Das blonde Mädchen

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PoV Greta:

Greta erwachte in einen fremden Zimmer. Sie schlug die Augen auf und schreckte in dem Bett hoch. Das saubere weiße Laken hatte sich um ihre Beine gewickelt. Die Wände waren weiß gestrichen, außer dem Bett in dem sie lag gab es noch einen hölzernen Tisch, Stuhl und einen Schrank. Über dem Stuhl waren Gretas Kleider gefaltet. Sie legte den Kopf schief. Jemand hatte ihre Kleider gewaschen.
Ihr Blick fiel auf ihre Hände, auf die saubere Haut, die, so weit sie sich erinnern konnte eigentlich voller Blut sein sollte. Ihre Handgelenke rasselten, als sie die Decke anhob. Ihr wurde Übel.
Irgendwer hatte sie an das Bett gekettet.
Greta tastete mit den Fingern vorsichtig das Schloss ab. Es dauerte ein paar Minuten, bis sie die Handschellen abstreifen konnte. Sie war alleine im Zimmer, doch das Fenster, durch welches helles Sonnenlicht fiel, war mit einem schweren Eisengitter versehen und sie bezweifelte nicht, dass hinter der Tür jemand Wache stand.
Lautlos schlich sie zu ihren Kleidern und zog sich an. Sie hätte fast geseufzt, als sie weder ihr Geschirr, noch eines ihrer Messer fand, doch das ließ sich jetzt nicht mehr ändern. Leise schlich sie zum Fenster und öffnete es.
Greta befand sich im dritten Stock eines Hauses, unter ihr waren mehrere Personen in Grünen Umhängen. Als sie den Blick wendete, erkannte sie am Horizont die Dächer Kummers.
Greta war also beim Aufklärungstrupp. Sie stöhnte innerlich. Ihr Blick fiel auf einen hervorstehenden Nagel. Sie schloss ihre Finger um das Metallstück und riss es mit einem Ruck an der Wand. Dann schlug sie so kräftig es ging auf die Verankerung des Gitters in der Wand ein.
Hektische Stimmen wurden hinter der Tür laut. Greta holte wieder aus. Steine und Mauerstücke regneten auf sie herab. Die Tür würde aufgerissen und Greta fuhr herum.
Ein großer blonder Mann mit markanten Agrnbrauen, eine Frau mit Brille und Zopf und ein kleinerer Mann mit schwarzem Haar und grauen Augen standen in der Tür. Greta hatte die Frau und den Mann mit den schwarzen Haaren schon einmal gesehen, er war der jenige gewesen, der ihr den Arm auf den Rücken gedreht hatte.
"Ich danke für eure Gastfreundschaft.", rief Greta und bohrte den Nagel ein letztes Mal in die fast lose Verankerung des Gitters, "Aber ich fürchte, ich muss leider schon gehen!" Mit voller Wucht warf sie sich gegen das Gitter. Es wurde aus der Mauer gerissen und fiel mit ihr zusammen auf den Boden.
Greta landete auf den Füßen, rollte sich ab und sprintete los. Die Rekruten, die sich in ihrem Weg befanden stieß sie einfach weg. Greta rannte gerade durch das Tor, als etwas schweres auf ihrem Rücken landete und sie der Länge nach über die Straße rutschte. Sie drehte den Kopf. Die Frau saß auf ihr und klatschte verzückt in ihre Hände.
"Hab sie!", rief sie erfreut. Greta fauchte, drehte sich und stieß die Frau von sich herunter. Sie rappelte sich gerade auf, als jemand die Arme unter ihren Achseln hindurch schob, und sie hoch hob. Sie zappelte mit den Füßen, ihre Zehen streiften kurz den Boden, doch sie konnte sich kaum bewegen.
"Lass mich sofort runter!", verlangte sie. Wer auch immer sie festhielt schnalzte mit der Zunge, sie spürte den Lufthauch an ihrer Wange. Die Frau richtete sich auf und rückte die Brille zurecht.
