Ich war noch gar nicht so lange unterwegs, da war der Strom der Tränen auch schon wieder versiegt und ich hatte mich auch sonst ein wenig beruhigt. Die Tränen wische ich mir von den Wangen und dann konnte ich ja mal anfangen meine Gedanken zu ordnen. Doch fange ich lieber bei Domen oder bei Stephan an? Vermutlich wäre es besser die Probleme mit meinem Bruder zuerst zu überdenken, weniger kompliziert.
Auf der einen Seite konnte ich seine Verwirrtheit verstehen, denn die Situation zwischen Domen und mir ist gerade echt seltsam, aber auf der anderen Seite bin ich einfach nur verletzt von seinen Worten. Ich weiß das er sie bereut, doch das macht meinen Schmerz nicht weniger. Er macht sich Sorgen um mich, aber seine Worte lassen sich nicht so einfach zurücknehmen.
Ich bin auch verwirrt, da ist er definitiv nicht allein, aber hätte er nicht anders an dieses Gespräch rangehen können? Nicht so frostig und negativ eingestellt, sondern mehr freundschaftlich. Vielleicht wäre ein ausführliches Gespräch mit meinem Bruder genau das gewesen was ich gebraucht hätte, um wieder klar sehen zu können.
Stattdessen motzen wir uns an und er verletzt mich mit seinen Worten. Okay, ich war auch nicht wirklich kooperativ und habe es irgendwie selbst verschuldet das er so ausgetickt ist, oder? Wir haben beide nicht alles richtig gemacht, aber Stephan ist der ältere und sollte also irgendwie auch vernünftiger an die Sache rangehen als ich.
Dennoch kann ich ihm vermutlich nicht lange böse sein, das konnte ich noch nie. Wenn ich zurück zum Hotel komme, wird er eh direkt angekrochen kommen und sich entschuldigen, so war es immer, wenn wir uns streiten. Ich werde meine Zeit brauchen, um sein Gesagtes zu verdauen, aber ich brauche meinen Bruder und werde ihn deswegen nicht von mir wegstoßen.
Auch als Kind mochte ich es nicht mit ihm zerstritten zu sein und meistens bin ich sogar von mir aus zu ihm gegangen, um mich zu entschuldigen. Egal ob ich schuld war oder nicht. Ich wollte einfach nur meinen netten Bruder zurück. Erleichtert seufze ich auf. Das war relativ einfach, jetzt kommen wir zu meinem größerem Gedankenstrudel.
Domen
Der braunhaarige Slowene, welchen ich aktuell nicht mehr aus meinen Gedanken herausbekomme. Vor einigen Wochen hatte ich einzig und allein negative Gedanken über ihn. Einfach weil er mir auf den Senkel ging und mich in einer Tour genervt hat. Aber warum war das eigentlich so? Zwischen uns war nicht Signifikantes passiert was unser Verhalten erklären könnte. Unsere erste Begegnung war schon nicht so prickelnd und dann haben wir unsere Laune einfach aneinander ausgelassen. Das hat sich dann irgendwie fortgeführt. Immer wenn wir uns gesehen haben, hatte mindestens einer von uns schlechte Laune oder es ist etwas passiert was dem anderen schlechte Laune bereitet hat.
Dann kam der Tag oder eher die Situation, die alles verändert hat. Domen und ich sind gemeinsam im Aufzug stecken geblieben und wäre die Situation nicht schon scheiße genug gewesen, nein es wurde noch einer draufgesetzt, weil der Notknopf nicht funktioniert hat und es keine Luke gab, um aus dem Aufzug heraus zu klettern. Dann kam ein weiteres Ereignis, mit dem ich niemals gerechnet hätte. Domen ist in einer Ecke des Aufzugs zusammengesunken und hat angefangen zu zittern. Erst habe ich gar nicht gecheckt was jetzt abgeht, aber dann wurde es mir schlagartig bewusst, er hatte Angst.
Vorsichtig habe ich mich neben ihn gesetzt, natürlich mit etwas Abstand, als wir dann auf Augenhöhe waren habe ich gefragt was los ist und ob ich denn etwas machen könnte. Zunächst hat Domen nicht wirklich reagiert, aber dann hat er mich gebeten ihm etwas zu erzählen. Der Anblick war ungewohnt für mich, statt der Maske, die er sonst immer aufgesetzt hat, sieht er ziemlich verletzlich aus. Seine Hände habe gezittert und statt dem Selbstsicheren Domen saß dort ein Häufchen Elend.
Ohne lang nachzudenken habe ich angefangen von allem möglichen zu erzählen, einfach nur das er irgendwie abgelenkt ist. Ob er mir richtig zugehört hat, weiß ich immer noch nicht, aber scheinbar hat es ihm irgendwie geholfen sich zu konzentrieren und sich wieder etwas zu beruhigen. Also habe ich immer weiter gebrabbelt und Domen scheint sich wenigstens etwas beruhigt zu haben.
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Irgendwie anders [Domen Prevc]
FanfictionEmily, die Schwester von Stephan Leyhe begleitet ihren Bruder dieses Jahr während der Skisprungsaison. Mit einem Springer kommt sie so gar nicht klar und so kommt es immer wieder zu hitzigen Situationen zwischen ihnen. Doch nachdem sie ungewollt Zei...