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Anna

„Wow, das ist wahrscheinlich der schönste Sonnenuntergang, den ich je gesehen habe.", meine Leyla.
Es war wunderschön. Der Himmel nahm alle Farben an. Es reichte von blau bis dunkel violett.
Ich nickte und nahm sie in meinen Arm.
„Danke, dass du mir bei dem Projekt hilst."
„Das ist doch unser Projekt, schon vergessen?", murmelte sie.
„Stimmt.", als wir uns von der Umarmung lösten, gingen wir den weiten Feldweg entlang, weg von unserem großen Graffitti, auf der Hauswand. Diesmal zog sich der Schriftzug längs der gesamten Hauswand. Kurz und knapp sprayte ich „das Wunder, auf das du wartest", auf die Hauswand. Da die Stadt gestern Nacht ruhig war, hatte ich Glück und somit konnte mich niemand bei meiner Tat ertappen. Leyla stand brav auf dem Hausdach und sicherte mich mittels einem Seil. Ich wollte nämlich nicht auf die Straße fallen und sterben, als ich von der Hauswand hängte. Ich konnte Leyla nur dazu überreden mich zu sichern, indem ich sagte, dass ich es auch ohne sie machen würde und dies viel gefährlicher wäre. Leyla dachte nicht daran, dass ich mich ohne sie nie von der Hauswand abseilen konnte. Auf jeden Fall standen wir vor einigen Minuten stolz vor dem Haus und machten Bilder. Mich machte es glücklich, dass andere Jugendliche ebenfalls Bilder von meinem Kunstwerk machten und es betrachteten.
„Also, du hast vor dieses Jahr in diese Uni zu gehen, oder?", mich holte Leyla von meiner Gedankenwelt wieder in die Realität zurück.
„Ja.", ich schaute sie verwundert an.
„Ich weiß nicht, ob ich das auch machen will.", vor uns stand mitten im Feld eine Holzbank, auf die wir uns schließlich saßen. Auf die vereiste Holzbank legten wir eine Decke, welche ich in meinem Rucksack hatte, damit wir bei diesem kalten Wetter nicht frierten.
„Ich will vielleicht auf die National University of Singapore, weil es eine der besten Universitäten im Bereich Architektur ist.", beichtete sie mir.
Ich nahm ein tiefen Atemzug, dachte kurz nach und legte gleichzeitig meinen Arm um ihre Schulter, wärhend ich redete.
„Das ist toll.", sie sah mich verwundert an. „Du solltest deinen Traum verfolgen und ich will dich nicht von deinem Weg abhalten."
„Aber wir sehen uns dann nicht mehr."
„Hör mir zu:", die Stadt verschwand bald in der Dunkelheit, „Das Studium fängt in frühestens acht Monaten an und das heißt acht Monate, in denen wir so viel Zeit wie möglich miteinander verbringen können. Acht Monate ist eine verdammt lange Zeit und wir können doch noch so viele schöne Erinnerungen sammeln. Was in der Zukunft passiert, sollte uns jetzt nicht interessieren, denn wir leben jetzt und lieben uns jetzt."
„Du hast schon Recht.", ihre Aussage klang stark nach einem folgendem „aber", doch ich fragte nicht weiter nach.
„Wo denkst du, bist du in zehn oder zwanzig Jahren?", fragte sie. Wahrscheiblich wollte sie nur eine Antwort hören, da sie dachte ich hätte nur einen Plan, doch mein Gehirn machte tausende Pläne für die Zukunft, der Eine unrealistischer als der Andere. Wie ich auf der Straße nach Geld bettle, wie ich auf dem Mond spaziere, wie ich meine eigene Insel habe, waren nur einige Ideen. Ich gab ihr meine schönste Version.
„Nach unzähligen Liebesbriefen, welche ich dir geschrieben habe, fängst du an mich zu vermissen. Das Leben in Singapur wird dir zu stressig und durch eine Briefe erfährst du, wie mein Leben am Land so ist. Du beschließt, zu mir zu fahren. Das Taxi fährt zu meinem weißen, antiken, großen Haus. Ich sitze am Balkon, zeiche die grüne hügelige Landschaft. Es ist ein wunderschöner Sommertag und die Natur strahlt in voller Kraft und zeigt sich von ihrer schönsten Seite. Neben dem Vogelgezwitscher höre ich nach langem wieder ein Auto und blicke verwundert auf den Parkplatz. Es kommt mir vor, wie in Zeitlupe, als du mit deinem wunderschönen Lächeln aus dem Auto aussteigst. Dein helles Haar weht der Wind in dein schönes Gesicht. Nach einer Sekunde, die ich in Schockstarrd verharrte, laufe ich runter zu dir. Nach zehn Jahren spüre ich endlich wieder deine Anwesenheit und diese lässt meine ganze Einsamkeit auf einen Schlag verschwinden. Du verliebst dich sofort in diese atemberaubende Landschaft. Außerdem hat mein Haus ein Pool und wer würde schon zu einem Swimmingpool nein sagen? So leben wir glücklich bis an unser Lebensende in der Toskana, in Italien."
Das Grinsen in Leylas Gesicht war nicht zu übersehen. „Wow.", sie kuschelte sich noch mehr in meinen Arm hinein, „Du denkst doch nicht wirklich, ich würde Singapur für ein langweiliges Dorfleben verlassen?"
„Du bist so ein Idiot.", ich gab ihr spielerisch einen Schlag auf die Schulter. Sie drehte ihr Gesicht in meine Richtung und schaute mich direkt an.
„Aber für dich würde ich Singapur verlassen. Für dich würd ich jeden verdammten Ort dieser Welt verlassen."

Die rosarote StadtWo Geschichten leben. Entdecke jetzt