Abschied

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PoV Greta:

Greta verschlief den restlichen Tag und erwachte erst wieder, als sie einen warmen Körper an ihrem Rücken spürte, der sie an sich zog. Seine Hand lag flach auf ihrem Bauch und er strich mit dem Daumen über die Kontur ihrer Hüften, die sich durch den Stoff ihres Nachthemdes abzeichnete.
Levis warmer Atem streichelte ihren Nacken, als er ihr die Lippen auf die Wange drückte und sich hinter ihr zum Schlafen legte. Greta reagierte nicht, sondern wartete. Es war seltsam. Sie hatte sich immer vorgestellt, dass er es wissen würde. Weil er immer wusste, wenn etwas mit ihr nicht stimmte. Jetzt schlief Levi hinter ihr, die Arme um sie gelegt, die Hand auf ihrem Bauch, als wüsste er, dass sie ihr Kind unter dem Herzen trug.
Greta kämpfte mit den Tränen. Eine einzelne rann aus ihrem Augenwinkel über ihre Schläfe und tropfte ins Kissen. Sie presste die Lippen aufeinander und drückte ihre Verzweiflung nach unten, vergrub sie tief in ihrem Herzen. Er würde gesund wiederkommen. Er würde bei ihr bleiben und sich mit ihr um das Kind kümmern. Fünf, Sechs Monate waren gar nichts.

Als Greta am nächsten Morgen erwachte, war Levi bereits aufgestanden. Gähnend rollte sie sich auf dem Bett und musste sich am Bettpfosten abstüzten, da die Ränder ihres Sichtfeldes verschwammen. Sie lief ins Bad. Levi fuhr sich mit einem dünnen Rasiermesser über das Kinn. Sein Blick huschte kurz zu ihr. Sie trat hinter ihn, schlang die Arme um ihn und lehnte die Stirn an seinen Nacken. Er hielt in der Bewegung inne und legte das Messer weg, bevor er seine Hände auf ihre legte.
"Gut geschlafen?", fragte er.
"Ganz gut", log sie, "Und du?" Er fuhr über ihre Handrücken.
"Auch", murmelte er. Greta reckte den Kopf und drückte ihre Lippen auf den Wirbel , der sich knapp oberhalb des Saumes seines Hemdes abzeichnete. Levi drehte sich zu ihr um, das Gesicht zur Hälfte mit weißem Schaum bedeckt. Sie gluckste und nahm das Messer, bevor sie über seinen Kiefer fuhr. Er hielt sie dabei fest in den Armen.
Greta betrachtete ihr fertiges Wek und lächelte. Levi beugte sich zu ihr und drückte ihr die Lippen auf den Wangenknochen. Sie kreischte kurz, als er Reste des Rasierschaums auf ihrem Gesicht verteilte, während er mit den Lippen über ihre Wangen bis zu ihren Mundwinkeln nachfuhr.
Greta schlang die Arme um seinen Hals, fuhr mit den Fingern über die weichen kurzen Haare an seinen Nacken, während sie in der anderen noch sein Messer hielt.
Levi küsste sie. Sie wandte den Kopf ab.
"Du schmeckst nach Seife!", beschwerte sie sich. Er stieß ein dunkles Lachen aus.
Ein Klopfen an der Tür unterbrach sie beide.
"Greta?", das war Carlas Stimme.
"Ja?", rief sie.
"Ich dachte, du willst vielleicht heute hier essen", antwortete sie, "Ich hab Frühstück mitgebracht" Greta warf Levi einen kurzen Blick zu.
"Klingt vernünftig", raunte er und drückte ihr die Lippen auf die Schläfe, bevor er sie losließ, sich abwandte und dem Rasierschaum abwusch.
"Klingt vernünftig", wiederholte Greta und lief zur Tür, um zu öffnen. Carla balancierte ein Tablett mit zwei Tassen und zwei Schüsseln Haferbrei ins Zimmer. Die beiden Frauen setzten sich im Schneidersitz auf den Teppich.
"Was ist das da in deinem Gesicht?", fragte Carla und nippte an ihrer Tasse. Greta wischte sich restlichen Schaum ab.
"Nicht so wichtig", sagte sie und Griff nach dem Brei. In diesem Moment kam Levi aus dem Bad. Er warf einen schnellen Blick auf die beiden, dann auf den danebenstehenden Tisch und schnalzte mit der Zunge.
"Wir hätten nicht genügend Stühle", erklärte Greta. Er seufzte und setzte sich neben sie. Greta balancierte ihre Schüssel auf dem Knie und überließ Levi die Teetasse.
"Und", fragte Carla, es war offensichtlich, dass ihr die Situation unangenehm war, "Wie geht es euch?" Greta verschluckte sich fast an ihrem Brei.
"Besser", antwortete sie und warf Carla einen vielsagenden Blick zu, "Heute, da ich NICHT gerannt bin" Carla nickte verstehend.
Levi nahm den Löffel und verzog den Mund, als er sah, wie sie die Schüssel auf dem Bein balancierte.
"War sie früher auch so ein Schmierfink?", fragte er Carla. Diese, offensichtlich überrumpelt, dass er überhaupt ein Wort an sie verschwendete, schluckte unbehaglich.
"Immer", sagte sie dann, "Einmal haben wir sogar im Bett gegessen" Levi wirkte erschüttert.
"Hey!", beschwerte sie sich, als er sich einen Löffel von dem Brei nahm. Er fuhr ihr durch die Haare und hielt ihr einen neuen Löffel hin ein.
"Füttest du mich schon?", fragte sie, was sie jedoch nicht davon abhielt, sich den Löffel in den Mund zu stecken.
"Einmal zum Abschied", erwiderte er, "Gewöhn dich nicht daran" Greta verstummte.
"Ihr werdet ja nicht lange weg sein", mischte Carla sich ein.
"Sie hat Recht", murmelte Levi und streifte ihre Schulter mit seiner. Sie reagierte, in dem sie ihm die Tasse aus der Hand nahm und zur Hälfte leerte.