"Sie ist schmutzig!", sagte eine Stimme ganz nah an ihrem Ohr. Die Frau klopfte sich den Staub von der Hose.
"Sie ist ja auch in den Dreck gefallen.", erwiderte sie.
"Ich habe gesagt, du sollst mich loslassen!", schrie Greta und trat mit voller Wucht hinter sich. Sie erwischte ein Schienbein und der Griff des Mannes lockerte sich für eine Sekunde. Greta nutzte die Zeit, um sich aus seinen Armen zu winden. Sie holte mit der Faust aus, doch der Mann mit den schwarzen Haaren packte ihr Handgelenk, kurz bevor sie sein Gesicht erreicht hatte. Er stieß sie auf den Boden, seine Hände drückten ihre Schultern in den Sand. Für einen kurzen Moment blitzte etwas in seinen stahlfarbenen Augen auf.
Gretas Hand vergrub sich in dem sandigen Boden. Sie schmiss dem Mann mit voller Genugtuung eine Hand voll Sand ins Gesicht, zog die Füße an und trat ihn mit voller Wucht von sich runter.
Ihre Füße schmerzten, als sie aufsprang. Der Mann war stark, stärker als jeder, gegen den sie je gekämpft hatte. Die Frau hatte ihre Klingen gezückt und auf sie gerichtet. Der Mann wischte sich kleine Steine aus seinem Haar. Er wirkte eher genervt, als wütend. Greta ging in Kampfhaltung.
Ein Klatschen zerriss die Spannung in der Luft um sie herum. Sie drehte sich um.
Der große blonde Mann kam klatschend auf sie zu.
"Das war hervorragend!", applaudierte er. Greta verschränkte die Arme vor der Brust.
"Was soll das hier werden?", fragte sie. Die Mundwinkel des Mannes zuckten.
"Ich bin Kommandant Erwin, das ist Hangi und dass Levi.", er deutete nacheinander auf sich, dann auf die Frau, dann auf den Mann.
"Das war nicht meine Frage.", erwiderte Greta unbeeindruckt. Sie redete gerade mit dem Kommandanten des Aufklärungstrupps.
"Du bist uns wohl klar im Vorteil", sagte der Mann, Erwin. Greta hob eine Augenbraue, "Du kennst unsere Namen, wir aber nicht deinen."
"Mein Name ist nicht von Belang!", fauchte Greta, "Was genau wollt ihr von mir?"
"Lass das mich entscheiden.", sagte Erwin. Greta musterte ihn kurz.
"Ich werde jetzt gehen!", sagte sie. Der Mann verzog das Gesicht.
"Du schuldest uns ein paar Antworten.", sagte er und sah sie mit steinerner Miene an, "Schließlich hast du unser Fenster kaputt gemacht." Sie schnaubte.
"Also bitte, ich bin in einem fremden Zimmer an ein Bett gekettet aufgewacht!", erinnerte sie ihn, "Wenn überhaupt schuldet ihr mir eine Entschuldigung!" Sie drehte sich um und wollte loslaufen, als plötzlich Levi vor ihr auftauchte. Sie spuckte auf den Boden.
"Hör gefälligst zu, Balg!", blaffte er und packte ihre Schultern.
"Jetzt hör du mir mal zu!", knurrte sie und tippte ihm mit den Finger auf die Brust, "Wenn du mich noch einmal anfasst, dann werde ich dich bei lebendigem Leib häuten! Und jetzt geh mir aus dem Weg!" Sie schüttelte seine Hände ab, trotzdem fasste er ihr Handgelenk, als sie sich an ihm vorbei drängen wollte. Sie fauchte.
"Lass sie gehen, Levi!", wieß Erwin ihn an. Hangi blinzelte ihn verwirrt an.
"Wir können niemanden zwingen, hierzubleiben. Aber wir können dir folgen." Greta befreite sich mit einem Ruck aus Levi's Hand. Er und sie funkelten sich für einen Moment an, dann stürmte Greta los.
Sie wollten ihr folgen?
Sie würden sie erst einmal finden müssen!

