... bei der Arbeit

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… bei der Arbeit

Immer zur Abwechslung und zu Experimenten aufgelegt, versuchte Paul zum Spaß noch mal etwas Neues. Er kam ganze fünfzehn Minuten zu früh, setze sich auf eine Bank am Becken und schaute dem Trainergespann bei der Arbeit zu. Das war wieder so eine ganz neue Erfahrung. Die meisten der nach über zwei Stunden Trainingszeit ausreichend ausgepowerten Jugendlichen ließen es langsam ruhiger angehen, nur ein Mädchen wurde noch persönlich von Thea gecoached. O-Ton: „Jetzt machst Du noch mal für mich eine Bahn im selben Stil und denkst an alles, was er Dir gesagt habe!“ Wahrscheinlich der Grund warum Paul nie unter die Trainer gegangen ist. Er hätte nie verlangt, dass jemand für ihn etwas beim Training ausführt, aber vielleicht ist es gerade diese enge Symbiose zwischen Trainer und Trainierten, die den Erfolg mit bedingt. Paul hatte zunächst genug gesehen und gehört. Mittlerweile waren einige Teilnehmer seiner Gruppe eingetroffen und sammelten sich am anderen Ende des Beckens, um sich dort zu lockern, aufzuwärmen und den Schwimmern der Vorgruppe noch ein wenig zuzuschauen.

Paul schlendert, sich selbst dehnend, auf die andere Seite, um sich zu seinen Kollegen zu gesellen und ein wenig mit denen zu flachsen, die sich schon wunderten, was er auf einmal so früh schon im Bad zu suchen habe. Eine der Jugendlichen schaute ihnen vom Becken aus noch ganz interessiert zu, vielleicht um den Grund ihrer Heiterkeit zu erkennen, und Paul sieht schon wieder Thea einen ihrer strengen Blicke abschießend.

Schließlich ist die Viertelstunde um, es kommt der Moment des Wechsels. Seine Kollegen begeben sich nacheinander auf die andere Seite, links oder rechts ums Becken rum. Er will Thea aus leidvoller Erfahrung ausweichen, überlegt, welche Seite die günstigere ist, sieht die Trainer nach links abgehen, wählt die rechte Seite um hinter ihnen zu sein. Paul konnte nicht sehen, ob Thea ihn beobachtet hat, das hätte ihn aber nicht gewundert. Sie dreht sich noch mal um, läuft ihm jetzt doch entgegen. Sein Plan ist vereitelt, er muss an ihr vorbei, verlangsamt, macht einen möglichst großen Bogen. Da, tatsächlich, lässt sich Madame mal wieder zu einem, wenn auch nur äußerst knappen Gruß herab.

Pauls Midlife Crisis / zeitlose Leiden des fast jungen W.  / Emotion und Verstand - Gleichklang oder GegensatzWo Geschichten leben. Entdecke jetzt