Diagnose

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Diagnose

 Die Villa warf das Handtuch. Patrik sollte die letzten Jahre bis zur Schule in der HPT, auch als Frühförderstelle bezeichnet, im Nachbarort betreut werden. In einer weiteren Untersuchung an einer zweiten Kinderklinik wurde erstmals der Verdacht auf die Diagnose von ADHS, Aufmerksamkeitsdefizit- oder Hyperaktivitätssyndrom,  oder auch, was noch gravierender wäre, von Autismus für Patrik gestellt.

 Paul war bald im Anschluss und zunächst einmalig in einer Selbsthilfegruppe für Eltern von Kindern mit ADHS, einziger Vater unter rund fünfzehn Müttern. Die Kinder waren alle älter und hatten im Wesentlichen Schulprobleme. Die Gruppenleiterin sprach, dort von Paul erstmals gehört, von der Möglichkeit einer Schulbegleitung und dass bis zu fünf oder gar zehn Prozent aller Kinder heute unter ADHS leiden könnten. Als schnellem Rechner schien Paul das damals völlig illusorisch, dass für eine so gewaltige Zahl von Kindern die öffentliche Hand professionelle Begleiter finanzieren könnte.

 Immerhin hatten Paul und Tani mit der HPT eine recht günstige Möglichkeit für Patriks Betreuung. Er wurde morgens mit dem Sammeltaxi abgeholt und am Nachmittag zurückgebracht. Die Kosten übernahm das Sozialamt. Die Kehrseite war erstmals die klare Erkenntnis, einen Jungen unter den andern Kindern der HPT mit Frühgeburten, Hirnhautentzündungen, Epilepsien zu haben, der womöglich Zeit seines Lebens ein Handicap mit sich herumtragen würde.

Pauls Midlife Crisis / zeitlose Leiden des fast jungen W.  / Emotion und Verstand - Gleichklang oder GegensatzWo Geschichten leben. Entdecke jetzt