Greta sprintete den Weg entlang und bog kurz vor den Mauern von Kummer in den Wald ein. Ihre Füße flogen über das Unterholz, als sie einem schmalen Pfad folgte, bis sie schließlich an einer Hütte ankam. Die Hütte bestand aus grauem Stein und ein großer Taubenturm ragte zwischen den Bäumen auf. In dem Haus brannte Licht, doch das musste nichts heißen. Greta hatte die Hütte damals einer Freundin überlassen, Carla.
Carla kümmerte sich um die Tauben und war angewiesen worden, sich um die Kinder zu kümmern, sollten diese irgendwann dort auftauchen. Greta öffnete die Tür.
Carla saß gerade am Küchentisch und schälte Kartoffeln. Verwundert sah sie auf.
"Greta?", fragte sie.
"Sind die Kinder hier?", fragte Greta hektisch. Carla sprang sofort auf.
"Was ist los?", fragte sie. In diesem Moment hörte Greta ein Zischen hinter ihr. Sie musste sich nicht umdrehen, um zu wissen, dass Levi hinter ihr stand. Sie ignorierte ihn.
"Titanen haben die Stadt angegriffen. Ich habe den Kindern gesagt, sie sollen zu der Hütte rennen. Sind sie hier?", fragte Greta. Carla sah sie mit großen Augen an. Sie hatte schwarzes Haar mit gebräunter Haut und trug mit Vorliebe Rote Kleider.
"Ich musste für drei Tage weg. Bin gerade erst zurückgekommen.", sagte sie besorgt, "Vielleicht sind die Kinder schon im Gang." Greta wartete keine Antwort ab, sondern hechtete an Levi vorbei bis zum Garten. Dort riss sie einen Teil des Blumenbeetes heraus, bis sie eine massive Holztür erblickte. Sie öffnete die Tür und schlüpfte in den Gang.
"Greta warte!", rief Carla und folgte ihr unter die Erde. Zwei weitere Personen folgten Carla. Sie erkannte schwarzes und blondes Haar. Greta raffte den Stoff ihres Dickes und rannte den Gang entlang.
"Anika, Kitty, Lydia, Max, Luca!", schrie sie, "Seid ihr hier?" Ein Geräusch kam vom Ende des Ganges. Sie beschleunigte ihre Schritte.
"Greta?", fragte eine zaghafte Stimme. Greta kam in einem großen Hohlraum an, der von einer einzigen Kerze erleuchtet wurde. Der ganze Boden war mit Blut und weißen Margareten bedeckt. Und mitten im Raum lag der blutende Körper eines Kindes.
"Anika!", schrie sie und rannte durch den Raum. Anika drehte ihr den Kopf zu. Ihr Körper war über und über von Schnitten bedeckt. Sie ging auf die Knie und nahm den zitternden Körper des kleinen Mädchens in ihre Arme. Aus Anikas Augen rannen Tränen.
"Sie haben sie mitgenommen. Lydia, Max, Luca und Kitty. Es tut mir so leid.", sagte sie.
"Was haben sie dir angetan?", fragte Greta mit vor Wut zitternder Stimme. Sie wischte Anika eine Strähne aus dem Blutverschmierten Gesicht.
"Ich wollte sie nicht durchlassen.", sagte sie, sie Griff nach Gretas Bluse und klammerte sich fest.
"Ich hab so Angst." Greta zwang sich, ruhig zu sein, dann hob sie Anika hoch, bettete sie in ihre Arme.
"Alles ist gut!", Log sie, "Ich bin bei dir, ich verspreche dir, dass alles gut wird." Sie lief vorsichtig los. Anika sollte nicht an so einem Ort sterben. Greta erreichte die Öffnung und stieg in die frische Luft. Die Dämmerung legte sich bereits über sie. Bald würde die Dunkelheit über sie hineinbrechen. Das Mädchen in ihren Armen zitterte.
"Ich habe sie im Stich gelassen.", schluchzte sie. Greta strich ihr über die Wange.
"Nein", murmelte sie beruhigend, "Du hast niemanden im Stich gelassen. Du warst tapferer als jeder andere."
"Greta, ich habe Angst.", sagte sie mit kratziger Stimme.
"Alles wird gut, dass verspreche ich dir.", antwortete sie leise, "Du wirst sehen, bald geht es dir nicht mehr schlecht." Anika lächelte zaghaft und brachte eine Zahnlücke zum Vorschein.
"Machst du dann Pfannkuchen?", fragte sie. Greta nickte.
"Natürlich." Blut sickerte in ihre Handflächen Anikas Pupillen flogen zum trüben Himmel.
"Mir ist so kalt.", flüsterte sie, "Und ich bin müde." Greta zog sie fester zu sich.
"Dann Schlaf ein. Keine Sorge. Ich bin bin hier und passe auf dich auf.", erwiderte sie traurig.
"Kannst du singen?", fragte Anika. Greta nickte und beugte sich zu ihr. Sie kannte die Melodie, kannte die Rhythmen auswendig, waren es die Worte, mit denen sie ihre eigene Mutter damals in den Schlaf gesungen hatte. Greta drückte Anikas Hand, sich der Glanz war aus ihren Augen gewischen. Sie schluchzte auf, drückte ihre Lippen auf Anikas Stirn und schloss ihre Lieder für immer. Es war ihr egal, dass Carla, Erwin, Levi und wer sonst noch in den Bäumen hockte, sie hören konnte. Carla legte ihr die Hand auf die Schulter.
"Es tut mir so leid.", sagte sie. Greta wischte sich über das Gesicht. Sie ignorierte das klebrige Gefühl von Blut an ihren Fingern.
"Das muss es nicht.", antwortete sie und atmete tief durch, verbannte die Trauer an einen Ort tief in ihrem Herzen verbunden.
Es dauerte eine Weile, bis Greta das Grab geschaufelt hatte und Anika zu Ruhe legte. Carla, Levi und Erwin standen am Rand der Lichtung, Carlas Hände waren auf ihre Brust gedrückt. Greta klopfte sich Erdklumpen von ihrem Rock. Sie trat zu Erwin.
"Wie viele von euch hocken zur Zeit in den Bäumen?", fragte sie. Erwin reagierte erst nicht. Greta seufzte.
"Ich zähle sieben.", sagte sie. Carla sah sie aus großen Augen an.
"Greta, was hast du vor?", in ihren Augen schwammen Tränen. Sie wandte sich von Erwin ab und stapfte zu der Hütte.
"Jetzt", sagte Greta, "Mach ich Pfannkuchen!"

Drittes Kapitel fertig, hoffe, es gefällt euch

Love and InstinctWo Geschichten leben. Entdecke jetzt