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Leyla

Sogar als ich mit der Schule fertig war, verlor ich den Kontak nicht mit Mark Grüner. Er war ein sehr guter Mensch und half mir den Verlust besser zu verarbeiten. Ich wusste, es würde noch einige Jahre wehtun, doch das war in Ordnung. Oft träumte ich von Anna. Ich sagte in meinen Träumen immer zu ihr: Warum hast du mich Engel genannt, wenn du der Engel bist?", sie gab mir keine Antwort. Das einzige was sie tat, war mich zu umarmen und mir zu sagen, ich sollte meinen Traum leben.
Manchmal träume ich auch davon, wie sie mit Engelsflügel hoch oben schwebt und dieses Graffitti erstellt.
To die by your side is such a heavenly way to die"
Es war mir immer noch ein großes Rätsel wer dieses Graffitti gemacht hat. Wenn ich dann unter Tränen aufwache, fehlt sie mir am meisten. Ich würde alles dafür tun sie noch einmal zu umarmen.
Den Wettbewerb haben die zwei Mädchen mit der Skulptur gewonnen. Ihr Kunstwerk war auch wirklich wunderschön. Ich wurde disqualifiziert, weil ich mitten in dem Wettbewerb abgehaut bin und nicht mehr zurückgekommen bin. Ob ich sonst gewonnen hätte? Keine Ahnung. Anna hätte auf jeden Fall gewonnen, denn sie hätte dieses Kunstwerk viel besser gestaltet, als ich es jemals machen könnte. Nur der Künstler kennt sein Kunstwerk am Besten und weiß, wie er dies verkaufen kann. Ich war nicht der Künstler, sondern Anna. Ohne sie wäre dieses Kunstwerk nie entstanden.
Im Moment befindet sich das Kunstwerk, auf meinem Wunsch, in der kleinen Galerie in dieser Stadt. Ich wusste schon seit Anfang an, dass Anna in dieser Galerie ausgestellt gehört, denn sie ist an sich schon ein Kunstwerk. Dort oben ist es einfach unglaublich gut aufgehoben. Niemand wird es beschmutzen oder sonst irgendwie beschädigen. Diese Galerie war unser Ort und wird es nun auch für immer sein.

Annas Mutter gab mir vor einigen Tagen einen Brief, der Anna für mich geschrieben hatte, denn es stand mein Name drauf. Der Brief befand sich in dem Auto von meinem Engel.
Ich beschloss ihn erst im richtigen Moment aufzumachen, so endete ich auf einer Bank sitzend mit zitternden Händen den Brief aufmachen. Die Blumenwiese vor mir roch unglaublich gut und die schönen Sonnenblumen richteten ihre Blüte zu der untergehenden Sonne. Das erste Mal seit langem war ich wieder in der Natur. Die frische Sommerluft gab mir genügen Sauerstoff zum atmen.
Als ich den Brief aufmachte, biss ich mir die Zähne zusammen und fing an zu lesen. Schon bei dem Anblick von Annas Handschrift kamen mir die Tränen.

Hey mein Engel,

An einer Seite dieser Klippe befindet sich der Tod. Das unendlich Leere oder wie du sagst, der Glaube jedes Menschen. Der Ausblick, den so Mancher als Letzter wahrnehimmt, segnet mein ganzes Ich. Werde ich einen Schritt zu weit gehen, existiere ich immer noch, doch in einer anderen Form. Ob ich mich nun in die Wellen des Meeres oder ein Molekül der Sterne verwandle, ist ganz dem Erschaffer überlassen. Eins ist aber sicher: Ich werde nie ganz verschwinden. Man wird mich überall wieder finden, so wie alles Vergangene. Du musst nur gut genau schauen.
Das Leben wiederum befindet sich auf der anderen Seite der Klippe. Es scheint so, als würdest du hier stehen. Du streckst mir deine Hand aus und zeigst mir wahre Schönheit, wie ich sie noch nie gesehen habe. Wer braucht schon die anzüglichen Seiten des Todes, wenn du hier bist? Ich entscheide mich für die rosarote Seite des Lebens, somit gegen die graue Seite. Meine Entscheidung ist unvergänglich, im Gegensatz zu meinem Sein in dieser Form.

auf ein unendliches Leben,
Anna"

Die rosarote StadtWo Geschichten leben. Entdecke jetzt