Wahrheiten

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Die Nacht bricht herein und irgendwie fühle ich mich leichter. Mich Domen zu öffnen war ein guter Schritt. Ein schmerzhafter, aber dennoch guter. Das Gespräch hat mich keineswegs geheilt, aber Domen als eingeweihte Person zu haben, lässt die Sache ein wenig einfacher werden. Er wird ein Auge auf mich haben, dem bin ich mir sicher, auch wenn mein Herz sich wohl noch einige Male schmerzhaft zusammenziehen wird, bis es wieder vor Verliebtheit flattern kann.

"Soll ich woanders schlafen?" Flüstert Domen in die Stille hinein, die Arme noch immer um mich gelegt, bedacht darauf das ich mich immer zurückziehen kann, während mein Kopf weiterhin an seiner Brust gebettet ist. Ich spüre einen Stich in meiner Brust, weiß das er seine Worte keineswegs so meint das er nicht bei mir bleiben möchte, sondern dass er mir die Chance gibt ihn wegzuschicken.

"Bleib bei mir." Murmele ich, kralle meine Finger schon fast in seinen Pullover, damit er sich nicht zurückziehen kann und bekomme im Gegenzug sacht über den Rücken gestrichen.

"Ich lass dich nicht allein." Versichert Domen mir und so ist es dann auch. Die gesamte Nacht verbringe ich in seiner schützenden Umarmung, die all das Übel für einen Moment von mir fernhält. Die erste Nacht ohne Albträume ist erholsam und es fühlt sich schon fast seltsam an, ohne Tränen in den Augen und mit Schweiß durchtränkten Oberteil aufzuwachen. Sich sicher zu fühlen, statt das mir die Angst über die Schulter schaut und wartet bis ich einbreche und nicht mehr kann.

Der Morgen ist entspannt und trotz all der Angst in mir möchte ich nicht mit Samthandschuhen angefasst werden. Domen schleicht, wie auf Zehenspitzen um mich herum und so gerne ich ihn einfach an mich ziehen möchte, ihn küssen will, so sehr überschattet die Panik mich noch in dem ein oder anderen Moment.

Es ist nur Domen, er liebe dich und wird dich nicht verletzen. Ein Mantra, das ich immer und immer wieder in meinem Kopf aufsagen, wie als ob die Schallplatte sich aufgehängt hat und nur noch diesen einen Satz wiedergeben kann. Ich weiß das, mein Herz weiß das, aber mein Kopf hat Zweifel, will ihm nicht zu nahekommen und sieht ihn pauschal als Böse an, weil er mir zu nahekommen möchte. Also ist es jetzt an mir meinen Kopf Schritt für Schritt zu überzeugen das ich keine Angst vor meinem Freund zu haben brauche.

"Du musst mir sagen, wenn ich irgendwas mache, das dich unwohl fühlen lässt." Macht mir Domen vorsichtig klar, bevor wir die schützende Hülle unseres Zimmers verlassen und uns auf den Weg zur Schanze machen. Die Höhle der Sicherheit nicht mehr, um mich zu haben und stattdessen in das wuselige Springerlager zu gehen macht mir auf der einen Seite Angst, gibt mir aber auch Kraft. Auf einer Fläche mit so vielen Leuten kann mir doch eigentlich nichts passieren, oder?

"Versprochen, aber bei dir fühle ich mich eigentlich ganz sicher." Sage ich mit einem sachten Lächeln auf den Lippen. Nicht zu 100% sicher, aber definitiv wohler als in so manch anderer Situation. Die Verliebtheit überschattet die negativen Gefühle so gut sie kann.

"Dann bekommst du den als metaphorischer Schutzschild." Mit einem lächeln reicht Domen mir seinen Hoodie, welchen ich dankend annehme. Es ist ein bisschen so als ob Domen mein Rettungsring ist, meinen Kopf über Wasser hält, sodass ich nicht vollständig versinken kann. Er lässt mich nicht ertrinken, also metaphorisch gesehen, in Realität hilft er mir dabei aufrecht stehen zu bleiben und dass sich ab und an ein zartes Lächeln auf meine Lippen schleicht.

"Das freut Stephan bestimmt." Lache ich leise und streiche mit meinen Fingerspitzen über das Logo, welches die slowenischen Skispringer auf ihrer Brust tragen. Da ist er wieder, mein fehlender Nationalsinn, wie Eisei ihn beschreiben würde. Ich ziehe den Pullover über und zupfe ihn ein wenig zurecht, damit bin ich mehr oder weniger bereit zur Schanze zu fahren.

"Er weiß es nicht, oder?" Hakt Domen vorsichtig nach, ist sich wohl nicht sicher, wie viel er über das Thema des letzten Abends reden und Fragen kann und hält mir seine Hand hin, damit ich selbst entscheiden kann, ob ich sie nehmen möchte oder nicht.

Irgendwie anders [Domen Prevc]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt