Geschichten

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PoV Greta:

Die folgenden Tage verschwommen in Fieberträumen. Greta bekam noch nicht einmal mit, wie Erwin, Hangi und Levi sie auf einen Karren legten, um sie zurück ins Hauptquatier zu fahren und war mehr als überrascht, als sie in der Krankenstation aufwachte.
Sie hatte alles, was geschehen war anfangs sogar für einen Albtraum gehalten, bis das Betäubungsmittel nachließ und ihr Rücken sie für ihre Unachtsamkeit strafte.
Stöhnend wand sie sich auf der Matratze.
"Liegen bleiben", knurrte eine scharfe Stimme. Soweit Greta das beurteilen konnte, war Levi ihr während dieser Tage nicht von der Seite gewichen, sie hatte immer seinen Schatten über sich gespürt, graue Augen hatten sie bis in ihre Träume verfolgt. Und sie hatte das als seltsam tröstlich empfunden.
"Mir", murmelte sie schläfrig, "Mir ist langweilig" Ein Schnalzen mit der Zunge.
"Das hättest du dir eher überlegen sollen", erwiderte er.
Greta verzichtete, ihn darauf hinzuweisen, dass sie andernfalls nicht hier sitzen und reden würden, und das Langeweile und Schmerzen ja wohl das letzte war, was sie nach all dem verdient hatte. Greta meinte, sich daran zu erinnern, wie sie diese Diskussion bereits tausendmal geführt hatten und sie nie bei dem ihr gewünschten Ergebnis herausgekommen war.
Ob sie es geträumt hatte oder es wirklich geschehen war, konnte sie allerdings nicht feststellen.
"Auf meinem Nachttisch", krächzte sie, "Da ist ein Buch. Hol es mir" ein Zungeschnalzen.
"Bitte", fügte sie hinzu. Sie hörte, wie er aufstand und den Raum verließ. Die Zeit bis er zurückkam dehnte sich, wie ein Gummiband und sie verfluchte schon, dass sie ihn weggeschickt hatte. Da öffnete sich die Tür und Levi kam herein.
"Was willst du jetzt machen?", fragte er mürrisch.
"Ich werde", murmelte sie und versuchte sich stöhnend auf die Ellbogen zu richten, "lesen", krächzte sie und fiel mit dem Kopf zurück in das Kissen.
"Liegen bleiben", knurrte er und drückte seine Hand auf ihre Schulter.
"Mir ist langweilig", presste sie ungehalten zwischen den Zähnen hervor.
"Was ist das?" Das Schlagen von Papier, "Stolz und Vorurteil" Greta erwiderte nichts.
"Das Buch ist langweilig", stellte er fest. Greta schnaubte in ihr Kissen.
"Es ist mein Lieblingsbuch", erwiderte sie schwach.
"Du ließt so einen langweiligen Dreck in deiner Freizeit?", sie konnte praktisch hören, wie er die Augenbraue hob.
"Du bist selber langweilig ", erwiderte sie, "Wenn es dir nicht gefällt, dann leg es mir einfach hin, damit ich es lesen kann"
"Du ließt hier gar nichts", kam es von Levi. Sie knurrte entnervt auf und versuchte sich aufzusetzen.
"Halt still"
"Ich will aber..."
"Ich les dir vor!", knurrte er. Es klang mehr wie ein Befehl. Greta beschwerte sich nicht.
Sie hörte die Federung des Sessels knarren, dann das Umblättern der Seiten. Levi begann vorzulesen.
Sie schloss die Augen und versank in den Worten, begleitet vom tiefen Tembre seiner Stimme.
"Ich kann nicht glauben, dass du sowas interessant findest", unterbrach Levi, nachdem er ungefähr eine halbe Stunde gelesen hatte. Sie öffnete die Augen, verstimmt, dass die Geschichte unterbrochen wurde.
"Du hast das Buch noch nicht mal gelesen!", erwiderte sie, "Lies weiter" Levi schnalzte mit der Zunge.
"Es ist zu langweilig", erwiderte er, "Was ist dass?! Sie ist einfach nur zickig und er ist arrogant"
"Du musst es nicht mögen", erwiderte sie, "Lies einfach weiter" Er stöhnte entnervt.
"Wie lange dauert das denn noch?", fragte er. Greta vermutete, das er darauf keine Antwort wollte und bemühte sich darum erst gar nicht.
"249 Seiten", murmelte er und sie konnte ihn stöhnen hören, "Lies doch wenigstens was anständiges" Greta schnaubte.
"Wenn du nicht lesen willst, dann lass das Buch einfach da und ich mach alleine weiter"
"Du bewegst dich nicht", entgegnete er grimmig.
"Was genau stört dich denn an dem Buch?!", fragte sie, deutlich gekränkt.
"Dieses ewige hin und her", antwortete er, "Sie soll ihm einfach sagen, was los ist und dann kann man sich die letzten 300 Seiten auch sparen"
"Wer will schon so ein Buch lesen?!", fragte sie, "Abgesehen davon, wieso sollte sie ihm nachgeben, nachdem er sie und ihre ganze Familie beleidigt hat?"
"Es ist doch offensichtlich, dass sie seine Frau sein will", gab Levi zurück.
"Noch offensichtlicher ist, dass er sie über alles liebt, da kann er sich gefälligst auch zusammenreißen" Diese Antwort brachte ihr ein Zungeschnalzen ein.
"Was machen wir jetzt?", fragte Greta entnervt.
"Ich lese dir einfach das vor, was ich will", entschied Levi.
"Das ist nicht fair, ich habe keine andere Möglichkeit, als zuzuhören"
"Das hättest du dir früher überlegen sollen", wiederholte er.
"Geht das schon wieder los ", beschwerte sie sich, "Ich bin mir ziemlich sicher, dass wir jetzt nicht hier streiten würden, wenn ich nicht den Schlüssel und die Zahlenkombination an euch weitergegeben und für Ablenkung gesorgt hätte!" Levi schnalzte mit der Zunge.
"Und dafür hast du dich halbtot peitschen lassen!"
"Ich wäre nicht unbeschadet aus dem verdammten Kasino gekommen, es war nur eine Frage der Zeit und so hatte ich Gelegenheit, euch alle da raus zu holen", erklärte sie ungeduldig. Levi hielt ihr jetzt schon seit Tagen ihren mangelnden Selbsterhaltungstrieb vor. Dabei verstand er gar nicht, dass sie es nicht getan hatte, weil sie sterben wollte, sondern weil es die einzige Möglichkeit gewesen war. Greta empfand das als mehr als einfach nur undankbar.
"Wie bist du eigentlich an den Schlüssel herangekommen?", fragte er mürrisch.
"Tobias hat ihn mir in den Mund geschoben, als er mich geküsst hat" Schweigen.
"Und du hast nicht daran gedacht, ihn selbst zu benutzen?!", grollte er.
"Ich wurde die ganze Zeit bewacht, wie hätte ich denn schnell genug meine und gleichzeitig eure Zelle öffnen sollen, ohne, dass irgendwer Verdacht schöpft?!", erwiderte sie ungehalten.
"Du hättest uns einfach in deinen Plan einweihen sollen!", knurrte er.
"Und dann was?", fragte Greta herausfordern, "Hättest du mich machen lassen?" Schweigen.
"Du lässt mich doch nie meine eigenen Pläne durchziehen!"
"Weil die meistens damit zu tun haben, dass du dich selbst umbringst!", knurrte er.
"Ich bin sehr wohl in der Lage, selbst über meinen Körper, meine Belastbarkeit und mein Leben zu entscheiden!", fauchte sie.
"Nein, bist du nicht!", brüllte er sie an, "Du lässt dich von einer verdammten Kirche erschlagen, von einem Titanen fressen, nur um dich anschließend auspeitschen zu lassen!"
"Weißt du was", fauchte Greta, "Wenn du nur hier bist, um mir Vorwürfe zu machen, dann verschwinde und lass deine schlechte Laune an jemand anderem aus, ich bin deiner Stimmungsschwankungen mehr als überdrüssig!"
Ein Schnalzen mit der Zunge, dann hörte sie, wie das Buch zugeklappt wurde und er sich aus dem Stihl erhob, nur um aus dem Zimmer zu stapfen. Greta seufzte und drehte den Kopf soweit, dass sie mit der Hand nach dem Buchrücken tasten konnte.
Wellen des Schmerzes überrollten sie, doch sie schaffte es, dass das Buch auf den Boden fiel, sodass sie die richtige Seite aufblättern konnte.
Greta las weiter, ohne auf die Worte tatsächlich zu achten.

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