Anna
Ein Anruf stoppte meine Musik, als ich gerade auf dem Weg zu der Schule war. Heute musste ich mit der Bahn fahren, denn Mark musste erst eine Stunde später in die Schule. Die Nummer, die mich anrief kannte ich nicht. Normalerweise ging ich nie bei unbekannten Nummern ran, doch diesmal war ich neugierig, wer mich anrief.
Hallo?", sagte die bekannte Stimme am Telefon.
Wer ist da?", fragte ich und ging den Feldweg entlang.
Ich bin es! Dein Dad.", meine Füße blieben auf der Stelle stehen. Jedes Wort schien mir nun unbekannt.
Ich ich dachte, du du wärst noch im ähm Gefängnis."
Sie haben mich vor drei Tagen entlassen. Deine Mutter gab mir diese Nummer.", er hörte sich anders an. Älter und irgendwie niedergeschlagen.
Ich wollte dich fragen, ob du dich mit mir treffen willst. Wir könnten essen gehen oder so.", ich war immer noch wütend auf ihn, doch neugierig zugleich. Es herrschte peinliche Stille für einige Sekunden.
Ruf mich einfach an, wenn du dich treffen willst.", noch bevor ich etwas sagen konnte, legte er auf. Meine Musik fing wieder an zu spielen, doch ich musste einige Minuten stehenbleiben und verarbeiten, was gerade passiert ist, bevor ich weiter gehe.
Nie in meinem Leben erwartete ich meinen Vater hinter der unbekannten Nummer.
Ich schwor mir, ihm nicht zu verzeihen, doch gleichzeitig hatte ich das Bedürfnis, meinen Vater nach so vielen Jahren wieder zu sehen. Ich wollte wissen, was er mir zu sagen hatte.Mit schnellem Tempo spazierte ich in das Schulgelände. Auf dem Gang sah ich Leon mit Jana zusammen, doch ich blickte ihnen gefühllos in die Augen, wärhend sie mich mit einem Blick, der töten könnte, anstarren.
Ich habe gehört dein Vater ist wieder frei.", erschrocken drehte ich mich um und sah keinen anderen als Leon. Er schien mir nachgelaufen zu sein. Sofort fragte ich mich, woher er diese Information hatte, denn ich erfuhr es schließlich erst vor fünf Minuten.
Ich befolgte den Rat von Mark und ging einfach weiter. Ich ging weiter und ignorierte seine Dummheit. Ich dachte stattdessen an Leyla und unseren gemeinsamen Abend gestern. Das Bild muss bestimmt schön geworden sein.In der dritten Stunde sah ich sie zum Glück in Kunst. Sie saß bereits schon auf unserem Tisch und schenkte mir ein freundliches Lächeln. Ihr Lächeln verriet aber auch, dass sie wahrscheinlich an gestern dachte.
Wie ist das Bild geworden?", fragte ich.
Sie zeigte mir es und es sah wunderschön aus, wie immer.
Ich kann es kaum erwarten in die Kunstuni zu gehen. Nur noch diese Monate überstehen und dann kann ich anfangen richtig zu leben.",
Sie lächelte mich an.
Ich denke, ich werde nicht auf die selbe Uni gehen, wie du.", aus ihrem Rucksack packte sie ihre Stifte.
Ist okay.". ich sollte ihr nicht böse sein deswegen. Es war schließlich ihr Leben und sie konnte eigene Entscheidung treffen. Trotzdem war ich traurig darüber und hoffte, sie würde ihre Entscheidung noch ändern.Während wir im Unterricht saßen, überlegte ich, ob ich meinen Vater sehen will. Ich war zwiegespalten.
Ist alles okay?", fragte Leyla, die etwas auf einem Blatt skizzierte. Sie bemerkte, dass ich nichts machte.
Es ist nur, dass mein Vater aus dem Gefängnis kommt.", flüsterte ich ihr ins Ohr, damit niemand anders unser Gespräch mitbekommen konnte.
Ich weiß nicht, ob ich ihn besuchen soll. Er hat mich eben heute in der Früh angerufen.", ich schnappte mir ein Bleistift und kritzelte etwas auf mein Blatt.
Wenn es dich interessiert, wie es ihm geht, dann besuch ihn. Du hast schließlich nichts zu verlieren.", sie hatte Recht. Ich wusste schon, dass er ein Arschloch ist und noch schlimmer kann es doch nicht werden.
Okay."
Gehst du alleine zu ihm?", fragte ich.
Ja."
Wenn du Unterstützung brauchst, weißt du ja, wo ich bin.", sie lächelte mich an. Ihr Lächeln machte meinen Tag sofort viel besser.
Danke.", flüsterte ich und widmete mich wieder dem Unterricht.
Nach der Schule nahm ich mein Handy zur Hand und rief meinen Vater an. Es fühlte sich komisch an, ihn nach so langer Zeit wieder zu hören.
Hast du morgen Zeit?", fragte er.
Ja.", ich war schon bei dem Telefonat unglaublich nervös.
Okay, dann komm einfach um sieben zu dem Casino in der Stadt.", ich fragte mich, was er dort wollte.
Dort gibt es super Tacos.", fügte er nach einem kurzen Schweigen hinzu.
Alles klar, dann bis morgen.", mit zittrigen Händen legte ich auf.
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Die rosarote Stadt
RomanceImmer wenn Anna mit Leyla zusammen ist, verwandelt sich die sonst so graue Stadt in eine rosarote Metropole. Leyla will alles über Anna erfahren, doch diese hält ihre Geheimnisse tief verschlossen. Zwischen Sonnenuntergängen und Graffittis wollen b...