Weihnachten und Hannah

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Der Morgen an Weihnachten hat etwas Friedliches. Nach dem vorangegangenen Stress glaubt man gar nicht wie anders die Stimmung am nächsten Tag sein kann. Jeder scheint seinen eigenen kleinen Moment der Besinnlichkeit zu haben und sich für eine Weile einfach nur zu entspannen.

So genießen wir gemeinsam mit der Familie das Frühstück, lachen, erzählen und holen Momente nach, die wir dieses Jahr noch nicht gemeinsam erleben durften. Danach habe ich mich zurückgezogen und meinen Eltern ein wenig Zeit mit Stephan allein geschenkt. Sie hassen es, dass er fast das ganze Jahr unterwegs ist und die Länder dieser Welt bereist, aber sie würden ihn nie davon abhalten seinen Traum zu leben.

Ich räume in der Zeit ein wenig in meinem Zimmer auf, denn in den letzten Wochen und Monaten ist einiges liegengeblieben. Mein guter Wille ein wenig Ordnung zu schaffen wird allerdings schnell gebrochen, als mir ein dicker Umschlag in die Hände fällt.

Neugierig öffne ich ihn und sofort fährt mir ein kleiner Stich ins Herz. Der Umschlag ist voll mit Urlaubsbildern von Hannah und mir. Seufzend blättere ich durch die vielen Bilder, lache über so manches und schwelge ein wenig in Erinnerung. Das könnte es doch nicht mit unserer Freundschaft gewesen sein, oder? Frustriert lasse ich mich zurück ins Kissen fallen.

Noch ein Punkt in meinem aktuellen Leben, mit dem ich nicht weiß wohin. Vielleicht sollte ich nachher einfach das Gespräch mit ihr suchen und noch ein letztes Mal versuchen unsere Freundschaft zu retten.

Ich möchte sie eigentlich nicht als meine Freundin verlieren, aber vielleicht sind wir am Ende so verschieden, dass ein weiterführen unserer Freundschaft uns mehr schaden als guttun würde.

Schneller als gedacht ist es dann auch schon Zeit sich fertig zu machen, damit man in der Kirche vorzeigbar aussieht. Stephan und ich würden das Krippenspiel ansehen, welches von den nächstjährigen Kommunionkindern aufgeführt werden würde, während unsere Mutter zu Hause das Essen vorbereiten würde. Wenn wir dann heimkommen, sollten Christoph und seine Frau schon da sein und dann könnten wir alle gemeinsam Weihnachten feiern.

Kaum bin ich fertig angezogen, verlasse ich mein Zimmer auch schon und werde von Stephan am Fuß der Treppe erwartet.

„Da bist du ja endlich." Sagt er ein wenig ungeduldig und schnappt sich seine Winterjacke von der Garderobe.

„Wir haben doch noch ewig Zeit." Ein wenig genervt ziehe ich meine Schuhe an und sehe dann zu ihm hoch.

„Siehst du, schon fertig. Kein Grund in Panik zu verfallen." Sage ich neckend und weiche im nächsten Moment Stephans Hand aus, mit der er mir spielerisch in die Seite zwicken möchte. Lachend verabschieden wir uns von unseren Eltern und machen uns durch die klare Winterluft auf den Weg zur Kirche.

Fröstelnd reibe ich meine Hände ein wenig gegeneinander, denn die Kälte hat sich in kürzester Zeit in meine Haut geschlichen und natürlich habe ich nicht daran gedacht mir Handschuhe mitzunehmen. Ein leiser Seufzer ertönt neben mir, dann hat Stephan seine Handschuhe ausgezogen und hält sie mir vor die Nase.

„Nicht das du erfrierst." Grinst er und vergräbt seine Hände in den Jackentaschen, während ich meine in dem vorgewärmten Stoff vergrabe.

Der Weg zur Kirche ist nicht lange, dennoch fühlt sich meine Nasenspitze eingefroren an und ich bin froh, als wir die etwas wärmere Kirche betreten. Recht schnell haben wir einen Platz gefunden, auch wenn es, wie immer an Weihnachten, schon ziemlich voll ist.

„Hey, da ist Hannah. Willst du zu ihr gehen?" Mit diesen Worten reißt Stephan ich aus meinen Gedanken und so brauche ich einen Moment, um seine Worte in meinem Kopf zu verarbeiten.

„Ach nein, es geht doch gleich los." Damit versuche ich die Sache abzuwimmeln, weiß aber ganz genau das noch genug Zeit für eine kleine Unterhaltung oder Begrüßung wäre. Mit gerunzelter Stirn sieht Stephan einige Male zwischen Hannah und mir hin und her, dann bleibt sein Blick auf mir liegen.

Irgendwie anders [Domen Prevc]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt