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Wie bin ich nur in diese Situation gekommen?
Schluchzend rannte ich in mein Zimmer, nahm mein Koffer und schmiss erstmal meine ganzen Klamotten rein. Ich versuchte sie manchmal zu falten, um mehr Platz zu haben, doch ich hatte keine Zeit dafür. Immer wieder strich ich mir meine Tränen aus meinem Gesicht und redete mir ein, dass ich stark sein muss. Immerhin hatte ich keine Zeit dafür es zu bedauern. Keine Zeit mich zu hassen, dass ich diese Scheiße abgezogen hatte, ohne daran zu denken, was falsch laufen kann. Ohne die Konsequenzen zu bedenken, hatte ich das getan und mich ins Verderben gestürzt. Doch wahrscheinlich würde ich das noch mal machen, wenn ich eine zweite Chance hätte. Man könnte kein Mensch in eine dir passende Schublade stecken und den Charakter ihr aufzwingen. Nein, man musste das Leben aus freien Stücken so drehen und wenden wie es zu einem passte.
Es zerriss mich meine Familie und mein kleinen Bruder wahrscheinlich nie wieder oder für eine lange Zeit nicht mehr zu sehen, aber ich musste stark bleiben. Wenigstens so stark, dass ich die ersten Monate überstehe und vielleicht akzeptieren sie mich danach wieder. Hier war mein Zuhause und ich war hier aufgewachsen. Sie konnten doch nicht ihre Tochter auf der Straße leben lassen, oder..?
Ich nahm eine Tüte und tat meine ganze Schminke rein. Die Tüte legte ich auch in meinen großen Koffer. Meine verschiedenen Taschen und mein Schulzeug nahm ich auch mit, genauso wie mein Laptop. Am Ende setzte ich mich auf meinen Koffer und versuchte ihn aller Kraft zu zu bekommen, als das geschafft war, stellte ich ihn neben mich.
Mein ganzes Leben in diesem einen Koffer. Wie erbärmlich. Ich sah mich in meinem Zimmer um und sah vereinzelte Klamotten, die ich unnötig fand mitzunehmen. Vielleicht würde ich Jahre oder nur Monate nicht mehr hier sein. Vielleicht würde ich gar nicht mehr wiederkommen, aber das liegt wohl noch in der Ferne der Zukunft.
Nur mein Bett war gleich geblieben. Am liebsten würde ich mich wie früher darauf legen und meine Wut ausschreien, doch das gab es nicht mehr. Keiner in diesem Haus wollte, dass ich blieb, also sollte ich gehen. Keiner akzeptierte oder tolerierte mich hier. Es war als hätte ich mich in ein stürmisches Meer voller hungriger Haie geschmissen, doch ich hatte noch die Chance ihnen zu entweichen und mein Leben fortzusetzen, als es ganz zu verlieren.
Langsam schloss ich meine Zimmertür hinter mir und atmete tief ein und aus. Manchmal hieß ein Neuanfang neue Chancen. Chancen, jetzt alles richtig und von vorne zu machen. Mein Leben so zu leben wie ich immer wollte.
Ich hievte mein Koffer die Treppen runter, sah ein letztes Mal ins Wohnzimmer und bemerkte, dass keiner mir seinen Blick würdigte. Sie sahen mich wirklich als Schande und schwarzes Schaf der Familie. Sie verstießen mich, weil ich nicht in ihr Leben passte und anders war. Ihnen war egal, dass ich sie angelogen hatte. Wahrscheinlich waren sie nur sauer, weil ich nur so eine 'Show' vor Besuchern abgelegt hatte.
Schnell nahm ich noch eine Tüte, legte alle meine Schuhe und Jacken rein. Meinen Autoschlüssel nahm ich natürlich mit und am Auto angekommen, schob ich meine ganzen Sachen in den Kofferraum, sah ein letztes Mal zu meinem Elternhaus und verabschiedete mich innerlich.
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mala mentirosa
Teen Fiction❝ Lügen sind dazu verurteilt, irgendwann an's Licht zu kommen. ❞ ••• Melek führt ein Leben, wie es im Buche steht. Zumindest halbwegs. Während sie tagsüber der religiöse Engel ist, der ihrem Namen gerecht wird, ist sie nachts jedes Mal auf's Neue...