Shinganshima

195 11 0
                                    

PoV Greta:

Greta führte ihr Pferd neben Levi durch die Dunkelheit nach Shinganshima. Sie waren am späten Mittag aufgewacht und hatten sich wortlos zu den Mauern aufgemacht. Beide schwiegen sie.
Die Schlacht würde blutig werden und vielleicht... vielleicht würde einer von ihnen nicht mehr zurückkehren. Greta fragte sich, ob sie es dann bereuen würde, keine Gelegenheit gehabt zu haben über diese Sache mit ihm zu reden.

Levi nahm es schweigend hin, dass sie ihn, wie von Erwin angeordnet, begleitete und wartete neben ihr auf den Dächern. Angestrengt spähte sie in die Ferne zum Horizont.
Da plötzlich kam Nebel auf und sie blinzelte, bevor sie erschrocken aufschrie. Vor ihr war eine Mauer von Titanen, einer hässlicher, als der nächste. Sie stieß einen Fluch aus.
Da packte ein affenähnlicher Titan plötzlich ein Faß von einem Karren und warf es in hohem Bogen über die Dächer nach Shinganshima.
Greta wollte gerade eine spöttische Bemerkung machen, da explodierte der Himmel und ein riesiger Berg aus seinigen Muskeln fiel auf die Stadt herab. Sie würgte und wäre beinahe vom Dach getaumelt, wenn Levi nicht ihren Ärmwl gepackt hätte.
"Berthold", knurrte er. Greta hatte keinen Plan, wen er meinte.
"Wäre ich dieser Titan, dann würde ich mich schämen, so rumzulaufen.", bemerkte sie. Er hob eine Augenbraue.
"Hast du ihn dir mal angesehen?", fragte sie, "Der ist ja wirklich hässlich" Levi schüttelte den Kopf.
"Bleib bei der Sache", wieß er sie an.
"Es geht nicht ", sagte sie und kicherte. Er wandte den Blick ab und schnalzte mit der Zunge. Sie hätte schwören können, das seine Augen belustigt auffunkelten.
Erst da blickte sie wieder auf den Horizont und ihre Miene verdunkelte sich.
"Was macht er da?", fragte sie. Der Tiertitan hatte einen Felsbrocken gepackt und zertrümmerte ihn in seinen Händen zu kleinen Felsbrocken. Er holte aus. Levis Augen wurden groß.
"Runter!", brüllte er, Greta hatte sich schon in Bewegung gesetzt, da packte er sie um die Taille und riss sie vom Dach aufs Gras. Sie kreischte überrascht auf, als sie beide in der Wiese landeten und er auf ihr liegen blieb. Nicht einen Moment zu früh, denn Spitze Felsbrocken fegten über sie hinweg.
Atemlos spürte sie seinen Atem in ihrem Haar.
"Geh von mir runter", verlangte sie heiser. Levi stützte sich auf seine Oberarme und musterte sie eingehend.
"Du bist nicht verletzt", murmelte er. Greta wusste nicht, ob es eine Frage oder eine Feststellung war. Oder ob er überhaupt mit ihr gesprochen hatte.
"Geh von mir runter!", wiederholte sie mit Nachdruck, "Und wenn du schon dabei bist, könntest du mich das nächste Mal vorwarnen, bevor du mich von einem Dach schubst. Levi stand von ihr auf.
"Wärst du lieber von einem Stein durchbohrt worden?", knurrte er mürrisch. Greta kam auf die Füße und öffnete den Mund, als ein Knirchen sie unterbrach. Levi packte ihren Arm und riss sie hinter die nächste Häuserfassade.
"Ich hab mich noch nicht entschieden!", entgegnete sie spitz und rieb sich den pochenden Ellbogen.
Wieder wurden Schreie Laut, dann eine ohrenbetäubende Stille. Greta schluckte.
"Wir müssen hier weg", murmelte Levi und spähte um die Hausecke, "Das ist das reinste Schlachthaus!" Greta hätte ihm zugestimmt, hätte sie sein leichtfertiger Gebrach des Wortes Wir nicht plötzlich aus der Fassung gebracht.
Seine Hand hielt ihren Arm noch immer fest umklammert und sie fragte sich, ob er das schnelle Schlagen ihres Herzens bemerkte. Ob er die Hitze ihrer Haut bemerkte.
Levi sprang auf die Füße und zog sie unsanft von ihren Träumen in die Wirklichkeit. Und auf die Füße.
Sie stieß ein Fauchen aus.
"Ich brauche den Arm noch", bemerkte sie, "Wir sind meilenweit von der Zivilisation entfernt  es bringt dir rein gar nichts, wenn du ihn brichst!" Levi schnalzte mit der Zunge.
Seine Finger lockerten sich. So weit, dass sie sich hätte befreien können, wenn sie gewollt hätte. Sie stellte sich neben ihn und spähte auf das weite Feld.
"Oh Gott", stieß sie aus, dann hatte sie gerade noch Zeit, zurück hinter die Hausfassade zu weichen, bevor erneuter Beschuss alles Leben zwischen den Häusern auslöschte. Putz regnete auf sie herab, die Fassade bröckelte, sie würde keinem weiteren Angriff standhalten.
Sie mussten hier weg. Ihre Blicke trafen sich und Greta befreite ihren Arm, nur um seine Hand zu fassen.
"Auf dein Zeichen", murmelte sie und er starrte erneut um die Fassade, er drückte ihre Hand. So wie er es in der Nacht getan hatte.
Dann schnalzte Levi mit der Zunge und sie sprinteten los.
In den Einzelnen Feuerpausen rannten sie die Häuser entlang nach hinten, während er seinen Männern den Rückzug zu den Mauern zu bellte.
Dabei ließ er ihre Hand kein einziges Mal los.

*Skip bis zu Erwins Rede an die Soldaten*

Greta war wie erstarrt, während die Worte Erwins hohl in ihrem Kopf wiederhalten.
Ihr Körper war von seltsamer Taubheit ergriffen.
Sie würde sterben. Sie würde hier im gottverdammten Nirgendwo sterben.
Kitty, Lydia, Luka und Max würden ihre Schwester verlieren.
Dann atmete Greta tief ein, ballte die Hände zu Fäusten und streckte den Rücken durch.
Dies war ihre Aufgabe und sie würde beweisen, dass sie tapfer und mutig und stark war. Bis zuletzt.
Sie würde keine Angst haben.
Greta suchte Levis Blick, doch er starrte auf seine Fußspitzen.
In ihrer Brust spürte sie ein heftiges Ziehen, ein Knoten, der sich zu lösen begann, ein Band, dass sie genau in eine Richtung führte.
Ihre Fingerspitzen berührten sanft ihre Brust, spürten ihren Herzschlag, der sie leiten würde. Die Versammlung zerstreute sich, Rekruten mit leerem Blick sammelten sich in Grüppchen, nutzten die letzte gemeinsame Zeit.
Levi wandte sich ohne einen weiteren Blick zu den Männern ab und stapfte in die Schatten zwischen den Häusern.
Greta folgte ihm.
Jeder Schritt kostete mehr Kraft, mehr Mut, mehr Tapferkeit, ließ sie selbst den baldigen Genozid vergessen.
Er hatte ihr den Rücken zugekehrt, die Hände zu Fäusten geballt.
Sie hatten sich angeschrien, gerettet, geheilt und gestritten und waren dabei irgendwie doch zu Freunden geworden. Doch jetzt...
Sie berührte seine Schulter.
"Was willst du?", blaffte er. Er hatte sich nicht bewegt, noch nicht einmal den Kopf gedreht. Greta schluckte und schnitt das Emblem von ihrem Ärmel, nur um es ihm in die geschlossenen Hand zu drücken. Diese Aktion brachte ihn zumindest dazu, sich zu ihr umzudrehen und auf den Stoffetzen in seiner Hand zu starren.
"Erzähl Kitty bitte", sagte Greta, "Dass ich es wirklich versucht habe, ja?" Levi reagierte nich und sie nahm das Emblem, nur um es ihm an die Brust zu drücken.
"Und vergiss mich nicht" sie wagte nicht aufzusehen, "Bitte"
Seine Ringer schlossen sich langsam um ihre und sie wollte ihre Hand wegziehen, doch er hielt sie fest.
"Du reitest nicht mit ihnen mit", knurrte er.
"Ich bin Soldatin", entgegnete sie mit fester Stimme, "Ich habe mich dazu verpflichtet. Ich... ich werde mitreiten" Levi antwortete nicht, als warte er darauf, dass sie es sich anders überlegte. Dann ließ er ihre Hand langsam los.
"Du hast entschieden", sagte er kühl, "Was willst du dann von mir?" Sie starrte auf seine Faust, in der er ihre Flügel der Freiheit barg und sammelte allen Mut.
