil ihr das Projekt jeweils mit eurem Banknachbarn machen werdet, gewinnen ein Studienplatz an der Universität für Kunst und Design. An dieser Uni sind nur die Besten. Wenn ihr gewonnen habt, braucht ihr dann natürlich keinen Aufnahmetest mehr machen."
Anna wandte sich ihrem Notizbuch ab und hörte dem Lehrer aufmerksam zu.
„Wenn ihr keine Studienplatz wollt, könnt ihr einfach nichts abgeben, jedoch ist eure Kunstnote dann auch dementsprechend schlecht."
Die restliche Stunde lang beantwortete er Fragen von Schülern, denn so ziemlich jeder, außer mir, sah eine große Chance in dieser Universität.
„Ich schätz mal, wir werden zusammenarbeiten.", flüsterte mir Anna zu. Ich nickte nur und konnte aus ihrer Mimik nicht herauslesen, ob sie es blöd findet oder sich freut. Dies verunsicherte mich sehr.
Als ich meine Sachen zusammenpackte, tauchte Anna vor mir auf.
„Hast du schon was nach der Schule vor?", fragte sie mich, als alle Schüler aus dem Klassenzimmer verschwanden.
„Nein, warum?", ich war perplex.
„Ich check in Mathe überhaupt nichts. Kannst du mir vielleicht helfen?", fragte sie.
„Ähm, ja."
„Okay cool.", ihre Hände funmelten an ihrer Goldkette rum, „Also bei dir dann nach der Schule?", fragte sie.
„Ja."
Im Anschluss gingen wir gemeinsam zu dem Parkplaz, da wir die letzte Stunde hatten.
„Steig ein.", forderte mich Anna auf, während sie mir die Autotür aufhielt.
„Ich bin eigentlich mit dem Rad hier."
„Zufällig hab ich auch ein Kofferraum.", anschließen packten wir mein Fahrrad in den Kofferraum, in dem es gerade so reinpasste. Ihr schwarzer Golf war komplett aufgehitzt, da er in der Sonne stand und ich schwitzte noch mehr, als ich es sowieso schon tat. Insgeheim interessierte es mich wirklich woher sie das Auto eigentlich hatte, beziehungsweise wie sie sich das leisten konnte.
Ich beschrieb ihr den Weg zu meinem Haus und Anna holte daraufhin vorsichtig das Fahrrad aus dem Kofferraum.
„Danke, dass du mein Fahrrad und mich mitgenommen hast.", ich nahm ihr mein Rad ab und stellte es in die Einfahrt.
„Dafür erwarte ich mir, dass du mich mal auf eine Tour mit deinem lässigen Fahrrad mitnimmst.", sie schmunzelte mich böse an. Oder war das doch ein freundliches Lächeln? Ich konnte dieses Mädchen überhaupt nicht lesen und wusste nicht was sie über mich dachte.

Die rosarote StadtWo Geschichten leben. Entdecke jetzt