Alte Freunde

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PoV Greta:

Greta erwachte am nächsten Morgen und rollte sich von dem Baumstamm, der ihr als Kissen gedient hatte. Sie streckte ihre Muskeln durch, dann stand sie auf und schlüpfte in ihre Stiefel.
Greta trainierte weiterhin frühmorgens, während der Tau noch auf den Grashalmen glitzerte und die anderen noch schliefen. Sie begann damit, am Ufer entlang zu laufen, eine Strecke quer durch den Wald, bis die Sonne bereits den Horizont erreicht hatte und ihre Haut feucht vom Schweiß war. Dann ging es weiter. Greta zog sich an einem tief hängenden Ast hoch und wiederholte die Übung 50 mal. Dann schwang sie sich nach oben, bis sie im Handstand auf dem Ast balancierte, beugte und streckte ihre Arme 50 mal.
Greta brauchte jedes mal 2 Stunden, bis ihre Muskeln gedehnt und gestärkt waren, dann joggte sie zum See, wusch sich den Schweiß von Gesicht und Körper und lief entspannt zurück auf die Lichtung. Levi erwartete sie bereits und legte Stöcke auf die glimmenden Holzreste, um das Feuer am Brennen zu halten. Sie setzte sich neben ihn und schnappte sich die letzte Karotte aus dem Korb.
"Du bist langsam geworden", sagte Levi, ohne sie anzusehen. Greta verschluckte sich beinahe an ihrer Karotte.
"Wie bitte?", fragte sie empört.
"Mund zu beim Essen", ermahnte er sie. Greta schluckte die Möhrenreste runter.
"Du hast die Runde schon in anderthalb Stunden geschafft", fügte er hinzu. Sie schnaubte.
"Es wird langsam Sommer, da geht die Sonne schneller auf."
Levi schnalzte mit der Zunge.
"So schnell nun auch wieder nicht", antwortete er. Greta stemmte die Hände in die Hüften.
"Soweit ich mich erinnere hast du noch nie trainiert!", empörte sie sich. Levi schnalzte mit der Zunge.
"Ich trainiere Nachts", antwortete er. Erst da fiel ihr das unscheinbare amüsierte glimmen in seinen Augen auf. Sie hob den Finger.
"Du bist so gemein!", rief sie und boxte ihm leicht gegen den Arm. Levi schnalzte mit der Zunge und packte ihr Handgelenk.
Ein Knacken ließ Greta innehalten. Levi und sie horchten auf.
"Du bist einfach verweichlicht ", knurrte Levi. Greta zog unauffällig einen Dolch aus dem Schaft ihres Stiefels.
"Und du bist ein Mistkerl!", fauchte sie. Levi ließ ihre Hand los.
"Und ich werde mich jetzt waschen gehen, also wehe dir, du folgst mir!" Sie stand auf und stapfte von der Lichtung. Greta war gerade beim Ufer angekommen, als eine Gestallt aus dem Schatten trat. Er wollte auf sie zugehen, da wurde er zurückgerissen. Levi hielt ihm Gretas Messer an die Kehle.
"Einen falschen Atemzug und du bist tot!", knurrte er.
"Tobias?", fragte Greta und runzelte die Stirn.
"Du kennst ihn?", knurrte Levi. Tobias warf einen ängstlichen Blick auf das Messer an seiner Kehle.
"Du kennst ihn?", fragte Tobias mit zitternder Stimme. Greta seufzte.
"Nicht der Rede wert"
Levi schnalzte mit der Zunge, während Tobias aufwimmerte.
"Was willst du von uns?", knurrte er.
"Wer bist du überhaupt?", fragte Tobias. Levi warf Greta einen Blick zu, der eindeutig nicht amüsiert war.
Als ob das ihre Schuld war!
"Das ist Levi, Levi Tobias, Tobias Levi", sagte Greta, als Levi sich offensichtlich weigerte, zu antworten.
"Was willst du hier, Tobias?", fragte sie weiter.
"Er soll das Messer runter nehmen", forderte er. Levi schnalzte mit der Zunge.
"Einen Scheiß werde ich!", knurrte er.