"Ich möchte nichts bereuen. Gleich." Sie hob den Blick und sah, dass er sie anstarrte. Diese Grauen Augen, die so herrisch gewirkt hatten, so kalt und hard... Sie legte die Hand an seine Wange. Er zuckte kaum merklich, wisch aber nicht zurück.
Sie nahm das als Anlass, sich auf die Zehenspitzen zu stellen.
Es war kaum mehr ein Streifen ihrer Lippen mit seinen. Ein Kuss, sanft wie Nebel und bedeutender als alles andere. Sie löste sich von ihm und sank zurück auf ihre Fersen.
Doch kaum stand sie wieder auf den Füßen, fasste er sie und legte seine Lippen auf ihre. Sie riss erstaunt die Augen auf.
Anfangs schien es, als wollte er sie gar nicht küssen, sein Mund lag hart auf ihrem, seine Finger fassten ihre Gurte und drückten sie an sich.
Doch dann wurden seine Lippen weicher und sie klammerte sich an ihn, legte ihm eine Hand in den Nacken und kam ihm entgegen.
Greta löste sich schließlich von ihm und legte ihre Stirn an seine.
"Ich muss gehen", sagte sie atemlos und eine Träne rollte über ihre Wange, tropfte auf sein Handgelenk.
"Ich weiß", erwiderte er, machte aber keine Anstallten, sie loszulassen.
"Es tut mir so leid", flüsterte sie und Tränen rannen von ihrem Kinn über seine Hand, seine Finger, sie in ihrem Nacken lagen.
Ein Räuspern ließ Greta zusammenzucken, sodass sie mit der Stirn gegen Levis knallte. Sie fuhr herum und starrte Erwin an.
"Es wird Zeit", bemerkte Erwin. Greta wischte sich mit dem Handrücken übers Gesicht.
"Ich weiß", erwiderte sie, dann trat sie vor und salutierte.
"Es...", sagte sie zu Erwin", Es war mir eine Ehre" Er blieb stumm, verzog keine Miene, erst, als sie an ihm vorbei gegangen war, ergriff er das Wort.
"Warte" Greta blieb stehen. Erwin drehte sich, sah zuerst zu ihr, dann zu Levi.
"Such Hangi", sagte er, "Wenn das hier vorbei ist, brauchen die Überlebenden einen Anführer" Greta starrte ihn an.
"Aber..." sie sprach nicht weiter. In Erwins Blick schlich sich eine Sanftheit.
"Bleib bei deinem Captain", sagte er ruhig, dann sah er Levi an, "Sorge gut für deinen Trupp. Und töte den Tier Titanen." Greta blinzelte gegen die Tränen. Erwin sah wieder zu ihr und sie nickte stumm. Hoffte, dass er den Dank verstand.
Dann sprintete sie auf die Mauer zu und schwang sich in die Luft. Sie rannte die Mauer nach oben und riskierte einen kurzen Augenblick, um zurück zusehen.
Eine winzige blonde Gestallt stand neben einer noch winzigen schwarzhaarigen.
Und selbst über die Entfernung konnte sie seine Augen spüren, die auf sie gerichtet waren.

Sooo, ich bin froh, endlich dieses Kapitel schreiben zu können und hoffe, es gefällt euch genauso, wie mir♡

Love and InstinctWo Geschichten leben. Entdecke jetzt