12

60 6 0
                                    

Anna

Trotz der Fünf in Mathematik hatte ich das fetteste Grinsen auf dem Gesicht, als ich in den Zeichensaal kam. Natürlich wollte ich es verstecken, doch ich konnte nichts anderes als grinsen, als ich Leyla auf ihrem Platz sitzen sah. Im Augenwinkel hatte sie mich bestimmt schon gesehen, doch nach dem gestrigen Ereigniss, wollte sie mich nicht ansehen.
„Hey.", ich begrüßte sie und setzte mich neben ihr, auf den Stuhl.
Ihren Finger wickelte sie um ihr blondes Haar und ihr Blick war auf den Tisch fixiert, den sie gerade mit ihrem Bleistift beschädigte.
„Wie geht es dir?", fragte ich sie und ihre schönen hellen Augen blickten zu mir auf.
„Gut.", antwortete sie.
„Bist du dir klarer geworden über die Nacht hinweg?", nun hoben sich ihre Mundwinkel nach oben und sie konnte ihr Grinsen ebenfalls nicht verstecken. Mit süßen roten Backen nickte sie und widmete sich wieder ihrer Kritzelei am weißen Tisch. Ich fand es wirklich zu gut, dass Leyla wegen mir rot wurde. Natürlich war mir auch klar, dass ich alles zerstören hätte können, wegen dem Kuss, nur der Moment passte zu perfekt und wenn ich sie nicht geküsst hätte, hätte ich es bereut. Außerdem habe ich das ja nur getan um ihr mehr Klarheit zu schaffen im Thema Sexualität. Vielleicht hab ich sie auch geküsst, weil sie wirklich süß war und ich es zu sehr liebte sie zu verwirren.

Herr Grüner betrat das Klassenzimmer und fing mit seinem Unterricht an. Heute lernten wir etwas über Surrealismus und Abstraktion. Dazu malte ich ein abstrahiertes Gesicht in mein Notizblock und Leyla war immer noch darin vertieft, den Tisch mit ihrer Bleistiftzeichnungen zu schmücken. Ein schönes Hochhaus malte sie. Ich schätzte, sie pauste das Wohnhaus, das sich direkt hinter dem Fenster, in der Stadt befand, ab. Als ich sie betrachtete mit dem schönen Hintergrund der Stadt, schoss mir eine Idee in den Kopf.
„Du bist ein fucking Genie, Leyla!", rief ich etwas zu laut, sodass mich jeder in dem Klassenzimmer anglotzte.
„Wir konzentrieren uns jetzt alle wieder auf unsere Arbeit, während Anna uns erzählt, warum ihre Sitznachbarin ein Genie ist.", bemerkte der Lehrer.
„Ist schon gut.", ich lachte und drehte mich wieder zu Leyla.
„Ich habe eine Idee.", flüsterte ich aufgeregt.
Sie schaute mich verwirrt mit einem Schmunzeln im Gesicht an.
„Für das Projekt.", erklärte ich ihr.
„Herr Professor.", er schaute mich an und fragte, was ich brauche.
„Bei dem Projekt für die Uni, kann man alles machen, was man will, oder?"
„Ja, du kannst etwas zeichnen, basteln oder auch Fotos machen. Ihr müsst euer Projekt nur selber als Kunstwerk empfinden."
„Was hast du für eine Idee?", fragte mich Leyla, als der Lehrer sich anderen Schülern widmete.
„Ich sag nur Graffitti und Liebe verbreiten.", ich schmunzelte und sah das Gebäude gegenüber der Schule mit unser Grafitti verschönert.
„Ich sag nur illegal.", ihrem Ausdruck zufolge, war sie von meiner Idee noch nicht überzeugt.
„Ich erkläre dir es heute Abend bei einem Getränk, okay?", ich richtete meinen schwarzen Hoodie zurecht.
„Okay, aber ich mache bestimmt nichts Illegales."
„Muss du auch nicht." Ich kann das Illegale machen und meine Liebste macht Bilder von den Kunstwerken.
In meiner Heimatstadt liebte ich es die Züge mit Schriften und Symbolen zu besprühen. Klar war immer ein Risiko dabei, doch das machte es nur noch spannender. Die Angst, dass die Polizei kommen könnte und ich eine Strafe bekomme, war das Adrenalin wert. In der Nacht schlich ich mich zu oft aus dem Haus, um meine Kunst auf irgendwelche Wände zu verweigen. Dies war die einzige Art, wie ich meine Gefühle ausdrücken konnte. Statt, dass ich meine Wut gegen mich selbst oder andere richtete, verpackte ich sie einfach in das Graffitti. Als ich wieder auf dem Weg nach Hause war, fühlte ich mich viel besser und meine Gedanken waren geordneter. Ich war mir sicher, ich konnte Leyla überzeugen, dieses Projekt mit mir durchzuziehen.

Die rosarote StadtWo Geschichten leben. Entdecke jetzt