"Das ist mein Messer", antwortete Greta seufzend, "Gib es mir wieder" Levi funkelte sie an, dann ließ er die Hand sinken und warf ihr das Messer zu. Sie fing es mit der Schneibe zwischen Zeige- und Mittelfinger und steckte es wieder in ihren Stiefel. Levi gab Tobias, der sich mit großen Augen den Hals rieb einen Schubs und lehnte sich mit verschränkten Armen an einen Baumstamm.
Tobias musterte ihn mit großen Augen.
"Was ist das hier, Kleines?", fragte er, "Wo bist du nur hinein geraten?" Bei Erwähnung ihres Spitznamens registrierte Greta, wie sich Levis Augenbraue hob.
"Das ist nicht von Belang", antwortete sie kühl, "Was willst du hier?" Tobias ging ein paar Schritte auf sie zu, Levi stieß sich vom Baum ab. Tobias warf ihm einen verängstigten Blick zu.
"Das ist nah genug", knurrte Levi.
"Spiel dich nicht so auf", a twortete Greta. Tobias sah zwischen ihnen hin und her, machte den Mund auf, dann schloss er ihn wieder.
"Wir dachten alle, du seiest tot. Jesper und die Garde hätte dich umgebracht. Jetzt wo er neuer König ist.", beeilte Tobias, sich zu sagen. Greta gähnte.
"Das ist nichts Neues."
"Dann haben wir von dem Mordkommando erfahren. Und Kleines, wir haben von den Kindern erfahren", Tobias machte eine Pause. Levi hatte sich wieder an seinen Baum gelehnt und beobachtete sie beide mit verschränkten Armen.
"Auf jeden Fall bin ich dann los, um dich zu suchen, weil Juliet erfahren hat, dass die Kinder in einem Lagerhaus bei Kummer sind.", fügte Tobias hinzu. Greta runzelte die Stirn.
"Wie hast du mich gefunden?", fragte sie misstrauisch.
"Jesper dreht völlig durch", sagte Tobias stattdessen, "Ständig lässt er Gardisten hinrichten oder bestrafen. Selbst diejenigen, die glauben, du hättest Matthias umgebracht wollen, dass du zurück kommst und Jesper vom Thron stößt."
"Wie", sagte sie mit Nachdruck, "Hast du mich gefunden?" Levi warf ihm einen kurzen undeutbaren Blick zu.
"Juliet wollte wissen, was mit dir geschehen ist und hat sich in Jespers Zimmer geschlichen. Sie hat die Dokumente zum Lagerhaus und den Kindern gefunden. Dann hat Jesper sie entdeckt und auspeitschen lassen. In der Nacht bin ich mit ihr geflohen, doch sie konnte nicht weit. Die Wunden haben sich entzündet und sie ist in einem Wirtshaus schließlich gestorben" Tobias atmete tief durch.
"Dann bin ich weiter gelaufen. Ich hatte in Trost von einem Bombenanschlag auf einen Mann gehört, von dem ein blondes Mädchen und ein schwarzhaarige Junge geflohen sind. Also bin ich nach Trost, aber niemand war da. Ich habe die ganze Stadt durchsucht, bis ich dann in die Wälder gegangen bin. Ich fand Spuren eines Feuers und bin den Hufabdrücken bis zu eurem Lager gefolgt. Dann habe ich euch gesehen" Tobias schluckte und warf Levi einen verunsicherten Blick zu. Greta atmete tief durch.
"Juliet", wiederholte er leise, "Ist tot" Greta ging auf ihn zu, dann schlangen sich ihrer beider Arme umeinander.
"Sie war sehr tapfer", murmelte Greta und schluckte den schalen Geschmack auf ihrer Zunge hinunter.
"Das war sie", schluchzte er.
"Und sie war froh, dass du noch am Leben warst, Kleines" Greta spürte Levis Blick in ihrem Rücken, dann lösten sie sich von einander. Doch als sie Levi ansah, starrte er einen nahegelegenen Baumstamm zu Tode.
"Du weißt, wo die Kinder sind?", fragte sie. Tobias nickte. Greta sah Levi an.
Sag ja. Bitte, bitte, sag ja!
Er ignorierte sie.
"Du gehst nicht in die Stadt, um einem wildfremden Mann zu einem Lagerhaus zu folgen", knurrte er, ohne sie anzusehen.
Greta ging an Tobias vorbei, fasste Levis Ärmel und zug ihn außer Hörweite.
