20

58 3 0
                                    

Anna

„Wir sollten raus gehen um das Bild zu machen.", schlug ich vor und stellte die Netflix Serie auf Pause.
„Stimmt.", wir standen auf und zogen uns an.
„Ich bin gespannt was du dorthin geschrieben hast.", Leyla packte noch schnell ihre blaue Kamera in die Tasche.
Wir gingen in die Stadt zu einem Wohnblock. Es war der perfekte Zeitpunkt, um ein Bild zu machen, denn die Sonne ging gerade unter, was an dem leich lila farbenem Himmel zu erkannen war.
Das Graffitti zierte sich von der einen Hauswand zu der Anderen und war eindeutig nicht zu übersehen. Die schwarze Schrift schmückte das trübe Wohnhaus mit der Beschriftung „love knows no gender". Schmunzeld sah ich zu Leyla rüber, auf deren Reaktion ich gespannt wartete.
„Was sagst du?", fragte ich nach langem Schweigen.
„Guter Spruch hast du da ausgesucht.", bemerkte sie.
Sie holte ihre Kamera raus und machte ein Bild von dem Graffitti, doch sie war viel schöner als das Graffitti. Unter ihren funkelden Augen lagen kleine Fältchen vom Lachen und ihr Haar glänzte in diesem Licht golden.
„Du bist so schön.", bemerkte ich, so wendete sie sich der Kamera ab. Ihre großen Augen musterten nun mich. Mit ihren Händen versuchte sie ihre roten Wangen zu überdecken.
„Nein.", ich war geschockt, dass sie mein Kompliment nicht annhemen konnte.
„Sag doch einfach danke.", ich umarmte sie im Stehen und spürte ihren unruhigen Puls.
Bestimmt einige Minuten standen wir da, nah aneinander und genießten die warme Sonne auf unserem Gesicht.
Leyla fragte mich was wir heute noch tun sollen und ich entschied mich ihr einen schönen Ort zu zeigen.
„Anna, warum nennst du mich immer bei meinem vollen Namen?", fragte sie neugierig auf dem Weg zu eine schönen Stelle.
Ich schaute sie nur fragend an.
„Alle nennen mich immer Ley, aber du nennst mich Leyla.", sie hatte Recht.
„Ich finde deinen Namen einfach zu schön um ihn abzukürzen, aber weißt du welcher Name noch viel besser zu dir passen würde?", ich lächelte sie an, „Engel, mein Engel."
Sie lachte. „Nein, ich bin kein Engel.", doch mit ihrer hellen Haut, ihren hellen Haaren und Augen, war sie nichts anderes als ein Engel. Ihr würden doch nur noch die Flügel fehlen und schon könnte sie losstarten und in den Sonnenuntergang fliegen.
„Doch.", ich legte meinen Arm um ihre Schulter.
Wir gingen in ein schönes Hochhaus und fuhren mit dem Aufzug in den letzten Stock. Als wir den Gang entlang gingen und die Tür auf machten, schmückten sich vor uns schon einige Gemälde.
„Wow.", Leyla klang nicht sehr begeistert.
Schöne Gemälde und Skulpturen schmückten die weiße Wand und den Raum, der mit dunkelbraunen Tapezboden ausgelegt war. Wir bewunderten, die Kunstwerke. Ich blieb vor meinem Lieblingskunstwerk wie in Trance stehen.
„La persistencia de la memoria oder auch auf Deutsch: Die Beständigkeit der Erinnerung."
Das Bild zeigt Uhren, die zerrinnen. Auf einem hohlen Baum hängt eine Uhr. Erst, wenn man es genauer betrachtet, erkennt man die Ameisen, welche auf einer rot schimmernden Uhr sitzen. Ebenfalls befindet sich eine Fliege auf einer der Uhren. Mir gefällt sein Werk sehr gut. Surrealistische Kunstwerke erstaunten mich.
„Ist es nicht erstaunlich?", ich starrte immer noch auf das Kunstwerk und spürte, dass Leyla mir aufmerksam zuhört.
„Die Uhren stellen die unendlich fließende Zeit dar. Wenn man darüber nachdenkt, ist Zeit schon etwas merkwürdiges. Für uns ist es so selbstverständlich, dass Zeit existiert und wir bemerken sie fast nicht.", ich drehte mich wieder zu Leyla.
„Naja, egal, lass uns weiter gehen."
Ich konnte mich zu gut in den Kunstwerken verlieren und sie stundenlang beobachten, ohne, dass mir langweilig wird.
An diesem Ort war ich in der Vergangenheit sehr oft, da die Kunstgalerie einfach ein sicherer Ort für mich ist, an dem mich niemand verurteilt oder angreift. Außerdem kann man hier oben zu gut über alles philosophieren und einfach vom stressigen Alltag abschalten. Ich tauche zu gerne in die Welt der Künstler ein und interpretiere alles in Bildern.

Die rosarote StadtWo Geschichten leben. Entdecke jetzt