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Leyla

„Entschuldigung.", Anna zuckte zurück als ich mit einem nassen Tuch das Blut unter ihrer Nase vorsichtig abtupfte.
„Ist nur kalt.", mit ihren zitternden Händen fummelte sie nervös an ihrer Halskette herum.
Ich wusste nicht, was ich sagen sollte, denn sie tat mir unendlich Leid. Ich kann mir nicht einmal vorstellen wie es ist so eine dumme Mutter zu haben.
Ich spürte eine große Wut, als ich das Blut von ihrer Lippe wegwischte.
„Wie kann deine Mutter nur in dein schönes Gesicht schlagen?", ich fühlte mich blöd, als ich diese Aussage tätigte, doch Anna grinste wahrscheinlich voller Trauer oder Verzweiflung? Ich wusste nie was in ihr vorgeht, was sie denkt oder was sie fühlt, denn sie versteckte ihre Gefühle. Sie war so gut darin, dass ich mich so oft fragte, ob es ihr gut geht, sie nur so tut oder sie in ihrem Kopf schon über den Tod fantasiert.
„Danke.", flüsterte sie, immer noch mit einem leichten Grinsen im Gesicht.
„Deine Mutter ist einfach ein Arschloch und ich hoffe, sie bekommt das, was sie verdient. Für all das, was sie dir angetan hat, gehört sie mehr als nur in die Hölle.", meine Finger begonnen zu zittern.
Den ganzen Tag schon kam mir Anna abwesend und traurig vor, doch ich war mir nicht sicher, ob sie es war. Wahrscheinlich schon, denn wer wäre nicht wütend, nachdem er eigebtlich grundlos Schläge kassiert hatte.

„Ich habe noch ein Geschenk für dich.", ich wollte sie damit aufmuntern.
„Warten wir nicht, bis deine Eltern soweit sind?", fragte sie und stach dabei mit der Gabel in den leeren Porzellanteller.
„Die werden das schon in Ordnung finden, wenn ich dir dein Geschenk jetzt gebe.", ich entführte Anna von dem Esstisch in mein Zimmer.
„Ich habe nicht gewusst, was ich dir schenken sollte, deshalb hab ich das hier.", mein Herz schlug schneller, denn ich hatte Angst, dass es Anna nicht gefallen wird.
Mit voller Freunde riss sie das rote Weihnachtspapier auf und betrachtete mein Geschenk. Sie begann zu Lächeln. Das war ein echtes Lächeln, denn wenn es gefälscht wäre, könnten ihre Augen niemals so leuchten.
Sie hielt das flauschige Stofflama in den Armen. Es war fast so groß wie sie.
Anna fiel mir mit dem Lama in die Arme und behauptete, ihr würde das Geschenk sehr gefallen. Ein Stein fiel mir vom Herzen, denn ich dachte, sie würde es nicht mögen.
„Ich habe auch etwas für dich.", Anna ging zu ihrer Tasche und kramte ein schön verpacktes Geschenk heraus. Sie schaute mich erwartungsvoll an, bis ich das Geschenk auspackte.
„Du spinnst doch!", ich begann zu Lachen.
„Nie im Leben wirst du mich dazu bringen etwas auf eine Wand zu sprühen!", ich hielt eine rosane Sprühdose in der Hand. In der anderen Hand hielt ich Farben.
„Falls ich dich mal anmalen will, hab ich Körpermalfarben gekauft.", ich schaute auf die hellen Pastellfarben.
„Wird bestimmt witzig."
Ich bedankte mich bei Anna und kuschelte mit ihr, bis meine Eltern uns zu dem Essen riefen.
Ich liebte nichts mehr, als mit meiner Liebe zu kuscheln, während es draußen kalt und verschneit war.
„Darf ich fragen, was mir deinem Gesicht passiert ist?", mein Vater faltete das Geschenkspapier zusammen, um es vielleicht wiederverwenden zu können.
Anna schaute beschämend zu dem Boden.
„Meine Mutter.", mehr bekam sie nicht aus ihrem Mund. Tränen bildeten sich in ihren Augen.
Natürlich wollte ich sie beruhigen und streichelte mit meiner Handfläche ihren Rücken.
„Hat die einen Vogel?", meine Mutter stand wütend von dem Sofa auf, „Ich muss mit ihr mal reden, denn so etwas geht gar nicht!"
„Lass es.", flüsterte ich, wissend, dass Anna es nicht mögen würde, wenn meine Mutter mit ihrer reden würde.
Nach einigen Minuten beruhigte sich Anna auch schon.
„Es tut mir Leid, dass ich geweint habe.", sie wischte ihre verschwommene Mascara mit dem schwarzen Pullover weg. „Ich bin nur so dankbar, dass ich hier sein darf und mit euch Weihnachten feiern darf. Es ist nicht selbstverständlich, dass ihr mich so nett aufgenommen habt. Ich werde euch niemals genug dafür danken können."
Meine Mutter und mein Vater gingen zu ihr und umarmten sie. Yuppie Gruppenumarmung!

Die rosarote StadtWo Geschichten leben. Entdecke jetzt