"Lass mich gehen", sagte sie. Levi entzog ihr ruckartig seinen Arm und verschränkte die Arme vor der Brust.
"Du bist wirklich dumm, wenn du gehst, obwohl das offensichtlich eine Falle ist.", knurrte er.
"Und wenn schon", antwortete sie, seinem Blick nach zu urteilen, hätte er sie für diese Aussage am liebsten geschlagen.
"Die Garde hat meine Familie entführt. Würdest du nicht auch alles tun, um Historia, Eren und Erwin zu retten?" Levis Kiefer spannte sich an
"Weißt du, was man Frauen wie dir antut, wenn du in die falschen Hände gerätst?"
"Davon gehe ich aus", sagte sie.
"Nein", war seine bloße Antwort. Er drehte sich weg.
"Dann bin ich raus", erwiderte sie.er blieb mitten in der Bewegung stehen und wandte ihr den Kopf zu.
"Ich habe mich euch nur angeschlossen, weil ihr versprochen habt, mir zu helfen, die Kinder zurück zu bekommen. Wenn ihr das nicht tut sehe ich keinen Grund zu bleiben!"
"Wir kümmern uns darum, wenn wir das hier geregelt haben!", knurrte er. Greta schnaubte.
"Weißt du, was sie mit kleinen Kindern wie ihnen tun?" Levi schnalzte mit der Zunge.
"Ich erlaube es nicht!" Greta stieß ein schrilles Lachen aus.
"Ich glaube du verstehst es nicht.", fauchte sie, "Ich werde gehen, so oder so. Aber ich will nicht ohne deine Erlaubnis!"
"Ich sagte Nein!"
"Was ist denn hier los?" Gretas und Levis Köpfe fuhren herum. Hangi stand an einem Baum.
Hangi?
"Vierauge", bemerkte Levi völlig gefasst, "Wie hast du uns gefunden?"
"Ich bin dem Geschrei gefolgt!", sagte Hangi trocken. Hinter ihr spähten Jean, Armin und Mikasa zu ihnen.
"Levi", sagte Hangi, "Greta hat Recht, es war Teil ihrer Vereinbarung. Wenn wir einen Hinweis auf die Kinder bekommen, dann müssen wir dem nachgehen" Levi schnalzte mit der Zunge.
"Greta, in diesem Kommando ist kein Platz für Einzelkämpfer. Wir stehen für einander ein und helfen uns. Also hör auf, unbedingt deinen Willen durchsetzen zu wollen", sagte Hangi an sie gerichtet.
"Sie wird auf keinen Fall diesem Hinweiß nachgehen. ", knurrte Levi. Hangi schob ihre Brille hoch.
"Greta wird mit Armin diesem Mann folgen.", erwiderte Hangi. Levi schnalzte mit der Zunge.
"Mikasa wird für sie gehen", presste er zwischen zusammengepressten Zähnen hervor.
"Mikasa kann sie begleiten, aber Armin und sie kennen die Gesichter der Kinder nicht.", hielt Hangi dagegen.
"Das sind zu viele. Damit fallen wir zu sehr auf", wiedersprach Greta.
"Greta bleibt hier", knurrte Levi. Und ignorierte sie dabei. Das Licht reflektierte in den Gläsern von Hangis Brille.
"Sie geht. Das ist mein letztes Wort", sagte Hangi. Levi schnalzte mit der Zunge, dann stapfte er an ihnen vorbei ins Lager. Alle Augen richteten sich auf Greta, doch sie drehte Levi demonstrativ den Rücken zu und stolzierte schnurstracks in die entgegengesetzte Richtung davon.

PoV Levi:

Levi lehnte an einem Baum und beobachtete, wie Mikasa, Armin und Greta ihre Pferde sattelten. Tobias stand daneben, die Hände in den Taschen vergraben. Es fiel Levi zunehmend schwerer, etwas anderes für ihn zu empfinden, als puren Hass. Schließlich stieß er sich vom Baumstamm ab und bedeutete Tobias mit einem Ruck seines Kinns, ihm zu folgen. Greta warf ihm einen warnenden Blick zu, doch er ignorierte sie.
Levi stapfte in den Wald, so weit bis er sich sicher war, dass Greta ihn nicht mehr hören konnte.