"Manchmal habe ich das Gefühl, er hasst mich gar nicht so sehr", sagte Carla, als beide Frauen untergehakt den Flur hinab gingen.
"Levi hasst eigentlich jeden", erwiderte Greta, "Es gibt nur Abstriche zwischen weniger und stark hassen" sie grinste.
"Außer dich", murmelte Carla. Greta hob eine Augenbraue.
"Glaubst du wirklich, er würde es nicht verstehen, wenn du es ihm heute sagen würdest?" Greta verzog den Mund.
"Meine Entscheidung ist gefallen und jetzt stehe ich dazu", erwiderte sie.
"Ich glaube, er wäre gerne Vater", antwortete Carla leise, "Glaubst du nicht, es wäre eine Erlösung für ihn, wenn du ihm die Möglichkeit gäbest, aufzuhören? Einen Ausweg aus diesem Ganzen... Gemetzel?"
"Das ich schwanger bin ändert doch nichts daran, dass er sich verpflichtet fühlt", erwiderte sie und wollte noch etwas hinzufügen, als Hangi um eine Ecke kam und mit offenem Mund stehen blieb. Greta erstarrte.
Hangis Blick glitt von ihr zu ihrem Bauch, zurück in ihr Gesicht.
"Oh Gott", murmelte sie.
"Ich...", fing Greta an und stoppte wieder, weil sie keine Antwort fand.
"Weiß er es?", fragte Hangi tonlos. Greta schüttelte den Kopf.
"Es ist...", versuchte sie es nochmal, "Bitte versprich, dass du ihm nichts sagst" Hangi schluckte.
"Er würde nicht mitkommen", redete sie weiter, "Er würde hier bleiben wollen und dann..."
"Levi hat seine Befehle", erwiderte Hangi ruhig.
"Und würdest du ihm wirklich befehlen, mitzukommen, wenn er hier bleiben wollte?", fragte Greta. Hangi blieb stumm. Dann schüttelte sie den Kopf.
"Versprich es mir", verlangte Greta. Zögerlich nickte Hangi. Greta atmete tief ein und aus.
"Viel Glück für die Mission", sagte sie dann, "Ich hoffe wirklich, dass ihr alle wohlbehalten zurück kommt" Hangi antwortete nicht und nachdem Carla und Greta einen Blick gewechselt hatten, gingen beide an ihr vorbei.
"Greta", rief Hangi. Greta blieb stehen und drehte sich zu Hangi um. Das Licht der Sonne verfing sich in Hangis Brillengläsern.
"Dir auch viel Glück. Und alles Gute", sie nickte. Hangi nickte.

PoV Levi:

Levi wartete mit verschränkten Armen neben Hangi, während die Kutsche in den Innenhof vorfuhr. Greta stand hinter ihm, eingekleidet in ihre Offiziersrobe.
Die Königin stieg aus der Kutsche. Levi verzog keine Miene. Auch nicht, als Hangi vortrat.
"Eure Majestät", sagte sie, "Wir gratulieren Euch als werdende Mutter" Historia nickte hoheitsvoll. Sie blickte an Levi vorbei und ihr Blick hellte sich auf.
"Es ist schön, euch alle wiederzusehen", sagte sie und sah in die Gesichter ihrer alten Kameraden, "Auch wenn es nicht lange sein wird" Greta trat vor.
"Dann wirst du wohl mit mir Vorlieb nehmen müssen", sagte sie und grinste. Die anwesenden erstarrten, aufgrund der legeren, unköniglichen Anrede. Historia jedoch entspannte sich sichtlich.
"Ich sehe, ihr habt eure stärksten Männer ausgeschickt, um mich zu beschützen", sagte die Königin mit einem Lächeln zu Hangi.
"Stärksten und fähigsten, wenn bitte", sagte Greta grinsend. Levi packte ihr Handgelenk. Historia dagegen kicherte.
"Wir müssen euch leider verlassen, euer Majestät", murmelte Levi. Historia nickte.
"Viel Glück für eure Mission", sagte sie. Hangi nickte den restlichen zu und sie setzten sich nach einer kurzen Verbeugung Historia gegenüber in Bewegung. Mikasa streifte im Vorbeigehen Gretas Arm, Armin lächelte zaghaft, Sasha und Conny grinsten und Jean wagte es, ihr auf die Schulter zu schlagen, wofür er einen finsteren Blick von Levi erntete. Einzig Eren blieb stumm. Levi drehte sich zu ihr um und sie fiel ihm um den Hals. Er schlang die Armw um sie und vergrub die Nase in ihrem Haar. "Ich liebe dich", raunte sie ihm ins Ohr.
"Ich weiß", erwiderte er. Greta boxte ihm in die Seite. Er küsste sie.
"Ich dich auch", murmelte er. Dann ließen sie einander los und er stieg auf sein Pferd.
"Und wag es ja nicht, verletzt zu werden!", rief sie ihm noch zu. Doch er wusste, das das ihre Art war, ihm zu sagen, dass sie sich Sorgen um ihn machte. Er nickte. Dann ritt er los, folgte Hangi bis an die Spitze. Bis hinaus aus dem Tor.
Nach Marley.
Weg von ihr.

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