Materialschlacht

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Materialschlacht

Der neue Terminplan für die Belegung der Hallen sah vor, dass einer der fünf, ganz schön vielen, wöchentlichen Termine des neuen Trainergespanns unmittelbar vor dem von Pauls Gruppe am Montag liegen würde. Er würde also Thea und ihren neuen Kollegen Thomas dort immer wieder antreffen können, auch wenn Thea nicht mehr die Zeit finden sollte, in seiner Gruppe weiterhin mitzuschwimmen.

Es dauerte noch etwas, bis die Termine im Herbst gefestigt waren. Es gab dann auch einige Treffen, die geschildert werden sollten. Es war wohl einer der ersten Trainingsabende nach seinem „Gang nach Canossa“ - Email, als Thea und er einmal wieder an einem Freitagabend im Schwimmbecken zusammentrafen. Materialschlacht war angesetzt, verschiedene Hilfsmittel, Paddles, Flossen, T-Shirts, Pullboy für Stilübungen sollten zum Einsatz kommen. Ständiger Wechsel dieser Hilfsmittel hätte die Möglichkeit geboten, sich dabei kurz zu begrüßen, sich auszutauschen. Obwohl Madame wieder einmal so etwas wie ihr Mona-Lisa-Lächeln zeigte, ging er dieser Möglichkeit bewusst aus dem Weg. Seine im letzten Email dargelegte Zerknirschung erlaubte es ihm nicht, hinderte ihn daran, sein Gesicht zu zeigen. Paul hatte es tatsächlich durch das Versenden dieser Email bis auf weiteres verloren. Es sollte noch dauern, sich davon zu erholen.

Noch ein Trainingsabend später, Madame ist in angeregtem Gespräch mit einer ihrer Small Talk - Partnerinnen vertieft. Er muss an den beiden vorbei zu seiner Bahn, schaut zu ihnen hin, ohne mit einer Reaktion zu rechnen, ist schon fast vorbei, da hört er plötzlich ein „Hallo“ ihm nachgerufen, aber nicht unbedingt freundlich, eher in einem leicht vorwurfsvollen Ton nach dem Motto, „was bist Du für ein Tölpel, so an uns vorbeizulatschen?“ Paul sträubten sich buchstäblich die Nackenhaare. Nach zwei kräftigen Watschen regte sich in seinem Unterbewusstsein doch so langsam der Widerstand, er wollte sich jetzt nicht auch noch einen Tritt verpassen lassen. Er konnte sich nicht helfen, aber auf einen Gruß mit bewusst verweigertem Sichtkontakt hätte er doch lieber verzichtet. Seine Reaktion muss ziemlich heftig gewirkt haben. Er ruft ein Ha…!, bleibt wie eingefroren kurz stehen, dreht sich ruckartig um, beendet den Gruß mit einem ..llo? und hatte dabei vermutlich einen äußerst verärgerten Gesichtsausdruck. Die sich eben noch gemütlich mit Thea unterhaltende Dörte muss das Schauspiel wohl auch einigermaßen beeindruckt und verwundert haben. Ihr entfuhr ein Lacher, was bei ihrem sonst meist etwas mürrischen Wesen eher selten vorkam. Wahrscheinlich hat Thea Paul in dem Moment für einen unverbesserlichen Idioten gehalten, und beschlossen, ihn künftig auch wie einen solchen zu behandeln. Paul sich ein wenig selbst über seine Reaktion wundernd schoss noch der Gedanke an eine etwas länger zurückliegende Episode seiner Partnersuche mit einer Parallele zu dieser Situation durch den Kopf, die sich mit der Aussage: „die Chemie passt nicht“ zusammenfassen ließe.

Pauls Midlife Crisis / zeitlose Leiden des fast jungen W.  / Emotion und Verstand - Gleichklang oder GegensatzWo Geschichten leben. Entdecke jetzt