Spätsommerliches Freibadvergnügen

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Spätsommerliches Freibadvergnügen

Der Sommer neigte sich dem Ende entgegen, Paul und Tani waren wieder aus Irland zurück, an ihrem Hausbau gab es wieder Verzögerungen. Während ihrer Abwesenheit war zu ihrem Entsetzen gar nichts vorangegangen. Immerhin war das Dach schon vor der Abreise gedeckt worden. Damit sollte kein Wasser mehr in den Keller gelangen können. Das war schon wieder ein Trugschluss. Der Rohbau hatte vor der Verfüllung der Baugrube durch den Kanalbauer eine Entwässerung mit Sickergrube und Anschlüssen für die Dachrinnen erhalten - das Haus hatte jetzt ein Ziegeldach mit Dachrinnen - diese endeten aber sinnigerweise direkt neben den Anschlüssen zur Entwässerung. Die Herren Handwerker und Bauleiter hatten sich einmal mehr nicht über die genaue Zuständigkeit einigen können. Das Wasser der heftigen Regenfälle der letzten Tage war direkt an die nicht völlig dichte Kellerwand geleitet worden, der Keller war einmal mehr feucht geworden.

Von den ewigen Streitereien und Auseinandersetzungen mit allen am Hausbau Beteiligten längst mürbe, und da Gefahr weiterer Nässeschäden im Verzug, schwingt Paul sich auf sein Fahrrad, fährt zum Baumarkt im Nachbarort und besorgt dort die notwendigen Anschlussteile. Er verstaut die sperrigen Winkelrohre in seinem Reiserucksack und macht noch einen kleinen Abstecher ins am Rückweg liegende Freibad, um auch in der trainingsfreien Ferienzeit das Schwimmen nicht zu verlernen.

Von den sechs Bahnen im 50-Meter-Edelstahlbecken war eine mittlere für Schwimmgruppen oder schnelle Schwimmer gesperrt. Dort stand am Startblock auch eine ganze Reihe ihm nicht auf den ersten Blick bekannter Jugendlicher. Paul geht in seiner Fahrradmontur und mit seinem Gepäck beladen an dem Becken in Richtung Umkleidekabine entlang, sieht sich nach irgendwelchen Bekannten um. Seine Schwimmtrainingshalle ist während der Sommerferien immer zu Wartungszwecken gesperrt. Es wäre also durchaus möglich gewesen, Schwimmer aus seiner Gruppe im Freibad des Nachbarorts anzutreffen. Wen er dann auch sieht, ist Thea auf der Bank im Unterstand bei den Kabinen neben einem etwas kräftigen Herrn und einem Jugendlichen sitzend. Überrascht, erstaunt, nicht genau wissend, wie zu reagieren, schaut er zu Thea bis sie ihn erkennt, und zieht zu einem wortlosen Gruß kurz die Brauen hoch. Thea schaut erst ihn an, dann langsam zur Seite und schließlich, wie vor fast einem viertel Jahr bei den Startsprungübungen, ruckartig zu Boden. Im Vorbeigehen schnappt Paul noch ein paar Wortfetzen vom Gespräch des auf der Bank sitzenden Trios auf. Die führten wohl so eine Art Casting für neu in ihre Trainingsgruppe aufzunehmende Mitglieder durch. Der junge Mann zog, um seine Motivation zu unterstreichen, offenbar zur Zufriedenheit der beiden Trainer kräftig vom Leder, warum er gerade in der Gruppe richtig sei.

Die Schulferien dauerten noch fast zwei Wochen. Paul hatte sich natürlich gleich nach der Rückkehr aus Irland wieder an die Arbeit gemacht, gelegentlich in den Pausen die Vereinswebseiten nach aktuellen Vorgängen inspizierend. Die große Neuigkeit war die Trainingsgemeinschaft mit dem Schwimmverein des Nachbarorts. Deren Halle wurde im Herbst renoviert und so schlug vermutlich von dort jemand den Deal vor, die Clausdorfer Schwimmer im Sommer im Ihringer Bad trainieren zu lassen, um im Gegenzug dann mit deren höchsten Leistungsgruppe im Herbst in die Clausdorfer Halle zu kommen. Nachdem Theas Mädchen aktuell in der obersten Leistungsgruppe schwammen, und Thea natürlich interessiert war, auch die eigenen Mädchen als Trainerin und bei Wettkämpfen zu betreuen, bildete sie nunmehr mit dem Kollegen Thomas aus Ihring, dem Herrn vom Unterstand im Freibad, das neue Trainerteam. 

Pauls Midlife Crisis / zeitlose Leiden des fast jungen W.  / Emotion und Verstand - Gleichklang oder GegensatzWo Geschichten leben. Entdecke jetzt