Let's talk about Sex

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Nach dem Wochenende in Polen habe ich jetzt erstmal eine kleine Pause vom Skispringen. Zum einen würde der Grand Prix seinen nächsten Stopp in Japan haben, wo ich erstens nicht hinwollte und zweitens Stephan gar nicht erst starten würde. Zum anderen wäre ich auch in Hinterzarten nicht mit dabei, was aber keinen tieferen Hintergrund hatte. Demnach hatte ich jetzt ganz viel Zeit, um mich anderen Dingen zu widmen. In letzter Zeit wurde meine beste Freundin ein wenig von mir vernachlässigt und diese würde jetzt meine Aufmerksamkeit bekommen. 

Hannah hat sich schon unsere Lieblingsecke in unserem Stamm-Café unter den Nagel gerissen und starrt verträumt in die Luft. Als ich das sehe muss ich erstmal schmunzeln, Hannah war schon immer eine Träumerin, was schon zu der ein oder anderen lustigen Situation geführt hat. Auch jetzt schleiche ich mich wieder mal an sie an und lege meine Hände von hinten auf ihre Schultern. Erschrocken zuckt Hannah zusammen, aber kann sich ausnahmsweise mal einen Schrei verkneifen. Stattdessen schleicht sich nur ein leises Quietschen aus ihrer Kehle. 

Mit vorwurfsvollem Blick dreht sie sich schließlich zu mir herum.
"Verdammt Emily! Warum musst du mich eigentlich immer so erschrecken?" Ich zucke nur mit den Schultern und setze mich mit einem schiefen Grinsen zu ihr an den Tisch.
"Weißt du, es macht eben so viel Spaß zu sehen wie du aus deiner kleinen Traumwelt gerissen wirst und alles in sich zusammenfällt." Hannah verzieht ihr Gesicht zu einer unzufriedenen Maske. 
"Du bist eine elende Sadistin Emi, weißt du das?"

"Ist mir bekannt." antworte ich nur, woraufhin sie mir einfach die Zunge rausstreckt. Wir bestellen uns beide eine hausgemachte Limonade, sowie ein Stück Kuchen. Beides ist kurz darauf auch schon bei uns und während wir so unseren Kuchen in uns reinschaufelten, setzt Hannah eine interessierte Miene auf.
"Also Emi. Wie war es so in Polen? Hast du irgendwas angestellt?"

"Du weißt doch das ich immer ganz brav bin." meine ich nur, bevor ich mir ein Stückchen Kuchen von ihrem Teller mopse. Empört klaut sie sich ebenfalls etwas von meinem Stück und so waren wir wieder quitt. 
"Das du brav bist ist ja allseits bekannt." sagt sie mit einem recht ironischem Unterton. "Aber irgendwas wirst du ja wohl gemacht haben."

Entspannt lehne ich mich in meinem Sessel zurück und schlage die Beine bequem übereinander.
"Naja, Freitag und Sonntag habe ich mir den Wettkampf angesehen, aber das interessiert dich wohl eher weniger." sage ich neckend, aber Hannah hatte tatsächlich kein Interesse an Wintersport oder Sport generell, also konnte ich mir lange Ausführungen zum Wettkampf auch sparen.

"Am Samstag habe ich die Stadt ein bisschen erkundet und das was ich gesehen habe war auch echt richtig schön. Aber so wie ich bin habe ich mich eben verlaufen und durfte mir danach von Stephan anhören wie unvorsichtig ich doch wäre. Ich konnte ihn zum Glück vor seinem Monolog über all die möglichen Gefahren abhalten, denn sonst würden wir da vermutlich immer noch stehen." Ich schließe meine Erzählung grinsend ab und auch auf Hannahs Gesicht erscheint ein Lächeln. Es ist allseits bekannt das Stephan in allen Belangen ein ziemlich besorgter Bruder ist, deshalb wundert Hannah mein Ausführung keineswegs.

Kurz sind wir beide in Gedanken versunken, dann beugt sich Hannah mit einem verschwörerischem Grinsen nach vorne.
"Aber Emi sag mal, du bist doch bestimmt irgendeinem schnuckeligem Kerl über den Weg gelaufen oder? Ich meine wenn da so viele Sportler rumlaufen ist da sicherlich der ein oder andere ganz hübsch anzusehen."
Perplex schaue ich zu meiner Freundin, welche mich nur gespannt ansieht.

"Hannah ich bin in Polen gewesen um meinen Bruder zu begleiten und nicht um mir irgendeinen Kerl anzulachen." Versuche ich mich ein wenig aus der Affäre zu ziehen, aber Hannah lässt nicht locker.
"Stell dir dich mal vor wie romantisch das wäre. Die Liebe durch den Bruder gefunden oder so ähnlich." während sie ein begeistertes Gesicht macht, verziehe ich meines zu eine belustigten Grimasse.

"Na super, dann sind mein Bruder und mein Freund über die Hälfte des Jahres nicht daheim und ich kann allein versauern. Nein danke, da kann ich drauf verzichten." mache ich meinen Standpunkt klar und Hannah verzieht unzufrieden das Gesicht. 
"Dann sag mir wenigstens ob du dich sonst mit irgendwem unterhalten hast oder nur schüchtern durch die Gegend geschlichen bist." Das Wort schüchtern setzte sie dabei in Anführungszeichen, denn sie wusste das ich ein ziemliches Großmaul sein konnte wenn ich wollte.

Einen Moment überlege ich mit wem ich denn so gesprochen habe. Eigentlich waren es, abgesehen von Stephans Kollegen, nur zwei Personen gewesen. Timi und Domen, eine recht traurige Ausbeute wenn ihr mich fragt.
"Weißt du eigentlich habe ich nur mit zwei anderen Leuten gesprochen, außer Stephans Kollegen eben. Timi war richtig nett und hat direkt die Verbindung zwischen Stephan und mir erkannt. Wobei, erst habe ich ihn ein bisschen aufgezogen und ihn gefragt warum ich denn Stephans Schwester und nicht seine Frau bin. Du hättest sein Gesicht in diesem Moment sehen sollen." sage ich lachend als ich mich an dieses Gespräch erinnere.

Hannah stimmt in mein Lachen mit ein.
"Warum kann ich mir das nur so gut vorstellen?" stellt Hannah eine rhetorische Frage und lehnt sich in ihrem Sessel zurück.
"Und wer war die zweite Person?" fragt sie und sieht dabei ernsthaft interessiert aus.

Allein bei dem Gedanken an den Kerl verdrehe ich die Augen.
"Er heißt Domen und frag mich bloß nicht nach seinem Nachnamen, den habe ich sowieso schon wieder vergessen." mein genervter Unterton veranlasst Hannah dazu fragend die Augenbraue zu heben.
"Was hat er angestellt das er so tief unten in deiner Beliebtheitsskala hängt?"

"Er hat mir fast seine Skier über den Kopf gezogen. Okay, das könnte man ja noch als Versehen werten, aber danach haben wir uns nur noch angemotzt. Am Sonntag hat er dann auch einen unnötigen Streit provoziert. Er  hat sich damit definitiv nicht beliebt bei mir gemacht." schließe ich meine Erklärung ab und Hannah sieht irgendwie ein bisschen belustigt aus.

"Sieht er wenigstens gut aus?" fragt Hannah und zwinkert mir zu. Ich ziehe verwirrt die Stirn kraus. Bitte was?
"Keine Ahnung, da habe ich nicht drauf geachtet. Aber warum sollte mich das auch interessieren, schließlich mag ich ihn gar nicht. Da ist es auch egal ob er gut aussieht oder nicht." sage ich und sehe Hannah nur Kopfschüttelnd an. 

"Aber wenn er gut aussieht könntest du doch auch einfach mit ihm ins Bett gehen. Sex wenn man wütend aufeinander ist hat seinen ganz besonderen Reiz." sagt sie um einiges leiser, schließlich muss das ja nicht jeder hören. Mir ist allerdings bei ihren zwei Sätzen die Kinnlade runter geklappt. Ich weiß das Hannah da definitiv offener ist was Sex angeht, aber für mich gehört da eben mehr dazu als nur das der andere gut aussieht oder er gut im Bett sein könnte.

"Du weißt das ich nicht so bin. Außerdem wie stellst du dir das bitte vor? Soll ich etwa einfach zu ihm hingehen und sagen 'Hey, wir sollten miteinander schlafen, weil wütender Sex toll ist'? Ganz bestimmt nicht." versuche ich sie von ihren wirren Gedanken abzubringen. Hannah zuckt nur mit den Schultern. 
"So vielleicht nicht, aber du musst echt mal offener in der Sache werden. Wie lange ist es her das du deinen letzten Freund hattest? Deine Durststrecke muss echt mal beendet werden."

Ich mache ein empörtes Gesicht. Ist das gerade ihr Ernst?
"Danke, mir geht es gut und ich wäre dir verbunden wenn wir so etwas nicht gerade in der Öffentlichkeit besprechen würden." Ein wenig unsicher sehe ich mich um, dann beuge ich mich ein Stück nach vorne und sage mit leiser Stimme:
"Ich sage nichts über deinen immensen Männerverschleiß und du versuchts mich nicht dazu zu bringen mit irgendwelchen Kerlen zu schlafen. Deal?" Damit ist das Thema hoffentlich abgeschlossen, denke ich und lehne mich wieder zurück.

Hannah verzieht das Gesicht, aber stimmt mir dann mit einem Nicken zu. Dann beginnt sie aber von neuem.
"Eines noch. Wenn du irgendwann doch mit ihm im Bett landest oder ihr rummacht, habe ich einen Wunsch bei dir frei." fordert sie und sieht mich erwartungsvoll an.
"Meinetwegen." stimme ich ihr Augenverdrehend zu, denn das wird niemals passieren.



Begrüßt Emilys Freundin Hannah. Sehr charmant oder? ;)

Hoffentlich hat es euch gefallen und bis nächste Woche dann
WOLKE <3







Irgendwie anders [Domen Prevc]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt