Umgeben von Taschentüchern und eingekuschelt in ein paar warme Sachen sitze ich im Bett und verfolge die Qualifikation von Garmisch. In meiner Hand befindet sich eine Thermoskanne mit Tee, mit welchem ich mir regelmäßig den Rachen befeuchte. Meine Augen verfolgen mehr oder weniger, was auf dem Bildschirm passiert, denn ich bin müde, möchte aber dennoch verfolgen wie das Springen läuft.
Schon auf dem Rückweg von Oberstdorf sind mir ein paar Kleinigkeiten von Domens und meiner Zeit im Wald ins Gedächtnis gekommen. Einen richtigen Sinn dahinter konnte ich allerdings noch nicht ausmachen. Die Schaukel mit dem kleinen Kind drauf hat mich wage and Domens Geschichte erinnert, in der er meinte, das er fliegen wollte und bei der späteren Dusche zurück zu Hause kam die nächste Erinnerung.
Während die Musik leise im Hintergrund gespielt hat, hat mir mein Gehirn eine weiteres Puzzlestück gegeben. Domen singt gerne und verbringt gerne Zeit im Badezimmer. Ein Schmunzeln ist in diesem Moment über mein Gesicht gehuscht, auch wenn ich noch immer nicht den Sinn hinter diesen kleinen Erinnerungsstücken verstehe.
Ich justiere die Wärmflasche ein wenig und lege sie mir an den Rücken, bevor ich mich zurücklehne und die Arme um mich selbst lege, damit die Wärme in meinem Körper bleibt. Das scheint eine weitere Erinnerung zurückzubringen, denn vor meinem inneren Auge sehe ich mich und Domen. Eng zusammengekuschelt auf dem Waldboden, während er leise mit mir redet.
Er hat mich also nicht nur gefunden, sondern sich auch zu mir gesetzt und auf mich aufgepasst, bis Peter mit Hilfe zurückkam. Für einen Moment schließe ich die Augen und versuch den Moment festzuhalten. Wie ich mich gefühlt habe und wir wohlig sich mein inneres angefühlt hat. Leise seufze ich. Nach und nach wird mir immer bewusster, warum Domen sich an dem Morgen so vor den Kopf gestoßen gefühlt hat.
Ich kuschele mich noch ein wenig tiefer in meine Kissen und versuche zumindest meine Aufmerksamkeit dem Springen zu widmen, aber meine Gedanken driften immer wieder zu Domen ab. Wie er mir zufällige Fakten erzählt hat und nach und nach schleicht sich auch die Tatsache das wir Händchen gehalten haben dazu.
Frustriert ziehe ich mir den Pullover über die Nase. Das ist doch alles zum Mäuse melken. Ein leises Brummen kommt über meine Lippen, als der Pullover wieder runterrutscht und so schließe ich meine Finger um den Stoff, damit dieser an Ort und Stelle bleibt, allerdings scheint das die nächste Erinnerung freizulegen.
Meine Finger in den Stoff von Domens Pullover gekrallt, während er mich den ganzen Weg aus dem Wald zum Hotel trägt. Wie sicher ich mich in seinen Armen gefühlt habe und wusste jetzt kann mir nichts mehr passieren. Emotional wie ich bin, während eine Krankheit, steigen mir für einen Moment die Tränen in die Augen und ich schniefe leise.
Jetzt wo ich wieder weiß was alles zwischen Domen und mir an diesem Abend passiert ist, muss ich noch viel dringender mit ihm reden. Ich muss ihm einfach zeigen das ich nicht alles vergessen habe, sondern mein Gehirn nur einen kleinen Denkanstoß gebraucht hat. Wir müssen das zwischen uns endlich klären und das geht nur, wenn ich mich wieder dem Skisprungzirkus anschließen würde. Schnell greife ich mein Handy und öffne den Chat mit Stephan, denn während all meinem Grübeln ist die Qualifikation schon zu einem Ende gekommen.
Ich muss wieder zu euch.
Texte ich ihm. Kein Hallo oder gute Qualifikation, einfach nur direkt was ich möchte. Überraschenderweise ist Stephan sogar online und antwortet mir fast augenblicklich.Du musst wieder gesund werden.
Da wiederholt er sich, aber ich werde mich während dieser Konversation sicherlich auch wiederholen.Stephan es ist immer noch wichtig.
Wie vor anderthalb Tagen versuche ich Stephan zu erklären das es wichtig für mich ist wieder bei ihnen zu sein und das ich damit nicht warten kann, bis diese Erkältung abgeklungen ist.Und ich frage dich immer noch, was wichtiger als deine Gesundheit ist.
Domen, allerdings ist das sicherlich nicht die Antwort die Stephan gerne von mir hören würde und deswegen schreibe ich ihm auch genau das.Die Antwort wird dir sicherlich nicht gefallen.
Dann will ich es vermutlich nicht wissen.
Ich verdrehe die Augen. Natürlich kann er sich denken, warum oder eher wegen wem ich gerne wieder zurückkommen würde und offensichtlich ist er immer noch nicht ganz gut auf Domen zu sprechen.Stephan...
Sei doch vernünftig, denke ich mir, wobei er sich vermutlich genau das über mich denkt. Sei vernünftig Emi, werde gesund, alles andere kann doch warten. Aber ich will nicht warten, das habe ich wahrlich lang genug und der Weg hatte auch schon genug Steine, denen ich ausweichen musste, warum dann nicht die Sache ein wenig beschleunigen.Emi wollen wir uns da wirklich über Nachrichten drüber streiten?
Streiten will ich mich sicherlich nicht mit Stephan, höchstens ein bisschen diskutieren und hoffentlich zu einem zufriedenstellenden Ergebnis kommen.Reden ist gerade ungünstig und wenn ich dann wiederkommen kann, ja.
Reden ist wirklich gerade nur bedingt möglich, denn meine Raucherstimme, hat sich zu einem dünnen Hauchen gewandelt und so habe ich mir selbst ein Sprechverbot auferlegt, damit ich schnell wieder die alte bin.Kannst du mir wenigstens erklären, wieso?
Genau weiß ich nicht was ich Stephan erklären soll. Warum ich mit Domen reden muss, oder meint er doch etwas anderes.Auf was bezieht sich deine Frage jetzt?
Egal. Entweder, warum du ihn auf einmal zu mögen scheinst oder warum du unbedingt mit ihm reden musst.
Beides wichtige Fragen, aber ich denke mit meiner Erklärung, warum ich Domen mag, würde ich Stephan entweder verwirren oder nicht zufriedenstellen und so entscheide ich mich dazu ihm die zweite Frage zu beantworten.Ich hatte ein paar Sachen von dieser Nacht vergessen und Domen damit anscheinend verletzt. Das will ich wieder geradebiegen.
Nicht zu viele Informationen, aber das ist der wichtigste Grund, warum ich mit Domen sprechen möchte. Er soll nicht denken das ich alles vergessen habe, auch wenn ich das kurzfristig habe. Es soll doch einfach alles nur ein bisschen einfacher sein.Er bedeutet dir wirklich viel, oder?
Kommt nach ein paar Minuten Pause von Stephan und ich seufze leise.Ziemlich viel sogar.
Mehr als ich am Anfang erwarten konnte.Meinetwegen, aber du musst das mit Mama und Papa klären.
Gibt Stephan mir schließlich die Erlaubnis zurückzukehren, auch wenn noch die Mammutaufgabe vor mir liegt Mama und Papa zu überreden das ich wieder zu den Skispringern darf, aber diese Hürde überwinde ich jetzt auch noch.Du bist der Beste!
Schreibe ich zurück und lächle glücklich vor mich hin. Wer weiß, vielleicht akzeptiert Stephan Domen dann doch noch. Auch wenn es vermutlich noch ein wenig Überzeugungskraft des Slowenen und mir benötigt.Obwohl ich so ein Arsch war?
Fragt Stephan und spielt damit wohl auf unseren Streit an, den wir immer noch nicht wirklich geklärt haben. Wir gehen einfach normal miteinander um, aber vielleicht sollten wir trotzdem nochmal in Ruhe über alles reden. Innerlich füge ich auch ein Gespräch mit Stephan zu meiner To-Do Liste hinzu. Das werden viele Worte, die in den nächsten Tagen gesprochen werden müssen.Trotzdem bist du mein Bruder und ich habe dich lieb!
Schreibe ich ihm, damit er sich zumindest sicher sein kann das ich nicht unendlich auf ihn böse bin und wir alles wieder geraderücken können.Danke Emi.
Bedankt sich Stephan und auch wenn es nur eine Textnachricht ist, kann man seine Erleichterung förmlich spüren.Jetzt muss ich nur noch meine Eltern überzeugen, aber das schaffe ich sicherlich auch noch.
Weiter geht es und der Nebel in Emis Gehirn hat sich wieder gelüftet (:
Die nächsten zwei Kapitel sind auch schon fertig, damit ich einen Vorrat habe, wenn die Uni mich vollends für sich beansprucht. Euer Lesestoff ist also gesichert.
Wir sehen uns
WOLKE
DU LIEST GERADE
Irgendwie anders [Domen Prevc]
FanfictionEmily, die Schwester von Stephan Leyhe begleitet ihren Bruder dieses Jahr während der Skisprungsaison. Mit einem Springer kommt sie so gar nicht klar und so kommt es immer wieder zu hitzigen Situationen zwischen ihnen. Doch nachdem sie ungewollt Zei...