"Es ist mir scheißegal, aus welchen Gründen du hier bist", knurrte Levi und fixierte Tobias, der sich bemühte, nicht zurück zu weichen, "Die dort sind Mitglieder meines Teams und wenn ihnen auch nur ein Haar gekrümmt wird, werde ich dich finden und dir weh tun!" Tobias ballte seine zitternden Hände zu Fäusten. Es war ihm gut zuzurechnen, dass er nicht vor Levi zurückwich.
"Meinst du damit die Asiatin und den Blonden, oder nur Greta?" Tobias konnte gar nicht so schnell gucken, wie Levi ihm die Faust ins Gesicht geschmettert hatte. Er heulte auf und ging zu Boden.
"Wenn ich dir einen Tipp geben darf", röchelte er und wischte sich über die blutende Nase, "Lass die Finger von ihr. Sie hat bis jetzt jeden abgewiesen. Und es sieht nicht so aus, als ob du die Ausnahme wärst" Levi trat ihm mit voller Wucht in den Bauch.
"Sie interessiert mich nicht", knurrte er. Tobias lachte und richtete sich mit zitternden Beinen auf.
"Dann bist du kein richtiger Mann!" Levi schnalzte mit der Zunge und schloss die Faust um Tobias Kehle.
"Ich schlage vor, du suchst dir eine andere Reitgelegenheit. Denn du wirst dich von Greta, wie von Mikasa fernhalten!", presste er zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor.
"Weißt du, was das witzigste an dieser Situation ist?", keuschte er und rupfte an Levis Fingern, "Wenn du mich umbringst wird sie dir das nie verzeihen!" Levi drückte noch fester zu, dann stieß er Tobias auf den Waldboden und stapfte von der Lichtung zurück zum Lager. Mikasa und Armin saßen bereits auf den Pferden, während Greta aufsaß.
Er wollte nichts von ihr. Sie war nur eine Soldatin, die ihm zufällig unterstellt war. Natürlich war sie schön.
Levi hatte vor langer Zeit aufgehört zu lieben und er sah keine Notwendigkeit, das wegen ihr wieder zu ändern. Trotzdem war da diese kleine Stimme, die ihn an seine Rage erinnerten, als Kenny sie angefasst hatte oder das dringende Bedürfnis, sie zu beschützen und in ihrer Nähe zu bleiben. Es war fest in seinem Inneren verankert, wie das Schlagen seines Herzens. So natürlich, wie ein und ausatmen.
Er trat zu ihr.
"Was willst du?", fragte sie, und zog den Gurt an den Zügeln fest. Stumm hielt er ihr etwas entgegen. Greta sah skeptisch auf den Beutel. Sie nahm ihm den Stoffsack ab und schaute ins Innere. Ihre Augen weiteten sich.
"Mein Schwert!", rief sie und zog es aus dem Beutel. Die silberne Scheide leuchtete im Sonnenlicht, als Greta sich das entsprechende Bandelier umschnallte. Sie Griff nochmal in den Beutel und befestigte ihre Peitsche an ihrem Gürtel.
Levi zog stumm den Verschluss an ihrem Rücken nach, als sie sich zu ihm umdrehte.
Er durfte sie nicht festhalten.er musste sie gehen lassen.
Greta stieg auf ihr Pferd.
Das Sonnenlicht verfing sich in ihren Honigblonden Haaren und ihre Augen leuchteten.
"Danke", sagte sie leise. Levi schnalzte mit der Zunge und trat einen Schritt zurück, weg von ihr. Tobias schleppte sich aus dem Unterholz auf Armin zu, der ihn mit unglücklichen Gesicht hinter sich reiten ließ.
Levi sah ihnen nach, bis er sie nicht mehr sehen konnte.
Greta war ein sturkopf, ein Geschöpf purer Wildheit, das Grenzen und Regeln als pure Belanglosigkeiten empfand. Doch es waren diese kleinen Dinge an ihr, die er mochte. Ihr sanftes Lächeln, wenn sie sich um andere kümmerte, das Feuer in ihrem Herzen, dass sie zwang, immer weiter zu kämpfen, egal, was geschah und das Leuchten in ihren Augen.
Ein Leuchten, das heute zum ersten Mal ihm gegolten hatte.

Love and InstinctWo Geschichten leben. Entdecke jetzt